Heute hält Alexander Schallenberg (ÖVP) seine zweite Regierungserklärung als Bundeskanzler. Diesmal heißt der Vorgänger nicht Sebastian Kurz, sondern Karl Nehammer. Der ÖVP-Chef und Kanzler der türkis-grünen Regierung trat bekanntlich Anfang Jänner von all seinen politischen Ämtern zurück.
Ehe Schallenberg sich am Rednerpult erklärt, muss Finanzminister Gunter Mayr Rede und Antwort stehen. In einer „aktuellen Stunde“ der SPÖ, die betitelt ist mit: „Österreich verdient Ehrlichkeit: Wer wird das Budgetdesaster bezahlen, Herr Finanzminister?“ Und diese verläuft emotional.
Babler ortet „radikalen Kurs“ bei ÖVP
Wer müsse nun für das Budgetdefizit aufkommen? Die Großindustriellen und Banken, die Milliardengewinne gemacht hätten, nicht, kritisiert SPÖ-Chef Andreas Babler insbesondere die ÖVP eingangs.
Diejenigen, die es sich „immer gerichtet“ hätten, müssten auch jetzt keinen Beitrag leisten, die Pensionisten schon. Die Industriellen hätten sich in der ÖVP „mit ihren radikalen Kursen“ durchgesetzt.
Kritik am „Volkskanzler“
„Ich muss mich auch ein bisschen über die Freiheitlichen wundern“, ergänzt Babler. Bei Verhandlungen mit „den Türkisen“ sei Vorsicht wichtig, die FPÖ würde aber jetzt schon mit „den Großindustriellen“ mitschwimmen, ein Wahlversprechen nach dem anderen brechen.
Gleichzeitig würden die Menschen nicht verstehen, dass sich die ÖVP hergebe für den „Volkskanzler Kickl“. Laut Definition im Duden, 1941, hätte sich Adolf Hitler als solcher bezeichnet. Wer komme noch auf die Idee, sich heute Volkskanzler zu nennen, wundert sich Babler deshalb. „Bruno Kreisky“, „Alfred Gusenbauer“, lauten die Antworten aus den FPÖ-Rängen.
Nun liege es an der SPÖ, „Widerstand“ zu leisten. „Umso wichtiger ist es, der FPÖ und der ÖVP jetzt auf die Finger zu schauen.“
„Trägt nicht zu einer guten Reputation bei“
Gunter Mayr meint in seiner Replik, Bablers Kritik an den Budgetzahlen oder den Maßnahmen könne er nicht nachvollziehen. „Ich habe seit zwei Monaten permanent vor einem EU-Defizitverfahren gewarnt“, sagt Mayr. „Das trägt nicht einer guten Reputation bei, zum Glück konnten wir das abwenden.“
Mayr weiter: „Parteiobmann Babler, Ihre Position ist auf EU-Ebene eine einzigartige.“ Er würde kein EU-Land kennen, das freiwillig ein Defizitverfahren in Kauf nehmen würde. Roter Zwischenruf: „Der heißt im Haus Klubobmann, übrigens.“ Mayr antwortet: „Herr Klubobmann, gerne, wenn das der einzige Einwand ist.“
Wöginger: „Babler-Gruppe ist unfähig“
ÖVP-Klubchef August Wöginger betont in seiner Rede: „Die Babler-Gruppe in der SPÖ ist unfähig Verantwortung für Österreich zu übernehmen.“ Und, so Wöginger: „Wenn die Sozialdemokratie jemals wieder eine staatstragende Partei werden will, dann müssen sie die erste Reihe austauschen.“
Dann ein Aufreger: SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer meint in seinem kurzen Redebeitrag Richtung Mayr: „Sie sind mehr ein Propagandaminister als ein Finanzminister.“ Raunen.
Große Verwunderung über die SPÖ drückt Neos-Klubchef Nikolaus Scherak aus. Babler sei offensichtlich in Parallelverhandlungen gesessen. Die SPÖ sei „schlicht nicht bereit“ gewesen, Verantwortung zu übernehmen. „Deshalb sind diese Koalitionsverhandlungen gescheitert“, sagt Scherak.
Gegen 10 Uhr wird die Rede von Schallenberg erwartet. Für ihn geht es hernach gleich weiter via Zürich nach Davos zum Weltwirtschaftsforum.
Am Freitag trifft er wieder in Wien und als Außenminister auf seine australische Amtskollegin.