Wenn das nicht kurios ist: Eine lyrisch-komische Oper, die in Spanien spielt, auf einer englischen Komödie aus dem 18. Jahrhundert basiert, wird von einem russischen Komponisten 1940 mitten im zweiten Weltkrieg in der damaligen Sowjetunion im italienischen Stil geschrieben.
Aber noch kurioser ist die ziemlich verworrene Handlung dieser außerhalb Russlands kaum gezeigten Rarität „Die Verlobung im Kloster“ von Sergej Prokofjew, die jetzt am Theater an der Wien aufgeführt wird.
Die hübsche Luisa sollte den reichen, älteren Fischhändler Mendoza heiraten, liebt jedoch den jungen, feschen aber mittellosen Antonio. Ihre Anstandsdame, die Duenna, hat dagegen schon längst ein Auge auf den Fischhändler geworfen und tauscht die Rolle mit der jungen Luisa. Deren Bruder Ferdinand wiederum liebt die reiche Clara, die nach einem Streit beschlossen hat, ins Kloster zu gehen. Nach etlichen Verwirrungen gibt es bei diesem turbulenten Verwechslungs- und Verkleidungsspiel mit Elementen der Commedia dell’Arte doch ein Happyend, alle Paare finden ausgerechnet im Kloster richtig zusammen.
Dafür hat Paolo Fantin eine mit Lichtschranken eingerahmte Bühne mit einem System von kleinen und größeren Räumen erfunden, die schnelle Szenenwechsel ermöglichen, mit Kostümen der 1950er Jahre von Klaus Bruns. In diesem ziemlich nüchternen Ambiente fast ohne Versatzstücke mit vielen, reichlich genützten Türen lässt Damiano Michieletto, der schon mehrfach hier am Haus inszenierte, diese turbulente Verwechslungskomödie frech, provokant, teils grob, rasant und mit viel Witz mit etlichen choreographischen Tanzeinlagen ablaufen. Die Mönche des Klosters werden mit Bierkrügen beschwipst und geldgierig gezeigt, die unter ihren Kutten Strapse und Dessous tragen. Dominiert wird die Szenerie fallweise von einem riesigen, schwebenden Fisch, der Flossen und Maul mit spitzen Zähnen bewegen kann und einmal Don Jerome zu verschlingen droht. Zum Schluss ist er nur noch ein Skelett.
Beim teils recht laut und teils etwas zu wenig subtil singenden Ensemble fallen Evgeny Akimov als Don Jerome mit exzellentem Charaktertenor und der stimmgewaltige, hochkomödiantische Valery Gilmanov als Fischhändler Mendoza, stark an Falstaff erinnernd, mit enormer Präsenz und Resonanz auf. Mit glasklarem Sopran singt Stacey Alleaume eine entzückende Luisa. Als ihren Geliebten hört man Vladimir Dmitruk als Don Antonio, der mit seiner sehnsüchtigen Liebesarie durch die ganze Oper mit höhensicherem Tenor begleitet. Obwohl indisponiert angesagt, kann Elena Maximova als Duenna schönstimmig und auch mit viel Lust am komödiantischen Spiel punkten. Anna Goryachova fasziniert als Clara auch mit ihrem verzweifelten Gesang wegen Ferdinand, den Petr Sokolov gut singt. Von den vielen kleineren Rollen gefallen Zoltan Nagy als Carlos und die vier Solisten aus den Reihen der Mönche, bei denen Sorin Coliban heraussticht. Spielfreudig und ausgewogen wie immer erlebt man den Arnold Schoenberg Chor.
Prickelnd, kichernd und rhythmusorientiert aber auch wunderbar lyrisch ist Prokofjews Musik teils im Deklamationsstil. Sie wird vom ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter dem jüngeren Dirigenten und Hausdebütanten Dmitrey Matvienko exakt, nuancen- und farbenreich wiedergegeben.