Wenn die nächste Bundesregierung es nicht schafft, die Mehrausgaben um sechs Milliarden Euro zu reduzieren, dann sollte sie erst gar nicht antreten. Das ist geradezu lächerlich.
Die FPÖ hat der ÖVP im Herbst Vorschläge für Sparmaßnahmen übermittelt. Darunter befinden sich Ausgabenchecks bei Ministerien, Sparen bei Förderungen, im Sozialsystem und bei der Bildungskarenz. Würde das reichen?
Wichtig sind die großen Brocken. Die Ausgaben des Staates müssen für die nächste Legislaturperiode generell gebremst werden. Und die Politik muss endlich aufhören, die Pensionen permanent über der Inflationsrate zu erhöhen. In den nächsten Jahren müssen die Erhöhungen unterhalb der Inflationsrate bleiben, zudem muss das Pensionsantrittsalter steigen.
Viel diskutiert wird eine Reform der Bildungskarenz …
Ja, die Bildungskarenz gehört reformiert, die ist de facto eine Auszeit für Besserverdiener auf Kosten der steuerzahlenden Allgemeinheit. Dass jeder, der in Österreich bleiben kann, sofort vollen Zugang zum Sozialsystem hat, ist sicher auch ein Thema. Und bei den Unternehmensförderungen muss man endlich auf das Vorkrisenniveau zurückkommen. Da muss die Politik auch einmal die Wirtschaft bei der Nase nehmen, die bei jeder Gelegenheit nach einer neuen Förderung schreit.
Noch einmal zur Altersvorsorge: Weder FPÖ noch ÖVP hatten Einschnitte bei den Pensionen im Wahlprogramm stehen. Bei den Verhandlungen zur Dreierkoalition waren hier die Neos die treibende Kraft. Glauben Sie noch an eine größere Reform?
Ich bin optimistischer als vor einigen Monaten, weil der budgetäre Druck sehr groß ist. Die Kapitalmärkte wollen von Österreich wissen, wie wir unser Pensionssystem die nächsten Jahrzehnte finanzieren. Wir geben derzeit 30 Milliarden aus, nur um das Loch im Pensionssystem zu stopfen. Dieses Loch wächst auf 35 Milliarden an und wir leisten uns den Luxus, mit 61 in Frühpension zu gehen. Ob unter diesen Voraussetzungen noch jemand bereit ist, uns zu günstigsten Konditionen Geld zu leihen, das wage ich zu bezweifeln.
FPÖ und ÖVP würden gerne rein ausgabenseitig sparen. Es gilt als schwierig, damit genügend Milliarden aufzutreiben. Führende Ökonomen des Landes wie Christoph Badelt, Gabriel Felbermayr oder Holger Bonin haben auch einnahmenseitige Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung empfohlen. Sie auch?
Nein, wir sind kategorisch dagegen. Seit Jahrzehnten wird bei jeder budgetären Notlage das Argument vorgebracht, man müsse jetzt kurzfristig was auf der Einnahmenseite machen. Auch deshalb stehen wir budgetär dort, wo wir jetzt stehen. Ich verstehe auch die Argumentation der Wirtschaftsforschungsinstitute nicht. Sie sagen, dass weniger stark wachsende Staatsausgaben die Konjunktur schwächen – aber wenn man über neue Steuern den Gürtel bei der Bevölkerung enger schnallt, stört das die Konjunktur offenbar nicht. Ich sehe das genau umgekehrt.
Wie genau?
Ich glaube, dass die Stimmung der Bevölkerung eines der großen Probleme des Landes ist. Niemand hat Verständnis dafür, dass man bei einer so hohen Steuer- und Abgabenquote wieder in die Taschen der Bürger greift. Und zwar nur, weil die Regierung zu feig ist, die Ausgaben schwächer wachsen zu lassen und der Bevölkerung klar zu sagen, dass für zahlreiche Geldgeschenke einfach das Geld fehlt. Österreichs Staat hat einen Ausgabenüberhang von über 25 Milliarden Euro. Vor Corona lagen die Staatsausgaben bei 49 Prozent des BIP, jetzt bei 54,5 Prozent. Hier gilt es anzusetzen, bevor man von den Bürgern auch nur einen zusätzlichen Cent holt.
Sie fordern unter anderem eine Flat Tax nach polnischem Vorbild: 17 Prozent Steuern bis zur Höchstbeitragsgrundlage (6450 Euro brutto im Monat), danach wird mit 50 Prozent besteuert. Die Wirtschaftsforscher argumentieren ja auch, dass neben der Budgetsanierung zusätzlich Geld nötig ist, um Entlastungen finanzieren zu können. Wie sonst könnte man die dafür nötigen Milliarden freischaufeln, als über neue Einnahmen?
Bevor die Politik entlastet, muss sie zuerst das Budget sanieren. Bei den Entlastungen ist wichtig, dass sich nicht die Teilzeit rechnet – wie aktuell – sondern die Vollzeitarbeit. Wer weniger arbeitet, darf sich nicht erwarten, von der Allgemeinheit dafür entschädigt zu werden. Wer mehr leistet, muss einen höheren Netto-Stundenlohn haben. Deshalb das Flat-Tax-Modell.
Sie sind also für eine Schocktherapie bei der Budgetsanierung und erst danach sollen Maßnahmen für Wachstumsimpulse gesetzt werden?
Die wichtigste konjunkturfördernde Maßnahme ist ein sanierter Haushalt. Wenn das Budget nicht in Ordnung gebracht wird, ist jede Steuer- oder Lohnnebenkostensenkung die Steuererhöhung von morgen. Die Regierung hat nur eine Chance, das Vertrauen in den Standort zurückzuholen: Indem sie zeigt, dass sie die Probleme erkannt hat und bereit ist, sie zu lösen.
Sie kennen die Wirtschaftsprogramme von FPÖ und ÖVP. Beide lehnen zum Beispiel das Freihandelsabkommen Mercosur ab, sind teils isolationistisch. Ist eine blau-schwarze Regierung aus wirtschaftspolitischer Sicht eine Gefahr oder eine Chance für Österreich?
Den Kurs gegenüber der EU und die Fragen des Welthandels müssen die beiden Parteien klären. Völlig klar aber ist, dass eine offene kleine Volkswirtschaft wie Österreich ohne offene Märkte einen enormen Wohlstandsverlust hinzunehmen hätte. Und das kann in der derzeitigen Phase niemand wirklich wollen.