„Wir beobachten die Verhandlungen mit Fassungslosigkeit, Frustration und Ärger. Diese Verhandlungen passieren nicht auf Augenhöhe, hier ist ein selbst ernannter, machtlüsterner Volkskanzler auf Demütigung aus. Das ist eine Vergangenheitsabrechung auf Kosten von uns allen.“
Derlei sagte Dienstagmittag die Chefin der Neos, Beate Meinl-Reisinger.
In einem Videostatement kritisierte die Parteichefin das Schauspiel, das FPÖ und ÖVP in den vergangenen Tagen abgeliefert hätten. „Da wird um Dinge gestritten, die alt sind. Um Posten und Ressorts“. Und schließlich wandte sie sich klar an die Volkspartei: Auch wenn es begrüßenswert sei, dass FPÖ und ÖVP offenbar ein Budget vorgelegt hätten, fehle bis heute der „mittelfristige Plan für die Wirtschaft“; ein Aufbruch sei nicht in Sicht. Und das, obwohl es bei wesentlichen Themen wie der Bildung eine „Aufholjagd“ brauche.
„Die Zukunft, so scheint es, spielt überhaupt keine Rolle“, befundete Meinl-Reisinger. Und weil der „stramme Anti-EU-Kurs“ des in einem „Machtrausch“ gefangenen Herbert Kickl Österreich in Europa zu isolieren drohe, seien neue Gespräche gefragt – etwa auch zu dritt.
„Als ich Anfang Jänner den Tisch verlassen habe, habe ich Alternativen angeboten“, erinnerte Meinl-Reisinger. Zum einen sei sie bereit, eine Koalition zwischen SPÖ und ÖVP – die ja eine Mehrheit im Nationalrat hätte – bei gefundenen Kompromissen zu unterstützen. Zusätzlich sei sie bereit, auch den Weg einer Minderheitsregierung mit wechselnden Mehrheiten im Parlament zu gehen.
„Die Situation ist nicht ausweglos, die ÖVP ist einem Kanzler Kickl nicht ausgeliefert“, so Meinl-Reisinger. „Der ÖVP stehen alle Türen offen, niemand ist Geisel eines selbst ernannten Führers.“
Sofern die SPÖ in die Mitte rücke, könne man auch erneut zu dritt Gespräche führen.
Genau das, sagte Meinl-Reisinger, habe sie via Telefonat auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen mitgeteilt. „Man muss staatspolitische Verantwortung übernehmen, dafür ist es notwendig, über den eigenen Schatten zu springen und das Wohl der eigenen Partei nicht als das höchste Maß zu sehen.“