Passive Kühlung und Sonnenschutz
Die einfachste und wirksamste Form der Kühlung beginnt beim Bauen. Durch kluge Planung, gute Dämmung und geeignete Materialien lässt sich Hitze draußen halten. Besonders Dächer und Fensterflächen sind dabei entscheidend: Sie sollten so ausgeführt sein, dass Wärme möglichst wenig eindringt – und wenn doch, dann kontrolliert wieder entweichen kann.
Ein zentraler Faktor ist die thermische Masse eines Gebäudes. Materialien wie Lehm, Beton oder Ziegel speichern tagsüber Wärme und geben sie zeitverzögert wieder ab. Bei richtiger Ausführung kann das den Raum um 4 bis 6 °C kühler halten als bei Leichtbauweise.
Zusätzlich ist ein intelligenter Sonnenschutz ratsam. Besonders effektiv: außenliegender Sonnenschutz wie Raffstores, Rollläden oder Textilscreens. „Er blockt die Sonnenstrahlen bereits vor dem Fenster ab und verhindert, dass sich Räume aufheizen“, sagt Peter Gubisch, Geschäftsführer des Sonnenschutzspezialisten Schlotterer.
„So lässt sich die Raumtemperatur um bis zu 10 °C reduzieren.“ Innovative Raffstores mit Tageslichtfunktion, etwa das System „RETROLux“, verbinden Kühlung mit natürlichem Licht: Sie reflektieren Sonnenstrahlen blendfrei an die Decke und lassen den Blick nach draußen offen. „Das reduziert nicht nur die Kühl-, sondern auch die Stromkosten für künstliches Licht“, so Gubisch. Mittlerweile lassen sich viele Systeme smart steuern: Nach Sonnenstand, Tageszeit oder Wetterprognose fahren sie automatisch aus oder ein.
Neben Sonnenschutz sorgen zunehmend hochdämmende Fenstersysteme und dynamische Hightech-Glas-Lösungen für angenehmere Temperaturen. „Ein Gebäude um ein Grad zu kühlen ist dreimal so energieintensiv, als es um einen Grad zu heizen. Daher ist die Reduktion des Energieeintrags so wichtig, um die Hitze erst gar nicht ins Haus zu lassen“, betont Christian Klinger, Miteigentümer von Internorm, einem der führenden Fensterhersteller Europas.
Thermochrome, photochrome oder elektrochrome Gläser reagieren auf die Temperatur der Scheibe, UV-Strahlung (Verdunkelung erfolgt durch chemischen Prozess) oder Stromimpulse (bewusste Steuerung) und tönen sich bei Bedarf ein – ohne mechanische Verschattung. Ein integrierter Licht- und Wärmesensor reguliert dabei die Tönung in Echtzeit, was sowohl die Raumtemperatur ändert, als auch den Komfort erhöht.
Klinger: „Der Energiedurchlass einer 3-fach-Verglasung liegt bei ca. 54 Prozent. Durch die Verdunkelung kann dieser auf bis zu 5 bis 10 Prozent verringert werden. Dies entspricht mittlerweile den Leistungswerten eines außenliegenden Sonnenschutzes.“ Die Systeme lassen sich smart vernetzen und auch in bestehende Gebäude, etwa bei Sanierungen, integrieren. Die Kosten sind aber noch hoch und machen 800 bis 1000 Euro pro Fenster zusätzlich aus, so der Experte.
Was im Winter wärmt, kann im Sommer kühlen – etwa Fußboden-, Wand- und Deckensysteme, die über Wasserleitungen für Frische im Raum sorgen. Die Flächenkühlung funktioniert am effizientesten in Kombination mit reversiblen Wärmepumpen oder Kaltwassersystemen. Eine Wärmepumpe arbeitet dabei quasi „rückwärts“: Sie entzieht dem Raum Wärme und leitet sie nach draußen. Laut Vaillant beispielsweise kann die Raumluft im Kühlbetrieb um etwa 3 bis 5° C senken – abhängig von Dämmung, Fläche und Kühlkonzept.
Besonders vorteilhaft ist die Kombination mit einer Photovoltaikanlage, um den Strombedarf größtenteils autark zu decken. Experten von Variotherm setzen ebenso auf wassergeführte Flächensysteme. Dabei zirkuliert im Sommer durch die bereits verlegten Heizungsrohre im Boden, in der Wand und Decke etwa 16 °C kaltes Wasser. „Dank Strahlungsaustausch gibt der Mensch seine Körpertemperatur gleichmäßig an die umliegenden Flächen ab. Dadurch liegt die empfundene Temperatur 2 bis 3 °C unter der tatsächlichen Raumtemperatur.“ Und man kann Energie sparen: „Bis zu 30 Prozent“. All diese Systeme arbeiten nahezu geräuschlos und sorgen für gleichmäßige Temperaturen ohne Zugluft.
Ein oft unterschätzter Effekt ist die Verdunstungskühlung. Sie nutzt das physikalische Prinzip, dass verdampfendes Wasser der Umgebung Wärme entzieht. Mobile Luftkühler (Aircooler) machen sich dieses Prinzip zunutze: Mit geringem Stromverbrauch (meist weniger als 100 Watt) blasen sie befeuchtete Luft in den Raum. Ideal für Mietwohnungen, in denen bauliche Eingriffe nicht möglich sind. Noch simpler, aber wirksam: die Nachtauskühlung. Tagsüber bleibt das Haus dicht – abends und nachts wird kräftig gelüftet. Eine automatische Lüftung kann den Kühleffekt optimieren, etwa über Smart-Home-gesteuerte Fensteröffner. So vielfältig die Alternativen zur Klimaanlage auch sind – ihre Wirksamkeit hängt immer vom Zusammenspiel vieler Faktoren ab: Ausrichtung, Bauweise, Nutzerverhalten und Technik.