Der Jahresbeginn ist die Zeit der guten Vorsätze. Die einen wollen sich gesünder ernähren, die anderen mehr Sport machen.
Auch Trends wie der „Dry January“ (oder auch „Nüchterner Jänner“), in dem kein Alkohol getrunken wird, oder der „Veganuary“, in dem auf tierische Produkte verzichtet wird, liegen in diesem Jahr wieder voll im Trend.
Veganer Markt im Wachstum
Gerade Letzterer wird auch für die heimischen Lebensmitteleinzelhändler immer interessanter. Denn das Geschäft mit den pflanzlichen Pendants zu tierischen Lebensmitteln wächst mit jedem Jahr.
Das bestätigt auch Verena Wiederkehr, Plant-Based-Managerin bei Billa. Sie lebt selbst vegan und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Markt rund um vegane Lebensmittel.
„Das Thema pflanzliche Ernährung ist kein Trend mehr und flaut auch nicht ab. Das ist wirklich eine nachhaltige Entwicklung in der Gesellschaft. Das sehen wir auch in den Zahlen“, sagt Wiederkehr dem KURIER.
24 Prozent Absatzplus
Die Supermarktketten Billa und Billa Plus haben im vergangenen Jahr ein Absatzplus von 24 Prozent im pflanzlichen Segment verzeichnet. Mit „Billa Pflanzilla“ betreibt Billa außerdem einen eigenen rein pflanzlichen Supermarkt auf der Wiener Mariahilfer Straße.
Insgesamt führen die Ketten, die zum Rewe-Konzern gehören, mehr als 7.000 rein pflanzliche Artikel und damit das größte vegane Sortiment in Österreich – und die Zahl der Produkte steigt.
Zu den Verkaufsschlagern gehören aktuell das vegane Faschierte und Kebab. Auch Tofu verkauft sich gut. 2024 wuchs der Absatz um zehn Prozent.
Veganismus hat schlechtes Image
Dass immer mehr pflanzliche Produkte gekauft werden, liege aber nicht daran, dass die Zahl der Veganer zunehme, stellt Wiederkehr klar. Vielmehr wachse die Zahl derjenigen, die sich bewusst mit ihrer Ernährung auseinandersetzen.
„Man kann sagen, dass immer mehr Menschen immer öfter pflanzliche Gerichte in ihren Speiseplan integrieren “, sagt Wiederkehr. Der radikale Veganismus hingegen trete in dieser Entwicklung in den Hintergrund, denn er habe in der Bevölkerung ein schlechtes Image.
Vegetarier
Während Vegetarier kein Fleisch oder Fisch essen, verzichten die sogenannten Pescetarier nur auf Fleisch. Andere tierische Produkte, Fisch und Meeresfrüchte stehen bei Pescetariern aber sehr wohl auf dem Speiseplan.
Veganer
Veganer verzichten auf jegliche tierische Produkte, also auch Milch und Milchprodukte, Eier oder Honig. Eine Ernährungsform, die noch einen Schritt weiter geht, ist die der Frutarier, die sich nur von Pflanzen ernähren, die bei der Ernte nicht zerstört werden (etwa Obst, Nüsse, Samen oder bestimmte Gemüsesorten).
Allesesser
Die klassische, breit gefächerte Ernährungsform, die pflanzliche und tierische Kost umfasst, nennt sich omnivore Ernährung oder auch Allesesser-Mischkost.
Aus diesem Grund verwendet Billa in seiner Werbung auch nicht mehr das Wort „vegan“, sondern bezeichnet die Produkte in Flugblättern und Co als „rein pflanzlich“.
Flexitarier auf dem Vormarsch
Mit dieser Kommunikation will das Unternehmen die sogenannten Flexitarier ansprechen. Das sind die „flexiblen Vegetarier“, die möglichst wenig oder nur selten Fleisch essen und sich primär pflanzlich ernähren.
Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Innova Market Insights bezeichnen sich 37 Prozent der Österreicher als Flexitarier. Damit sind sie die größte Zielgruppe für pflanzliche Lebensmittel, die die heimischen Supermarktketten als Kunden gewinnen möchte.
Der Preis als Verkaufsargument
Und das gelingt vor allem über den Preis. Dieser ist Studien zufolge die größte Hürde für den Erstkauf.
Billa (Plus) bietet deswegen unter den pflanzlichen Eigenmarken der Handelskette alle pflanzlichen Alternativen zum selben Preis an wie die tierischen Lebensmittel. So kostet etwa das vegane Faschierte auf den Kilopreis gerechnet gleich viel wie das aus echtem Fleisch.
Auch die Supermarktkette Spar teilt auf KURIER-Anfrage mit, dass sich die Preise für pflanzliche Artikel immer mehr an die der tierischen Pendants annähern. Spar führt knapp 4.000 pflanzenbasierte Produkte (Obst und Gemüse nicht mitgezählt). Der erfolgreichste Artikel ist dabei der vegane Leberkäse.
Kritik an höherer Mehrwertsteuer
Während sich die Preise zwischen tierischem Produkt und pflanzlichem Ersatz bei den meisten Artikeln kaum mehr unterscheiden, gibt es bei den veganen Milchalternativen auch weiterhin eine Preisdifferenz.
Das liegt daran, dass Milchersatz aus Soja, Hafer oder Mandeln anders besteuert wird als das tierische Pendant. Während für klassische Kuhmilch nur zehn Prozent Mehrwertsteuer anfallen, sind es bei Pflanzendrinks 20 Prozent.
Wiederkehr kritisiert diese Ungleichbehandlung. „Ich glaube, es ist langsam wirklich an der Zeit, dass hier der Gesetzgeber nachzieht und eine faire Besteuerung sicherstellt“, fordert sie.
Vegane Ernährung ist kein Luxus mehr
Neben Billa und Spar bieten auch die heimischen Diskonter ein immer größer werdendes Sortiment an pflanzlichen Lebensmitteln an. Hofer führt beispielsweise über das ganze Jahr verteilt bereits mehr als 800 vegane Artikelsorten. Auch bei der Diskontkette bemerkt man den Veganuary.
„Im Monat Jänner ist der Umsatzanteil unseres veganen Sortiments um circa 15 Prozent höher als in den restlichen Monaten. Der Trend flacht im Fasching wieder ab und bekommt dann zum Start der Fastenzeit einen erneuten Aufwind“, teilt Hofer dem KURIER mit.
Auch der Billig-Supermarkt legt Wert auf einen günstigen Preis für seine pflanzlichen Lebensmittel und will mit seiner Preisgestaltung zeigen, „dass Veganismus kein Luxusthema ist“.
Auch die Diskontkette Lidl bietet vegane Lebensmittel an, führt aber mit 450 Artikeln für eine vegane Lebensweise ein vergleichsweise kleines Sortiment. In den nächsten Jahren soll dieses aber wachsen, heißt es bei Lidl auf KURIER-Anfrage.
Bis 2023 möchte das Unternehmen den Anteil an pflanzlichen Proteinquellen wie etwa Hülsenfrüchten, Tofu oder veganen Ersatzprodukten von aktuell knapp 13 auf 20 Prozent erhöhen.
Der Geschmack muss stimmen
Während der Preis für den Erstkauf ausschlaggebend ist, hängt es vor allem vom Geschmack ab, ob ein Produkt erneut gekauft wird.
Und bei der Qualität der pflanzlichen Lebensmittel hat sich in den letzten Jahren einiges getan, erklärt Wiederkehr. Die veganen Alternativprodukte, die heute erhältlich sind, hätten mit dem Fleischersatz von vor ein paar Jahren nichts mehr zu tun.
Das bestätigt auch Spar-Unternehmenssprecherin Nicole Berkmann im Gespräch mit dem KURIER. Sie bezeichnet die früheren Versuche, Fleisch zu ersetzen, als „Chemiebaukasten“. Heute erhalten Kunden „naturbelassene und wirklich auch geschmacklich gute Produkte“, sagt sie.