Mehr als ein halbes Jahrhundert später macht sich die türkische Rockmusikerin Gaye Su Akyol, 1985 in Istanbul geboren, mit drei Passagieren auf eine ähnliche Reise: In „Consistent Fantasy Is Reality“ spielt sie die coole Fahrerin eines Kleinbusses, der unvermutet abhebt und – vorbei an Neptun, Uranus und Krypton – unsanft auf einem fremden Planeten landet. Dort blüht (noch) die Fantasie – zumindest in der aufwendigen Koproduktion der Komischen Oper Berlin mit der Wiener Staatsoper, die am Freitag im NEST umjubelte Premiere hatte.
Die „glitzernd-glamouröse Musiktheater-Rebellion“ ist eigentlich ein Jukebox-Musical: Julia Jordà Stoppelhaar erfand zu Songs von Gaye Su Akyol, darunter vom Album „İstikrarlı Hayal Hakikattir“ aus 2018, eine eher dürftige Handlung. Die Göttin UmaXT impft den Herbeigebeamten ein, sich die Fantasie nicht von Machthabern stehlen zu lassen.
Unlogischerweise kommt in der spektakelartigen Inszenierung von Esteban Muñoz Herrera aber viel computergeneriertes Videomaterial zum Einsatz. Ein hoch vergnüglicher Spaß für alle ab 13 ist die 90-minütige „Show“ (so der verwendete Ausdruck im Programmblatt) trotzdem. Denn es tauchen allerlei sonderbare Gestalten, darunter Cyborgs und ein doppelköpfiger Papagei, auf. Und die mit türkischen Arabesken durchzogene Rockmusik, zum Großteil live von einer Band gespielt, wird mit abendländischer Barockmusik (Arien von Händel und Pergolesi) ergänzt. Synthesizer-Cembaloklänge würden in der Staatsoper für Entsetzen sorgen. Im NEST geht sich das locker aus.