Startseite Kultur Mit Kickl ist es so wie bei Ed Sheeran

Mit Kickl ist es so wie bei Ed Sheeran

von Max

Song- und Textschreiber Lorenz Pichler: „Wir machen uns über alles lustig. Ich finde ja, dass man sich vor allem über die Sachen lustig machen soll, die nicht lustig sind, weil es das Einzige ist, was man machen kann, wenn man nicht verzweifeln will. Oder man sagt immer: Alles gut. Das ist auch eine Methode.“

Eine Methode, die dem Album den Namen gab. Die Redewendung „Alles gut“ habe sich innerhalb weniger Jahre „völlig durchgesetzt“, sagt Pichler. „Vor zehn Jahren hätte kein Mensch ,alles gut‘ gesagt, wenn einem jemand auf die Zehen steigt.“ Er sieht in der Phrase „aktive Realitätsverweigerung. Man redet sich die ganze Zeit ein: Es ist alles gut, während man genau weiß, es ist nicht alles gut. Und alles, was man tun kann, ist, es sich einzureden, weil sonst müsste man sich ja mit der Welt beschäftigen.“

Kollege Christoph Drexler findet es okay, „alles gut“ zu sagen – „wenngleich ich auch oft ,passt schon‘ sage. Ich glaube, was der Kollege sagt, wirkt ein bisschen überlegt, weil er eine Antwort auf die Frage gesucht hat, die wir jetzt ständig gestellt bekommen.“

Freilich bestätigt auch die Optik des Album-Covers die Pichlersche These. Christoph & Lollo setzen ein „alles gut“-Lächeln auf, während sie zur Hälfte im Wasser stehen. Das Foto entstand im Wiener Gänsehäufel, übrigens lange vor der Hochwasserkatastrophe.

Christoph Drexler und Lorenz „Lollo“ Pichler: Ab 4. Oktober mit neuer CD („alles gut“) auf Tour

Rituale

Lustig machen sich Christoph und Lollo auf der CD auch über Rituale bei Konzerten, etwa über die beliebte Stimmungsparole: „Wo sind die Hände?“ – Im gleichnamigen Song singen sie: „Dann weiß ich genau, wo die Hände sind. Die Hände hängen an den Handgelenken unten dran, also was soll die blöde Frage?“

Man sieht bereits an den Songtiteln, dass viele der zwölf neuen Lieder in der Coronakrise entstanden sind: „Der nächste Lockdown“, „Wenn der letzte Livestream aus ist“, oder: „Jahresrückblick 2020“. Dieser Rückblick fällt – schwer zu erraten – höchst negativ aus. „Man muss dem Jahr 2020 aber schon zugutehalten, dass alle anderen Jahre wahrscheinlich genauso schlecht wegkommen würden“, sagt Drexler.

Besungen wird zudem die Bewertungsgesellschaft („Dieser Kaffee ist eindeutig überextrahiert“) – oder das Hickhack in den sozialen Medien („Du hast meine Gefühle verletzt“). Die beiden Ex-Schulkollegen (Jahrgang 1977) verhehlen nicht, dass sie die virtuelle Welt skeptisch sehen. Aber, so Pichler: „Wir stehen der ganzen Welt skeptisch gegenüber, die virtuelle ist halt um nichts besser, würde ich sagen.“

Und die Skispringer? Ihnen widmeten sie im Vorjahr eine (pandemiebedingt verspätete) Jubiläumstournee.

Ob sie Skispringen schauen? – Drexler: „Aus professioneller Sicht müssen wir uns damit nicht mehr beschäftigen. Aber ich schaue das an manchem Wintersonntag – wenn ich Lust habe, ein bisschen einzubüseln.“

Christoph & Lollo: "Mit Kickl ist es so wie bei Ed Sheeran"

Was Andi Goldberger zu den „Schispringerliedern“ sagt – das komplette Interview mit Christoph & Lollo

KURIER: „Alles gut“: Beschreibt das nur ein Phänomen oder ist es auch ein persönliches Gefühl? 
Lorenz Pichler: Die Redewendung „Alles gut“ hat sich ja innerhalb weniger Jahre völlig durchgesetzt. Ich glaube, es kommt aus dem Englischen: all good. Man hört das wirklich jeden Tag mehrmals. Vor zehn Jahren hätte kein Mensch „alles gut“ gesagt, wenn im jemand auf die Zehen steigt. 

Sagen Sie selbst „alles gut“?
Lorenz Pichler: Ab und zu liegt es mir auf der Zunge. Seit wir das Album haben, kann ich es ironisch sagen. 
Christoph Drexler: Ist es dir zu modern?
Lorenz Pichler: Ich bin ein alter Mann und ich würde gern „formidabel!“ sagen zum Beispiel. Aber das wäre ernst gemeint. 
Christoph Drexler: Aber wenn dich wer anrempelt, ist es doch eh ganz passend zu sagen: Alles gut. 
Lorenz Pichler: Nein, da sage ich immer noch „Passt schon“, wie in den 80er Jahren. 
Christoph Drexler: Dann verstehen dich vielleicht viele Leute nicht. Ich finde es okay, „alles gut“ zu sagen. Ich sage es auch gelegentlich, wenngleich ich auch manchmal „passt schon“ sag. 

Aber wie ist es erklärbar, dass sich diese Phrase so durchgesetzt hat? Sie schreiben „Alles gut“ aufs Albumcover. In einer Zeit, in der Vieles nicht gut ist.
Lorenz Pichler: Meine These: Aktive Realitätsverweigerung. Man redet sich die ganze Zeit ein, es ist alles gut, wenn man genau weiß, es ist nicht alles gut. Und alles, was man dagegen tun kann, ist, es sich einzureden, weil sonst müsste man sich ja mit der Welt beschäftigen und da würde man drauf kommen, es ist alles total beschissen. 
Christoph Drexler: Ich glaube, was mein Kollege sagt, wirkt ein bisschen überlegt, weil er eine Antwort auf die Frage gesucht hat, die wir jetzt ständig gestellt bekommen. 
Lorenz Pichler: Das stimmt überhaupt nicht. Das ist der Grund, warum ich den Titel wollt‘.
Christoph Drexler: Ich glaube, dieser Begriff kommt außerdem aus Deutschland, wie vieles aus dem Hiphop-Bereich. Dort ist es, glaube ich, ganz früh schon gesagt worden. Das schnappen dann halt die Kids auf und so kommt es dann in den allgemeinen Sprachgebrauch. Ich glaube, ältere Leute sagen das eh kaum. 

Wann sind diese Lieder entstanden? 
Christoph Drexler: Eines davon, „Wenn der letzte Livestream aus ist“, ist ganz im Beginn der Coronakrise entstanden, wo man sich nicht einmal getraut hat, irgendwelche Stiegengeländer anzugreifen. Das haben wir  für eine Fernsehsendung unter ganz strengen Bedingungen im Funkhaus aufgenommen, ohne Publikum und ohne Moderator. 
Lorenz Pichler: Bei einem der ersten Auftritte während Corona – da waren ungefähr 40 Künstler auf der Bühne, ungefähr 20 Leute im Publikum – haben die Tontechniker noch versucht, die Corona-Auflagen einzuhalten, indem sie Klarsichtfolie über die Mikrofone gewickelt haben, damit wir uns nicht gegenseitig anstecken. Also wenn wir zu der Zeit ein Album aufgenommen hätten, würde es ganz schlecht klingen.

Ihr habt eine Jubiläumstournee mit den Schispringerliedern absolviert. Klingt fast ein bisschen konventionell.
Christoph Drexler: Früher haben wird die „Schispringerlieder“ ja ständig gespielt. Dann kam irgendwann eine Zeit, wo wir sie nicht mehr gespielt haben. Es hat aber immer Leute gegeben, die nach Schispringerliedern gefragt haben. Irgendwann haben wir uns gedacht: Für die, die sich das die ganze Zeit etwas wünschen, machen wir das en bloc. Und vielleicht macht es uns auch Spaß. Und es war dann genau so, dass uns das wirklich sehr viel Spaß gemacht hat. Jetzt ist es wieder abgehakt. Aber es war eine wirtschaftlich sehr gute Idee.

Ihr variiert die Setlists bei jedem Konzert …
Lorenz Pichler:  Das Prinzip bei den Schispringerliedern entsprach der historischen Aufführungspraxis. Wir haben uns bemüht, es so zu machen wie damals: Immer mit dem selben Lied anfangen und mit demselben Lied aufhören. Und dazwischen hatten wir keinen Plan. Beim Tourneeabschluss haben wir uns selbst ins Publikum geworfen.

„Funaki“ war der große Hit am Schluss. Ihr habt für die Tournee seitenlange Texte verfasst. 
Lorenz Pichler: Es sind weit über 150 Strophen, ich habe sie einmal gezählt.  Irgendwann sind ein paar handgeschriebene Zettel verloren gegangen … 
Christoph Drexler: Wie Schriftrollen am Toten Meer … (lacht) 
Lorenz Pichler: Genau, das sind die apokryphen Strophen, die hat irgendwer in seiner WG hängen. 

Apropos Schrifttum: An Reaktionen aus dem Skispringerlager ist eine Wortmeldung von Toni Innauer bekannt. Aber gab es auch andere Meldungen von österreichischen Skispringern, zum Beispiel, warum sie nicht vorkommen?
Lorenz Pichler: Im Gegenteil. Wir sind zwei, drei Mal Andi Goldberger begegnet und einmal, das war in seiner Heimatgemeinde, hat ein Veranstalter zu ihm gesagt: „Heast Andi , sollen die beiden nicht einmal über dich singen?!“ Und er hat gesagt: „Hmmmm … Na ja …“ Kurz gesagt: Er hat geringfügig geschmeichelt, aber generell eher ablehnend reagiert. 

Geben die heutigen Skispringer eigentlich für diese Lieder etwas her oder ist es sowieso egal, weil keine echten Eigenschaften beschrieben werden?
Christoph Drexler: Aus professioneller Sicht müssen wir uns damit nicht mehr beschäftigen. Deswegen kennen wir uns überhaupt nicht aus. Aber ich schaue das an manchem Wintersonntag – wenn ich Lust habe, ein bisschen einzubüseln. Armin Kogler zum Beispiel hatte als Co-Kommentator so eine wunderbar einschläfernde Stimme.

Bergsteigen ohne Hütte

Zurück zum Lockdown. Wie habt ihr beide den verbracht?
Lorenz Pichler: Na ja, ich musste mir ein Fahrrad besorgen, als wir einmal proben mussten, weil ich nicht mehr in öffentlichen Verkehrsmitteln fahren wollte. Das hat mein Leben völlig auf den Kopf gestellt. 
Christoph Drexler: (lacht) Wir haben geprobt während des Lockdowns? Das durften wir ja gar nicht, oder? Aber wir hatten natürlich einen gemeinsamen Haushalt. Das ist ja erlaubt gewesen. Haben wir Ausflüge unternommen?
Lorenz Pichler: Spazieren gehen war ja das einzige, was man machen konnte,. 
Christoph Drexler: Bergsteigen war auch erlaubt, halt ohne Hütte. 
Lorenz Pichler: Wir haben jedenfalls unsere Tätigkeit nicht dauerhaft in den virtuellen Raum verlegt, sondern wir haben es gemacht wie Wanda. Wir sind ja Brüder im Geiste mit den großen Rockern. die auch gesagt haben, sie treten erst dann wieder auf, wenn man eine richtige Show machen kann.  Wir haben weder einen Podcast, noch eine Instagram-Videoreihe gemacht. 

Der „Jahresrückblick 2020“ fällt auf dem Album ja auch sehr schlecht aus …
Christoph Drexler: Man muss dem Jahr 2020 schon zugutehalten, dass das alle anderen Jahre wahrscheinlich genauso schlecht wegkommen. Es gibt ja kein Jahr, wo man zurückblickend sagt: Das war wirklich großartig! 

Dem Internet und dem digitale Raum steht ihr offenbar skeptisch gegenüber, wenn man sich eure neuen Lieder anhört.
Lorenz Pichler: Wir stehen der ganzen Welt skeptisch gegenüber, die virtuelle ist um nichts besser, würde ich sagen. Aber man kann nicht einfach alles akzeptieren, was sich so verändert. Zum Beispiel, dass die Leute immer „alles gut“ sagen oder dass jeder sich selbst als Marke begreift und so stolz auf seine Persönlichkeit ist, weil er sich die aktiv zusammengesucht hat, anstatt sie so wie früher einfach in die Wiege gelegt bekommen zu haben. Da muss man ja drüber reden. Wir singen halt. 
Christoph Drexler: Vieles was da so passiert, ist schon gefährlich. Dass die Leute nicht mehr über den Tellerrand blicken können, wenn sie viel im Internet aufhalten. Und dass die Kinder immer blader werden, das ist bestimmt eine Folge …
Lorenz Pichler: Die einen werden immer blader, die anderen immer muskulöser. Kein Wunder, dass die Flugzeuge so viel Kerosin verbrauchen. 
Christoph Drexler: Dass die Leute „alles gut“ sagen, ist ja nur bedingt so. Also viele Leute, die sich in so einer Blase befinden, sagen sicherlich: „Is ollas schlecht!“

Es ist aber auch kennzeichnend, dass es den großen Mainstream immer weniger gibt, sondern viele einzelne Blasen. 
Lorenz Pichler: Andererseits gibt es auch eine große Vereinheitlichung in der Sprache zum Beispiel. Aber wie auch immer, alle diese Phänomene kann man alle in hohem Maße durch die Kommunikation im Internet begreifen. Weil es mit  Riesenabstand derwichtigste Kommunikationskanal ist.  Und mit welcher Geschwindigkeit sich gesellschaftliche Trends verbreiten und auch, wie die ausgestaltet sind. hängt halt in hohem Maß davon ab, wie das Internet funktioniert. Und das wiederum richtet sich ja nicht danach, was klug ist oder was richtig ist oder was vernünftig ist, sondern was halt Erfolg hat und Werbezeiten verkauft. 

Also ist nicht das Internet schuld, sondern der Algorithmus?
Lorenz Pichler: Ich finde schon lustig, wie wie selbstverständlich das Wort Algorithmus heutzutage gebraucht wird. Der Algorithmus ist so etwas wie der liebe Gott, auf den sich alle ausreden. Die Wege des Algorithmus sind unergründlich. 
Christoph Drexler: Ich glaube, wir haben das in der Schule gar nicht durchgenommen. Ich kann mich nicht an den Algorithmus erinnern. Aber es ist natürlich schon ein Problem, dass es so automatisiert ist, was einen jetzt zu interessieren hat. 
Lorenz Pichler: Aber  es ist ja gar nicht so schwer zu erklären, wie das grundsätzlich funktioniert. Der Zuckerberg und der Musk, die wollen möglichst viel Erfolg und möglichst viele Menschen erreichen, damit sie dann Werbung verkaufen können. Und dazu sinf Empörung, Aufregung und Lüge eine viel bessere Methode als vernünftiges, überlegtes Diskutieren oder Demokratie oder so ein altmodischer Blödsinn … 

Hat die Coronakrise in diesem Sinne einiges beschleunigt, was falsch läuft?
Christoph Drexler: Was auf jeden Fall beschleunigt wurde durch Corona sind die Online-Lieferdienste. Was uns in der Kultur betrifft, haben die Leute zu der Zeit, wo sie nicht ins Theater gehen durften, gesehen, dass ihnen das ja gar nicht so abgeht, und jetzt, wo sie wieder dürften, wollen sie auch nicht mehr so richtig. 

Christoph & Lollo: "Mit Kickl ist es so wie bei Ed Sheeran"

„Wanda fragt auch niemand, ob sie das mit sechzig noch machen“

Ihr macht euch über alles lustig. Gibt es da manchmal auch Reibungen mit dem Publikum? 
Christoph Drexler: Eigentlich überhaupt nicht. Es ist im Gegenteil merkwürdig, dass wir als politische Liedermacher wahrgenommen werden, obwohl nur ein Fünftel der Lieder tatsächlich richtig politisch sind. Und zwischen den Liedern wird auch hauptsächlich geblödelt. 

Ihr seid seit rund dreißig Jahren auf der Bühne, wirkt aber noch recht jugendlich. Könnte es sein, dass ihr euch irgendwann zu alt für das fühlt, was ihr macht?
Christoph Drexler: Ich denke mir schon manchmal: Die Aufmachung und das Gehabe ist ein bisschen zu jugendlich für unser Alter. Aber generell: Für Musikkabarett muss man nicht jung sein. Und  Wanda  fragt auch keiner, ob sie das noch mit sechzig machen, wenn Sie noch leben. 
Lorenz Pichler: Er schaut ja jetzt schon aus wie mit 60? …
Christoph Drexler: (lacht) Es wird schon hinhauen. Solange die Leute kommen, werden wir das machen, glaube ich. 

Ihr seid über FM4 groß geworden. Warum habt ihr euer erstes Lied („Lebkuchenherz“) an Stermann und Grissemann geschickt? 
Lorenz Pichler: Weil wir große Fans von „Salon Helga“ waren. Und weil wir uns gedacht haben, die könnten ja unsere Musik spielen. Und das war dann auch tatsächlich so! 
Christoph Drexler: Wir sind ja freitags immer ausgegangen. Da hat uns ein Freund immer mit dem Auto abgeholt und dann sind wir, solange die Radiosendung lief, im Auto sitzen geblieben und erst dann ein Bier trinken gegangen. Das war der Brauch.

Zugaben, Steiermark und Trump

Im Song „Wo sind die Hände?“ beschäftigt ihr euch mit Ritualen bei Konzerten. Welche findet ihr besonders schlimm?
Christoph Drexler: Zum Beispiel, dass sich große Stars mehrmals umziehen müssen während eines Konzerts. Wenn man das nüchtern betrachtet, denkt man sich: Warum? Aber die Leute betrachten das als notwendig und es hilft ihnen dabei, die Realität für ein Stück weit zu vergessen, wie es heißt.
Lorenz Pichler:  Ich finde, das Lustigste ist immer noch das Zugabenritual, dass die Band sagt: Das war unser letztes Lied, ciao! Und dann gehen sie von der Bühne und kommen überraschend doch nochmal in 100 Prozent der Fälle. Und alle finden es total toll. Und niemand sagt: Hey, das war ja letztes Mal schon so, voll langweilig … Das ist so, wie wenn man bei einem Baby das Gesicht versteckt, und sagt: Ich bin doch noch da! Das Baby freut sich voll, aber bei Konzerten sind die Babys  60 Jahre alt. 

Und wie hält ihr es mit den Zugaben?
Lorenz Pichler:  Wir haben das jahrelang strikt verweigert und haben erst ganz spät damit angefangen. 
Christoph Drexler: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir das verweigert haben. 
Lorenz Pichler: Haben wir garantiert. Vor allem auch, weil wir am Anfang so wenig Lieder gehabt haben, dass wir einfach alle gespielt haben und dann sind wir gegangen. Wir können sie ja nicht noch einmal spielen. 

Es gibt jetzt einen steirischen Landeshauptmann, der Christopher Drexler heißt. Gab es da schon einmal eine Verwechslung mit Christoph Drexler?
Christoph Drexler: Nein. Er ist auch wesentlich gepflegter als ich. 
Lorenz Pichler: Und jünger. (lacht). 
Christoph Drexler: Ist er das? (Anm. Christopher Drexler ist Jahrgang 1971, Christoph Drexler Jahrgang 1977) 

Bleiben wir bei der Politik: Wenn man in die USA blickt und einen Trump sagen hört: „Sie essen die Katzen.“ Geht Ihen da ein diebisches Lachen auf für eine Songidee oder ist man eher schockiert?
Christoph Drexler: Es ist voll arg, dass man eigentlich nur drüber lachen kann aber gleichzeitig denkt man sich: Das nehmen ihm viele ab, die glauben ihm das wirklich. 
Lorenz Pichler: Der Erfolg, den der Trump hat, ist weniger als Erfolg eines Politikers, sondern als Erfolg eines Entertainers zu begreifen. Auch wenn man furchtbar findet, was er sagt: Es ist halt zweifellos unterhaltsam. Selbst seine erbittertsten politischen Feinde schauen sich diese Videos an und lachen sich kaputt. Ob das stimmt, was er sagt oder ob es vernünftig ist, ist vielen Leuten ziemlich egal.
Christoph Drexler: Aber der Unterschied zum Comedian ist: Der erzählt halt Blödsinn und die Leute lachen drüber, weil sie wissen, es ist gelogen. Und der Comedian weiß das auch und weiß, dass die Leute das wissen. Dann ist es ja okay. Aber wenn Trump die ganze Zeit lügt und die Leute glauben das, dann ist nicht okay. 
Lorenz Pichler: Ich glaube, der Erfolg von solchen Leuten basiert zu einem großen Teil auf einem Publikum, dem diese Unterscheidung zwischen richtig und falsch nicht so wichtig ist. Die nehmen das als Content wahr und drücken dann auf „Gefällt mir“. 
Christoph Drexler: Es ist so schwierig, wie wenn man mit einem Kind zu tun hat, das sagt: Es ist so und du sagst: Nein, es ist nicht so. Die ganze Welt sagt, es ist nicht so. Die Wissenschaft sagt, es ist nicht so, und das Kind sagt: Doch! Was will man da noch weiterreden? Alles ist dann sinnlos. 

Karl-Heinz, Kickl & Co. KG

Ihr habt 2009 ein satirisches Wienerlied geschrieben, in dem ein Wirtshaustrankler sich fragt, wann der „Karl-Heinz“ endlich in den Häf’n geht. Wird es irgendwann eine Fortsetzung geben?
Lorenz Pichler: Wir haben es meistens vermieden, Pferde zu Tode zu reiten. Wenn wir einen Manager hätten, würde der wahrscheinlich sagen: Heast Burschen, das müsst’s no amoi machen! Aber es ist dann doch irgendwann fad. Ich nehme an, die Klickzahlen werden davon profitieren, wenn die Prophezeiung des Liedes wahr wird. Aber eigentlich tut mir der hauptsächlich leid, seit mindestens sieben Jahren. Ich glaube, der hat kein schönes Leben. 
Christoph Drexler: Wir haben jedenfalls die Fan-Shirts, die es in diesem Zusammenhang gibt, nachbestellt. 
Lorenz Pichler: (lacht) Also wir sind vorbereitet. 

In Österreich wurde vor der Wahl heftig vor der FPÖ gewarnt. Man fühlt sich aber seit drei Jahrzehnten wie in einer Dauerschleife. Wie ist das zu erklären?

Lorenz Pichler: Mir ist es wieder ziemlich auf die Nerven gegangen, dass viele Leute, anstatt über Inhalte zu reden, immer nur sagen, wie böse der Kickl ist. Erstens einmal schadet ihm das ja nicht. Und zweitens ist das ja kein origineller, zukunftsweisender Inhalt. Wir zum Beispiel reden gerne darüber, dass Herbert Kickl sehr klein ist. Das ist eine viel wichtigere Information. 

Christoph Drexler: Es ist geradezu nicht möglich, über Inhalte zu reden, weil das ja niemanden mehr interessiert, weil es nicht so aufregt. Wenn man mit Gefühlen kommen kann, dass der Kickl uns alle bedroht, bekommt man mehr Aufmerksamkeit. 

Lorenz Pichler: Hochwasser ist fürn Kickl natürlich viel gefährlicher als für uns alle. Darüber muss man zum Beispiel 

Manche Wahlplakate waren auf jeden Fall unter Wasser.
Christoph Drexler: Was da teilweise draufsteht, ziehe ich doch erheblich in Zweifel. Zum Beispiel: „Der einzige auf eurer Seite.“ Das glaube ich einfach nicht. Also zum Beispiel sehe ich oft im Fernsehen die Volksanwälte. Die sind schon auf der Seite derjenigen, die ihre Hilfe wollen. Da hab ich das Gefühl, dass sich die ernsthaft bemühen. 
Lorenz Pichler: Das Erstaunliche ist ja, dass Kickl plötzlich als Star groß auf den Plakaten ist, das hätte vor Ibiza auch niemand geglaubt. Mich wundert es ja immer noch, dass der in der ersten Reihe stehen will. Ich dachte immer, er ist zufrieden damit, wenn er die Texte schreibt, die wer anderer aufsagt. Das ist so wie bei Ed Sheeran, wo man sich eher denkt: Der Typ sitzt in seinem Kammerl und schreibt Lieder für andere – und plötzlich ist der ein Star. 

Ist das vielleicht auch eine Frage der Personaldecke in der FPÖ?
Lorenz Pichler: Man kann den Verdacht aufstellen, dass der Herbert Kickl vielleicht wirklich einen politischen Plan hat, dass es ihm tatsächlich um die Sache geht. Bei Sebastian Kurz habe ich nie auch nur eine Sekunde geglaubt, dass ihn die Sache interessiert. Aber bei Herbert Kickl halte ich das für möglich.

Christoph & Lollo: "Mit Kickl ist es so wie bei Ed Sheeran"

Wie geht es euch mit dem Begriff Kleinkunst? 
Christoph Drexler: Ich würde sagen, der trifft in den allermeisten Fällen ganz gut zu. Also bei uns passt das gut. Vor einiger Zeit haben Kleinkünstler begonnen, in der Staatsoper aufzutreten. Ich finde das nicht so passend, weil es ja Kleinkunst ist. 
Lorenz Pichler: Deswegen haben wir das auch abgesagt. (lacht)  Aber eine Oper ist zum Beispiel, mit Orchester und allem, mit Eintrittsgeldern fast nicht zu finanzieren, weil es unfassbar aufwendig und teuer ist. In der Kleinkunst kommt ein Typ mit dem Railjet, stellt sich auf eine Palette und spricht oder singt. Wenn viele Leute und finanzielle Interessen involviert sind, dann muss man aufpassen, was man tut und sagt und dass man niemandem auf die Zehen steigt. Der Kleinkünstler kann eigentlich machen, was er will, weil es, wenn es hart auf hart geht, niemanden interessiert. Deswegen ist in der Kleinkunst mehr möglich. 

Im Song „In Burgenland gibt’s jetzt Olivenöl“ macht ihr euch über den Klimawandel lustig …
Lorenz Pichler: Dabei stimmt das wirklich. In Burgenland gibt es ja wirklich Olivenöl, letztes Jahr hat ein schlauer Typ das zum ersten Mal kommerziell geerntet. Im Lied geht es um Leute, die zuerst gesagt haben, es gibt gar keinen Klimawandel und dann als nächstes gesagt haben, vielleicht gibt es ihn schon, aber das war ja eh schon immer so. Und mittlerweile sagen die: Na gut, es gibt den Klimawandel und na gut, wir sind selber dran schuld. Aber man muss es ja positiv sehen und ein Geschäft damit machen. 

WIe gut eignet sich der Klimawandel für Scherze?
Lorenz Pichler: Wir machen uns natürlich über alles lustig. Ich finde ja auch, dass man sich vor allem über die Sachen lustig machen soll, die nicht lustig sind, weil es ist ja das einzige, was man machen kann, wenn man nicht verzweifeln will. Oder man sagt zum Beispiel immer: alles gut. Das ist auch eine Methode. 

Danke für das Gespräch.

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