Vorletzte Woche verabschiedete sich Sandra Gott-Karlbauer, Geschäftsführerin und Sprecherin der Bahn-Tochter Technische Services (TS).
Diese Tochtergesellschaft der ÖBB–Teilkonzerne Personenverkehr AG (75 Prozent) und des Güterverkehrs Rail Cargo hat einen wichtigen Aufgabenbereich bei der Staatsbahn, sie ist für die Instandhaltung der Züge und die Werkstätten verantwortlich. Das Unternehmen beschäftigt rund 4000 Mitarbeiter an 25 Standorten, davon 23 in Österreich.
Die ÖBB kämpfen bekanntlich gegen Engpässe bei Zügen und Waggons. Das hat nichts mit dem Hochwasser vom September zu tun, sondern ist seit Ende der Pandemie der Fall, seit die Nachfrage nach Bahnreisen wieder ansprang. Die Folge für die genervten Passagiere sind Verspätungen und Zugausfälle.
Die ÖBB haben schlicht zu wenig funktionierendes Wagenmaterial. Bahn-Chef Andreas Matthä begründete dies heuer in einem Mail an alle Mitarbeiter mit einer „kritischen Mischung aus Lieferverzögerungen von neuen Zügen und einer Überbelastung von altem Wagenmaterial sowie, vorsichtig ausgedrückt, einer progressiven Planung“.
Der Großteil des Problemes ist hausgemacht. Die Einsatzplanungen waren unrealistisch. Der Fuhrpark ist reparatur- und servicebedürftig. Während der Pandemie hätten die Werkstätten auf Hochtouren laufen müssen. Insider berichten von gravierenden Strukturmängeln. Es sei dem Management nicht gelungen, Effizienz und Prozessabläufe zu verbessern. Die Eisenbahnergewerkschaft ortet die Lösung in mehr Mitarbeitern, Matthä sei aber nicht gewillt nachzugeben, hört man.
Neben den sachlichen Problemen gab es auch noch klimatische Verstimmungen und Team-Probleme im Management der TS. Die technische Geschäftsführerin fand heuer einen Versorgungsposten in der ÖBB-Holding, die bisher kaufmännische Leiterin Gott-Karlbauer wurde vorzeitig verlängert und zur Technik-Chefin befördert.
Matthä, der nicht gerade bekannt ist für hartes Personalmanagement, dürfte jetzt Handlungsbedarf gesehen haben. Letztlich fallen ihm als CEO die Qualitätsprobleme auf den Kopf. Dass er der Managerin nahegelegt habe, die Konsequenzen zu ziehen, wie im Unternehmen kolportiert wird, bestätigen die ÖBB nicht.
Mentorin Ederer
Starke Fördererin von Gott-Karlbauer war Brigitte Ederer – schon als Siemens-Konzernvorständin. Gott-Karlbauer war ebenfalls lange bei Siemens und stieg dort zur Prokuristin auf. Kurz vor dem Start der türkis-blauen Regierung wurde sie zur neuen Leiterin der Strategischen Unternehmensentwicklung der ÖBB bestellt, angeblich auf Geheiß von Ederer – die Ex-SPÖ-Politikerin war damals Aufsichtsratsvorsitzende der Bahn. 2019 wechselte ihr Schützling in die Geschäftsführung der Technischen Services.
Jetzt allerdings hat auch Ederer, hört man, ihre schützende Hand weggezogen. Der Job wurde ausgeschrieben, interimistischer Nachfolger ist der Eisenbahn-Experte Ralf Mair. Er hat beste Chancen auf eine dauerhafte Bestellung.
Ob Gott-Karlbauer eine Abfindung erhält und wie lange ihr Vertrag als Geschäftsführerin noch gelaufen wäre, wollten die ÖBB nicht beantworten. Man bitte um Verständnis, dass man Details zur Vertragsauflösung nicht bekannt geben könne.