Nachdem ein russisches Gericht den Verkauf der Russland-Tochter der Raiffeisen Bank International (RBI) am Donnerstag de facto blockierte, setzte es für die Aktien der Bank am Freitag kräftige Kursverluste.
Die Papiere verloren an der Wiener Börse zeitweise mehr als 7 Prozent. Gegen Mittag notierten sie mit einem Minus von 6 Prozent bei 16,91 Euro.
„Weitere Verzögerungen“
Mit der Entscheidung des Gerichts verlängere sich die schwierige Situation, in der sich die RBI mit ihrer Russlandtochter befinde, sagt Wifo-Bankenexperte Thomas Url. Die RBI müsse jetzt, wie von der EZB gefordert, den Geschäftsumfang in Russland weiter zurückfahren. Die Russland-Tochter zu verkaufen sei aber noch einmal ein Stück schwieriger geworden.
Die Entscheidung des Gerichts werde unweigerlich zu weiteren Verzögerungen führen, hieß es dazu in einer Aussendung der RBI vom Donnerstag. Konkret hatte das russische Gericht eine einstweilige Verfügung erlassen, laut der alle Aktien der 100 prozentigen russischen Tochter einer Verfügungsbeschränkung unterliegen.
Strabag-Deal gescheitert
Der Versuch die Russland-Tochter über eine Umgehungskonstruktion loszuwerden und Teile der Gewinne aus Russland im Tausch gegen Anteile am Baukonzern Strabag aus dem Land zu bekommen, wurde im Mai von der RBI abgesagt. Dabei dürfte auch Druck der US-Sanktionsbehörde Ofac eine Rolle gespielt haben. Die Entscheidung des russischen Gerichts vom Donnerstag steht damit jedenfalls im direkten Zusammenhang.
Schadenersatzklage
Denn Rasperia Trading, das die Anteile an der russischen Tochter im Tausch gegen ursprünglich dem russischen Oligarchen Deripaska gehörende Anteile an der Strabag übernehmen sollte, hatte deshalb ein Gerichtsverfahren gegen die Strabag und die russische RBI-Tochter eingereicht und Schadenersatz in Höhe von 1,9 Mrd. Euro gefordert. Das Geld soll bei der russischen RBI-Tochter eingetrieben werden, deren Verkauf deshalb vorläufig untersagt wurde.
Der AO Raiffeisenbank, so die Bezeichnung der russischen RBI-Tochter, werde in der Klage kein Fehlverhalten vorgeworfen, betont die RBI in ihrer Aussendung vom Donnerstag. Die Strabag teilte am Freitag mit, dass sie mit „keinen wirtschaftlichen Auswirkungen“ auf den Baukonzern aufgrund der Rasperia-Klage rechne.
Rechtliche Mittel angekündigt
Die RBI kündigte an, mit allen rechtlichen Mitteln gegen die Gerichtsentscheidung vorgehen zu wollen. Die Bank hatte zuletzt signalisiert, dass es Interssenten an der Russland-Tochter gebe. Die dürften aus Nicht-Boykottländern, etwa der Türkei oder Saudi Arabien, kommen, vermuten Marktbeobachter. Zuletzt hieß es, dass ein Teilverkauf von 60 Prozent das wahrscheinlichste Szenario sei.
„Nicht unerheblicher Abschreibungsbedarf“
Auch wenn die Bank vor russischen Gerichten erfolgreich sein und die Verfügungsgewalt über die Anteile wieder zurückerhalten sollte, gebe es noch einen Stolperstein, sagt Url. Denn ob die russische Regierung einem Verkauf der RBI-Tochter zustimme, sei fraglich.
Wenn es nicht gelinge, das Eigenkapital, das in der Russlandtochter gebunden sei und die Gewinne, die bisher erwirtschaftet worden seien von einem Käufer ersetzt zu bekommen, drohe der Bank ein nicht unerheblicher Abschreibungsbedarf, so der Wifo-Bankenexperte: „Dieses Damoklesschwert hängt über der RBI.“
Zuletzt erwirtschaftet die Russland-Tochter der Bank mit 705 Mio. Euro Gewinn immerhin fast die Hälfte des Überschusses der RBI von insgesamt 1,436 Mrd. Euro in den ersten 6 Monaten des laufenden Jahres.