Die Mitte-Links orientierte Labor-Partei von Premier Anthony Albanese (62) wird voraussichtlich als Siegerin aus den Parlamentswahlen in Australien hervorgehen. Laut Sky News Australia und Australian Broadcasting Corporation zeigten erste Prognosen nach Schließung der Wahllokale die sozialdemokratische Labor-Partei vor der konservativen Opposition unter Spitzenkandidat Peter Dutton an erster Stelle. Unklar blieb aber zunächst, ob es auch für eine absolute Mehrheit reicht.
Neben dem konservativen Liberal-National-Bündnis von Oppositionsführer Dutton hatten sich auch zahlreiche unabhängige Kandidaten und kleinere Parteien zur Wahl gestellt. Die Labor-Partei war 2022 nach neun Jahren Regierung des Liberal-National-Bündnisses wieder an die Macht gekommen. Themen im Wahlkampf waren vor allem die hohe Inflation, die hohen Miet- und Immobilienpreise sowie die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump.
Die Fernsehsender Sky News Australia und Seven prognostizierten, dass die konservative Koalition aus Liberalen und Nationalen nach den ersten Auszählungen nicht die Regierung stellen könnte. Auch der Wahlanalyst der Australian Broadcasting Corporation, Antony Green, sprach von einem Sieg der Labor Party.
18 Millionen Menschen durften zu den Urnen gehen
In Australien wählten rund 18 Millionen Menschen bei einer mit Spannung erwarteten Abstimmung ein neues Parlament. Im Vorfeld hatte es bereits geheißen, US-Präsident Trump könnte der amtierenden sozialdemokratischen Regierungspartei zur Wiederwahl verhelfen und der lange favorisierten konservativen Opposition zum Verhängnis werden – ähnlich wie zuvor in Kanada, wo die liberale Regierungspartei siegte. In Umfragen lag Premierminister Albanese fast überall vorn.
Sein Herausforderer Peter Dutton, Vorsitzender der rechtskonservativen Koalition aus Liberalen und Nationalen, wurde noch im Februar als wahrscheinlicher Sieger gehandelt. Dann aber machte er während des Wahlkampfes mit einigen umstrittenen Aussagen von sich reden.
Offensichtliche Nähe zu Trump-Politik könnte Dutton schaden
Speziell seine offensichtliche Nähe zur Politik Trumps brachte ihn ins Trudeln – für viele Australier ist der US-Präsident ein rotes Tuch. Dutton kündigte unter anderem an, mehr als 40.000 Staatsbedienstete zu entlassen und mobiles Arbeiten für öffentliche Angestellte zu verbieten. Später rückte er wegen zunehmender Kritik von diesen Positionen wieder ab. Auch sein Vorhaben, in Australien die ersten Atomkraftwerke auf dem Kontinent bauen zu lassen, entpuppte sich ausweislich der Umfragen als Eigentor.
„Zu Beginn des Wahlkampfs glaubte er fälschlicherweise, es würde ihm nützen, dem wahnsinnigen Clown im Weißen Haus nachzueifern“, schrieb die Zeitung „Sydney Morning Herald“ kurz vor der Wahl. „Als man ihn darauf hinwies, dass die überwiegende Mehrheit der Australier Trump überhaupt nicht mag, versuchte er, den Kurs zu ändern. Aber ein Leopard kann seine Flecken nicht abstreifen“, kommentierte das linksliberale Blatt Duttons schlechte Umfragewerte. Die Zeitungen und Fernsehsender des Medienmoguls Rupert Murdoch empfahlen dagegen wie üblich, die Konservativen zu wählen.
Andrang in den Wahllokalen in der Früh teils groß
Der Andrang in den Wahllokalen war in der Früh teils groß, wobei in Australien auch Wahlpflicht herrscht. So mancher ging gleich vom Strand noch in Badehose ins Wahllokal. Zentrales Wahlkampfthema waren die hohen Lebenshaltungskosten und der akute Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Sowohl Albanese als auch Dutton haben versprochen, den finanziellen Druck auf die Bevölkerung zu verringern.
Während bei Albaneses Labor-Partei ansonsten noch eine bessere Gesundheitsversorgung sowie günstigere Kinderbetreuung und Stromrechnungen im Mittelpunkt standen, setzte Dutton vor allem auf Steuersenkungen, Bürokratieabbau und eine deutlich schärfere Migrationspolitik. Auch versprach er, das gesetzliche Atomkraftverbot aus den 1990er Jahren abzuschaffen.
Der Wahlkommission zufolge haben mehr als acht Millionen Wahlberechtigte schon im Vorfeld entweder per Briefwahl oder per frühzeitiger Stimmabgabe abgestimmt. Das sind etwa 45 Prozent der Wahlberechtigten. Wer gar keine Stimme abgibt, muss mit einer Geldstrafe von umgerechnet 11 Euro rechnen.
Bei dem Votum werden alle 150 Sitze im Unterhaus und 40 der 76 Sitze im Senat neu besetzt. Falls keines der beiden Lager die für eine absolute Mehrheit im Repräsentantenhaus erforderlichen 76 Sitze erreicht, könnten die australischen Grünen (Australian Greens, AG) und unabhängige Kandidaten eine entscheidende Rolle spielen.
Die Wahllokale sind bis 18.00 Uhr Ortszeit (10.00 Uhr MESZ) geöffnet. Ergebnisse werden im Laufe des Abends erwartet.