Zusammenfassung
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- EU-Sondergipfel fokussiert sich auf die militärische Aufrüstung, die Ukraine-Unterstützung und die brüchigen Beziehungen zu den USA.
- Österreichische Regierung zeigt Offenheit für EU-Verteidigungsinitiativen, lehnt neue Schulden ab.
- Debatten über transatlantische Beziehungen und europäische Eigenständigkeit prägen den Gipfel.
Mit so viel Spannung hat man in Brüssel schon lange keinen Gipfel mehr erwartet. Heute, Donnerstag, geht es beim Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs um Europas militärische Aufrüstung, um die Unterstützung der Ukraine und damit auch um den Umgang mit den USA unter Trump.
„Österreich muss Anstrengungen erhöhen“
EU-Ratspräsident Antonio Costa und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen begrüßten den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij betont herzlich. Dies sei „ein Moment des Wendepunkts für Europa“, sagte von der Leyen. Dessen ist sich auch Österreichs politische Führung bewusst, die gleich mit drei Spitzen in Brüssel an diesem Tag vertreten ist. Neben Bundeskanzler Christian Stocker, der ja als Regierungschef offiziell Dienst beim Europäischen Rat hat, sind auch Vizekanzler Andreas Babler und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger in der Stadt. Rund um einen Gipfel gibt es zahlreiche weitere hochrangige politische Treffen. Bühne genug also auch für Babler und Außenministerin Meinl-Reisinger. Sie besuchten am Vormittag vor dem Beginn des Gipfels die Treffen der Spitzenvertreter ihrer großen europäischen Parteienfamilien. Babler war also bei den Sozialisten, Meinl-Reisinger bei den Liberalen von Renew
Dass Österreich, wie die ganze EU, aufrüsten und mehr Geld ins Militär stecken muss, da sind sich die drei Spitzenpolitiker auch vor der Presse in Brüssel einig. Österreich „hat enorme Anstrengungen unternommen“, meint etwa der Bundeskanzler, aber es werde diese „Anstrengungen erhöhen“ müssen. Die von der EU geplanten Kredite für Verteidigung, die die Länder für Verteidigungsausgaben aufnehmen können unterstützt auch die Außenministerin ausdrücklich.
Neutralität bleibt vorerst unantastbar
Doch die Neutralität, die zuletzt in Österreich von Politikern und Experten hinterfragt worden war, die bleibt für die drei Spitzenvertreter unantastbar. Auch Beate Meinl-Reisinger, in deren Partei kritische Stimmen besonders laut geworden waren, bekennt sich „klar zur Neutralität“. Der Kanzler betont, dass die im Verfassungsrang stehe und daher alle Pläne nur auf „dem Boden der Neutralität“ gefasst werden könnten, Babler nennt es „den Rahmen der Neutralität“.
Die militärische Aufrüstung ist eben Konfliktstoff, der auch die österreichische Spitzenpolitik interessieren muss. Das gleiche gilt auch für die Unterstützung für die Ukraine, bei der sich jetzt Europa von vielen Worten zu neuen Taten durchringen muss. Eine freie souveräne Ukraine sei im Interesse Europas und der USA, betonte Stocker. „Meine erste Reise führt mich nach Brüssel, in einer durchaus herausfordernden Situation“, sagte er bei seiner Ankunft. Für Babler geht es um „Solidarität mit der Ukraine in einer sehr schwierigen Situation“, aber auch um eine Neubewertung der transatlantischen Beziehungen.
Im EU-Hauptausschuss des Nationalrates signalisierte Stocker vor dem EU-Sondergipfel Offenheit, was die Aufstockung der EU-Ausgaben im Verteidigungsbereich betrifft. „Neue Schuldenaufnahmen lehnen wir aber ab“, betonte er im Beisein von Europaministerin Claudia Plakolm (ÖVP) und Meinl-Reisinger.
Stocker bekannte sich zum Ziel, die europäische Verteidigungsfähigkeit zu stärken. „Österreich unterstützt grundsätzlich die Initiativen, natürlich immer auf Basis der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen“, sagte er unter Verweis auf die Neutralität. Der Flexibilisierung von EU-Mitteln durch eine Änderung der Zweckwidmung stehe Österreich „offen gegenüber“, nicht aber zusätzlichen Schulden, so Stocker. Die von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagenen 150 Milliarden Euro seien keine Schulden, sondern Garantien, präzisierte er auf eine entsprechende Frage.
Bundeskanzler Stocker bei der Ankunft in Brüssel
„Politisch nie neutral“
„Österreich ist militärisch neutral, wird aber nie politisch neutral sein“, betonte auch Europaministerin Plakolm. „Österreich wird sich dafür einsetzen, dass Europa nicht Spielball globaler Mächte wird, sondern selbstbewusst seinen Platz in der Welt einnimmt“, sagte sie. Die Entscheidungen beim EU-Sondergipfel am Donnerstag werden diesbezüglich „eine zentrale Rolle spielen“. Sowohl Plakolm als auch Stocker zeigten sich zuversichtlich, dass die geplanten Schlussfolgerungen trotz des angekündigten Widerstandes aus Ungarn angenommen werden. Schon bei mehreren EU-Gipfeln habe es im Vorfeld „so ausgesehen, dass eine Einigung nicht möglich sein wird“, so Stocker. Es dann aber „üblicherweise eine Lösung gefunden worden“.
„Können Sicherheit nicht auslagern nach Washington“
Meinl-Reisinger bekräftigte die Unterstützung der Ukraine und übte deutliche Kritik am Kurs von US-Präsident Donald Trump. Was sich am Freitag im Oval Office zugetragen habe, sei eine „Belastung für die transatlantischen Beziehungen“ gewesen. Zugleich begrüßte sie die geplante Stärkung der EU-Verteidigungsfähigkeit. „Wir haben gelernt, dass wir Sicherheit nicht auslagern können nach Washington, genauso wenig wie die Energieversorgung nach Russland und die Lieferketten nach Peking“, sprach sich die NEOS-Chefin für mehr europäische Eigenständigkeit aus.
Stocker begrüßt Bemühungen Trumps
Stocker begrüßte die Bemühungen Trumps um einen Frieden in der Ukraine. „Aber wir müssen uns davor hüten, kurzfristige Ziele zulasten der langfristigen Stabilität zu verfolgen“, bekräftigte er die Forderung nach einem „umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden“. Als Rechtsanwalt wisse er auch, dass erfolgreiche Verhandlungen die Beteiligung aller wesentlichen Akteure erfordern. „Es darf keine Verhandlungen über die Sicherheit Europas ohne die Europäische Union geben“, betonte er.
Meinl-Reisinger betonte, dass es im Ringen um einen Waffenstillstand in der Ukraine auch um die Sicherheit in Österreich gehe. „Es ist in unserem Interesse, dass wir in der Ukraine keinen Diktatfrieden haben, der Putin nur Zeit bietet, seine Truppen neu zu formieren“, forderte sie einen Friedensschluss mit Sicherheitsgarantien.
Außenministerin Beate Meinl-Reisinger traf EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas
Fürst sieht Selenskij „schon weiter“ als EU-Politik
In der folgenden Debatte zeigten sich die bekannten Positionen der Parlamentsparteien. FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst kritisierte, dass der ukrainische Präsident Wolodimyi Selenskij in der Frage eines Friedensschlusses „schon weiter“ sei als die EU-Politik, weil er erkennen lasse, „dass eine Lösung dieser Frage nicht am Schlachtfeld stattfinden soll, sondern am Verhandlungstisch“. Sie brachte einen Antrag ein, der Stocker dazu verpflichten sollte, beim EU-Gipfel keinen Schlussfolgerungen zuzustimmen, die weitere Militärhilfen in Milliardenhöhe für die Ukraine vorsehen. Der Antrag wurde mit den Stimmen der vier anderen Parteien abgelehnt.
Fürst erntete für ihre Wortmeldung scharfe Kritik, unter anderem vom ÖVP-Abgeordneten Wolfgang Gerstl. Dieser monierte, dass die Vertreterin der größten Parlamentspartei Russland nicht als Aggressor genannt habe. Auch Meinl-Reisinger ging in ihrem Abschlussstatement hart mit Fürst ins Gericht, der er eine „geradezu fahrlässige Haltung gegenüber der Sicherheit der Österreicher“ attestierte. Es sei „geradezu grotesk“ zu sagen, dass jedes Militär automatisch ein Bekenntnis zu Krieg bedeute.
Kogler warnt vor Ende der EU in zehn Jahren
Erstmals nach fünf Jahren meldete sich der frühere Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) wieder von der Abgeordneten- statt der Regierungsbank zu Wort. Als einziger Redner äußerte er klare Unterstützung für das von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen präsentierte Verteidigungspaket in Höhe von 800 Milliarden Euro. „Ich finde das alles gescheit“, sagte er. Länder wie Russland würden nämlich verteidigungspolitisch „in die Schatulle greifen, dass es nur so scheppert“, sagte er. Daher müsse auch die EU „in den Kleiderschrank und das beste Stück rausholen“. Wenn Europa nicht zu Stärke zurückfindet, werde es die EU „in zehn, zwanzig Jahren überhaupt nicht mehr geben“, warnte der Grüne Parteichef.