„Beschönigen braucht man gar nichts, Herausforderungen sind da. Aber es gibt teilweise Indikatoren, dass es besser wird. Nur Pessimismus hilft uns nicht weiter. Im Juli verzeichneten die Umsätze in Industrie und Bau im Vorjahresvergleich erstmals seit 16 Monaten wieder ein Plus. Die Talsohle scheint allmählich durchschritten, die Stimmung wird besser“, sagt die OeKB-Managerin im Gespräch mit dem KURIER.
Zwischen drohenden Sparpaketen und nötigen Investitionserfordernissen z. B. in die grüne Transformation ist Sommer-Hemetsberger überzeugt, dass der nächsten Regierung beides gelingen müsse – sparen und investieren gleichzeitig. Die grüne Transformation in Energie und Produktion, die weitere Digitalisierung der Landes, aber auch der demografische Wandel mit immer weniger Beitragszahlern für den Sozialstaat zählt sie zu den größten Herausforderungen.
Freilich könne der Staat in Zeiten knapper Budgets nicht alles alleine leisten. Privates Kapital müsse mobilisiert werden, sagt die Kontrollbank-Managerin, die auch Präsidentin des Aktienforums sowie Vize-Aufsichtsratschefin der Wiener Börse ist. Es werde von privater Seite ja sehr viel investiert, jedoch fließe derzeit viel Geld ins Ausland ab. Um Österreichs Kapitalmarkt zu attraktivieren, müssten „Aktien raus aus dem Ideologie-Eck.“
Mitte der Gesellschaft
Allzu oft würde hier seitens der Politik von „böser Spekulation“ geredet. Das Gegenteil sei der Fall, es gehe in erster Linie um den Erhalt des Wohlstandes und die Vorsorge fürs Alter. „Schon 27 Prozent der Österreicher und Österreicherin halten in der einen oder anderen Form Wertpapiere, also Aktien, Anleihen oder Fonds. Das ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“
Sommer-Hemetsberger plädiert in diesem Zusammenhang für die Wiedereinführung einer Behaltefrist, nach deren Ablauf beim Verkauf von Aktien keine Kapitalertragssteuer anfällt.
Pensionen unter Druck
Aus diesem Vorsorge-Blickwinkel heraus unterstützt die Expertin auch die neue Initiative von Ex-Erste-Chef Andreas Treichl und VIG-Chef Hartwig Löger zur Ergänzung des Pensionssystems um kapitalgedeckte Elemente, wie dies in Dänemark oder Schweden seit vielen Jahren praktiziert wird. „Das staatliche Pensionssystem steht unter enormem Druck. Die vorgestellte Studie bietet eine sehr gute Grundlage für eine sachliche Diskussion über die Weiterentwicklung des Pensionssystems. Das Thema muss inhaltlich und nicht ideologisch aufgearbeitet werden. Das Umlageverfahren stößt angesichts immer weniger Beitragszahler und immer mehr Pensionisten an seine Grenzen.“
Die vergleichsweise bescheidene Performance der Pensionskassen, die Kritikern als Gegenargument für das Kapitaldeckungsprinzip gilt, könnte man durch eine Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen heben. Etwa indem erlaubt wird, dass auch in weitere Instrumente oder im Ausland investiert werden darf. „Die Investitionsmöglichkeiten gehören erweitert.“
Wertschwankungen wie während der Corona-Krise würde es immer geben, weshalb ein langfristiger Anlagehorizont so wichtig sei. „Ein Investment auf dem Kapitalmarkt bringt auf lange Sicht immer mehr als das Sparbuch. Aber es geht immer um einen guten Mix.“