Startseite Kultur Malarina im Interview: Neues Kabarett-Programm „Trophäen-Raub“

Malarina im Interview: Neues Kabarett-Programm „Trophäen-Raub“

von Max

Marina Lacković ist vor allem unter ihrem Künstlernamen Malarina bekannt. Die ursprünglich aus Serbien stammende Tirolerin rückte Themen wie Fremdenfeindlichkeit, Assimilation und das Verhältnis zwischen Serben und Österreichern in ihrem ersten Satire-Programm „Serben sterben langsam“ in den Fokus – und zog dabei auch die heimische Politik sowie Mentalitäten-Klischees gekonnt durch den Kakao.

Dafür gab es 2022 im Rahmen des Österreichischen Kabarettpreises den Förderpreis, auch mit dem Salzburger Stier oder dem Deutschen Kleinkunstpreis wurde die Künstlerin, die es als komplette Newcomerin auf die Bühne zog, bereits ausgezeichnet.

Malarina als problematische Pseudo-Feministin

Jetzt folgt der zweite Streich: Am 7. März feiert Malarina mit „Trophäenraub“ Premiere im Wiener Stadtsaal. Auch diesmal verkörpert sie auf der Bühne eine zeitlose, allwissende Erzählerin, die sich nun aber der Geschichte des Patriarchats widmet. 

Mit dem KURIER sprach die vielseitige Kabarettistin vor der Premiere über die Inspiration zu ihrem neuen Programm. Und über Fragen wie: Warum wählen mächtige Männer wie Donald Trump Frauen vom Balkan

KURIER: In Ihrem ersten Programm sind Sie in die Rolle einer rechtsaffinen Austroserbin geschlüpft und haben einen Blick zurück in die Geschichte Österreichs und des Balkan geworfen. Wer sind Sie in „Trophäenraub“?

Malarina: Diesmal werde ich auf der Bühne zu einer opportunistischen, problematischen Pseudo-Feministin, sie auf der Suche nach altem Geld ist – denn sie hat die Entstehung des Patriarchats reflektiert und glaubt nicht mehr an dessen Zerschlagung. Daher hat sie beschlossen, es stattdessen für sich zu nützen.

Dabei muss man aber festhalten, dass sie durchaus ihre Probleme hat. 

Welcher Art?

Sie war einst Idealistin und Sozialistin, hat stets die „Partei des kleinen Mannes“ gewählt, sprich die FPÖ. Als sie dann jedoch erstmals Geld verdient, muss sie ihre Einkommenssteuer machen – und versteht auf einmal diesen Frust, den andere wegen der vielen Abgaben verspüren. Da kapiert sie, dass sie eigentlich nur Sozialistin war, weil sie arm war! (lacht)

Was war die Inspiration für diese Figur?

Die typischen Rich Kids, die Grün wählen, solange sie noch studieren doch kaum erben sie, wählen sie die ÖVP. Ähnlich geht es meiner Figur, nur, dass sie gar nicht mit Geld umgehen kann. Und da trudeln auf einmal die vielen Abrechnungen von Finanzamt, SVS und Co. bei ihr ein, obwohl ihr Lebensziel doch stets ein Haus in Wien-Hietzing war … als sie noch daran geglaubt hat, dass man mit ehrlicher Arbeit alles erreichen kann. Denn das sagen ja die Leute von FPÖ und ÖVP ständig, Stichwort „Leistungsgesellschaft“.

Das klingt so, als würde der Traum von diesem Lebensziel zerschlagen werden …

Ja, denn sie beschließt, eine Umfrage in Hietzing zu machen. Dabei trifft sie auf eine Dame – eine Landsfrau! – die dort wohnt. Und sie sagt zu ihr: „Du bist der erste Jugo, den ich in Hietzing treffe! Wie konntest du dir hier dein Haus leisten?“ Deren Antwort lautet: „In Hietzing kauft niemand – alle erben hier“. Auf die Idee wäre meine Figur nicht gekommen. Sie hat auch Abstand von der Idee der Ehe genommen, denn früher war der Status einer verheirateten Frau in Jugoslawien wirklich schlecht. 

Zwischen Kapitalismus und Kommunismus ergründet Malarina die Wege der modernen Kolonialisierung aus anti-feministischer Sicht.

Sie stellen auch die Frage: „Warum wählen Männer wie Donald Trump Frauen vom Balkan?“ – was ist Ihre Antwort darauf?

Dummheit. Der Handel ist ja nicht Liebe – was nicht verwerflich ist, denn die romantische Idee von der Ehe ist sehr modern. Ursprünglich gab es den Familienverband ja, weil er das Überleben sichern sollte. Das hatte nichts mit Romantik zu tun.

Mein Programm tut so, als würde es über mein Dating-Leben sprechen – die Figur nennt dabei einige Namen von Personen, die in der Öffentlichkeit stehen. So bewege ich mich mit dem Publikum durch die Epochen und erkläre auch, wie das Patriarchat entstanden ist – und wieso dieses sich in Ländern, die nur sechs Autostunden von Wien entfernt sind, so krass entwickelt hat. 

Nämlich?

Der Kern-Unterschied ist der Kommunismus. All diese Länder waren früher zu einer ähnlichen Zeit kommunistisch. Sprich es gab Enteignung und keine Super-Reichen. Durch die Kriege war auch die Arbeitsleistung der Frauen gefragt, wodurch sie vor dem Gesetz den Männern eigentlich gleichgestellt waren, zumindest am Papier. Privat hat die Sache aber anders ausgesehen. Darum hat sich dort erst sehr spät eine Frauenbewegung formiert. 

Hinzu kommt: Durch die Armut in diesen Ländern hat man es früher als Privileg empfunden, zuhause bleiben zu dürfen, anstatt in Fabriken oder auf Feldern schuften zu müssen. Darum fühlt es sich bis heute für viele Frauen dort noch wie ein Privileg an, daheim bleiben zu dürfen. Das hat sich in zahlreichen Gesprächen und Recherchen, die ich für das Programm geführt habe, herauskristallisiert. 

Das heißt, die so genannte „Trophäen-Frau“ wünscht sich dieses privilegierte, angenehme Leben?

Genau. Sie wäre ur gerne Kathrin Glock.

Könnte man „Trophäen-Frauen“ vielleicht auch mit dem „Tradwives“-Trend auf TikTok vergleichen?

Ich persönlich halte diesen „Tradwives“-Trend für einen Fetisch. Du kannst mir nicht erzählen, dass eine Person, die sich in der Geschwindigkeit von Nara Smith bewegt, jemals etwas fertigbekommt im Leben! (lacht) Was ist nur mit diesen jungen Frauen los?!

Vielleicht ist der Trend eine Form der Realitätsflucht aufgrund der aktuellen politischen Entwicklungen auf der Welt?

Ich habe dazu zwei Theorien, die beide meiner Meinung nach mitschwingen: Erstens, dass viele Menschen durch Corona gemerkt haben, dass sie Bullshit-Jobs machen und deswegen begonnen haben, andere Werte stärker zu gewichten, was grundsätzlich nicht so verkehrt ist. Andererseits halte ich es für eine Form der Rebellion der Kinder gegen ihre liberalen Eltern – dass sie zu Fleiß in die Kirche gehen (lacht).

Gab es bei Ihrem letzten Programm einen Backlash aus der serbischen Community?

Die Serben sind zum Glück keine homogene Masse, genauso wenig wie die Österreicher. Groß würde ich also nicht sagen. Ich glaube, die Leute, die mein Programm am schlimmsten finden würden, haben es eh nicht mitgekriegt, weil die sich sowieso in kein Theater verirren. Und am Ende erfinde ich ja auch nichts. Ich habe versucht, beiden Nationen gegenüber gleich hart zu sein, Serbien und Österreich. So ist es fair geblieben.

Zu Beginn Ihrer Karriere galten Sie noch als Newcomerin. In den vergangenen Jahren sind Sie hunderte Male auf der Bühne gestanden und haben auch einige Auszeichnungen erhalten. Was sind die wichtigsten Lektionen, die Sie gelernt haben?

Es war anfangs sehr beängstigend, wenn man zwei Mal im Niedermair aufgetreten ist, und auf einmal alleine nach Salzburg zum Spielen fahren soll. Ich habe de facto einen komplett neuen Beruf in Eigenregie erlernt. 

Das Wichtigste in jedem Job ist es meiner Meinung nach, andere wertschätzend zu behandeln. Und so habe ich das stets gemacht, egal, ob ich neben dem Studium gekellnert habe oder als Kabarettistin auf der Bühne stehe. 

Wie viel Platz finden die aktuellen politischen Entwicklungen in Österreich in Ihrem Programm? Haben Sie diesbezüglich noch adaptiert?

Ich habe natürlich eine bestimmte Haltung, kommentiere diesmal aber nicht das politische Tagesgeschehen, so wie im letzten Programm. Dieses Bildungsangebot habe ich der Welt lange genug gemacht, ich habe vier Jahre lang die Irrwege der FPÖ-Wähler beschrieben. Man sollte auch beim künstlerischen Schreiben wissen, wann etwas auserzählt ist. 

Welche Klischees über Frauen vom Balkan ärgern Sie – und welche halten Sie für zutreffend?

Es gibt ein Klischee, das zutreffend und gleichzeitig falsch ist: Es ist zutreffend, dass Frauen von dort, wo ich herkomme, viel mehr Mühe in ihr Aussehen stecken. Aber es stimmt nicht, dass sie das für Männer tun. Wir tun das nämlich für uns – um uns selbst zu erfreuen. Hat das schon mal wer bedacht? Gerade, wenn man weiß, dass diese Frauen meist nicht so reich aufgewachsen sind. Daher machen wir das vielleicht auch, wenn wir uns nur mit einer Freundin im Café treffen. Da sitzen wir eben, sehen aus wie Hochzeitsgäste und haben einfach eine gute Zeit. Weil, warum auch nicht? 

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