Der russische Gazprom-Konzern hat angekündigt, seine Gaslieferungen an die OMV ab heute, Samstag, einzustellen. Über die Preisentwicklung nach dem Lieferstopp gehen die Meinungen auseinander.
Der ehemalige OMV-Chef Gerhard Roiss rechnet zwar nicht mit einem Anstieg des Gaspreises auf das Kriegsniveau von 2022 (zeitweise über 300 Euro pro MWh), kurzfristig werde es aber durchaus preistreibende Effekte geben, sagte er im Ö1-Morgenjournal. An der Börse sei eine Preiserhöhung bereits eingetreten.
Roiss fordert preisdämpfende Maßnahmen
„Das Problem, das wir hier haben, ist, dass diese Preissprünge auch beim Strompreis über die Gaskraftwerke durchschlagen und damit die Inflation wieder anfeuern“, so der frühere OMV-Chef. Er fordert daher preisdämpfende Maßnahmen von staatlicher Seite. Sein Vorschlag: Mit Teilmengen aus der strategischen Gasreserve des Staates soll das Gasangebot – wenn notwendig – an der Börse erhöht werden, um den Preis zu senken.
Dafür müssten die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden, so Roiss – und zwar rasch. Der Konsument dürfe nicht das Opfer der Preissteigerungen sein, wenn nicht agiert werde: „Das eine ist die Sicherheit, Gas zu haben. Das andere ist das Instrument, den Preis an der Börse zu beeinflussen. Der bestimmt sich aus Angebot und Nachfrage. Hier besteht die Gefahr, dass Spekulanten agieren und hier muss der Staat diese Gasmenge, diese Reserve, dazu einsetzen, um preisstimulierend zu wirken.“
Gewessler: Kein Preissprung
Umwelt- und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) bestätigt im Ö1-Mittagsjournal, dass es nach der Ankündigung von Gazprom am Freitag einen kurzen Preissprung am europäischen Handelsplatz gegeben habe, „der ist aber mittlerweile wieder zurückgegangen“.
„Stand heute gibt es keine Anhaltspunkte, dass die Preise für die Endkunden merklich ansteigen werden – kurzfristig wie auch mit Blick auf nächstes Jahr“, so die Ministerin.
Roiss‘ Vorschlag steht sie skeptisch gegenüber: „Die staatliche Reserve ist ein Sicherheitspolster für den absoluten Notfall“, so Gewessler. Sie diene dazu, dass bei einer Gasknappheit die Wohnungen warm bleiben und die Betriebe produzieren können. „So ist es im Moment im Gesetz vorgesehen.“ Eine Freigabe könne nur im Ernstfall erfolgen – sie selbst würde zur Vorsicht raten. „Einen wichtigen Sicherheitspolster für den absoluten Notfall sollte man nicht ohne Not aufgeben.“
Mit Blick auf das Gas, das Österreich über Deutschland bezieht, sagte Gewessler: „Die angekündigte Abschaffung der Gasspeicherumlage muss kommen – sonst wird Erdgas in Österreich unnötig verteuert.“ Man sei mit den deutschen Kollegen diesbezüglich im Austausch.
„Situation bereits erwartet worden“
Auch laut E-Control-Ökonom Johannes Mayer ist in der anstehenden Heizsaison nicht mit spürbaren Preissteigerungen zu rechnen. „Eine solche Situation ist an den Märkten bereits erwartet worden. Außerdem haben die Lieferanten ihre Preise für diesen Winter weitgehend abgesichert“, sagte er am Samstagvormittag im Gespräch mit der APA.
Auch für Kunden mit variablen Verträgen dürften die Folgen des Lieferstopps gering bleiben. „Wenn man einen solchen Vertrag abgeschlossen hat, wird man das geringfügig spüren. Die Auswirkung ist aber enden wollend.“ Konsumenten mit sogenannten Float-Tarifen stehe nach aktuellem Stand maximal eine Erhöhung von ein bis zwei Euro pro Monat ins Haus, schätzt Mayer.
Längerfristig, also über den Winter 2024/2025 hinaus, sei die Entwicklung des Preisniveaus aktuell schwer abschätzbar. „Wir sehen schon, dass die Märkte nervös sind“, so Mayer. Aus heutiger Sicht gehe der Markt allerdings davon aus, dass die Preise auch im vierten Quartal des kommenden Jahres stabil bleiben. „Das ist für die Haushalte eine gute Nachricht.“