Andreas Widhölzl hört es nicht so gerne, wenn seine Springer Superadler genannt werden. In Anlehnung an die österreichische Erfolgsgeneration rund um Thomas Morgenstern und Gregor Schlierenzauer, die vor eineinhalb Jahrzehnten auf den Schanzen dieser Welt einen sportlichen Coup nach dem anderen gelandet hatten.
Widhölzl hält es als Cheftrainer lieber bodenständig und neigt nicht dazu, abzuheben. Auch wenn seine Skispringer in anderen Sphären schweben. „Ich habe wirklich Schiss, dass jeder glaubt, dass es so weitergeht und wir alles zerreißen“, gesteht der Tiroler Erfolgscoach vor dem Saisonauftakt am Freitag in Lillehammer.
Punkterekord
Österreichs Springer hatten im vergangenen Winter die Lufthoheit und degradierten die Konkurrenz phasenweise zu Flugbegleitern. Sieht man einmal von der Vierschanzentournee ab, haben die Österreicher alle Titel und Trophäen eingeheimst, die es im Skispringen gibt.
Stefan Kraft gewann zum dritten Mal den Gesamtweltcup, Daniel Huber sicherte sich den Skiflug-Weltcup, in der Nationenwertung siegte Österreich mit neuem Punkterekord und 3.000 Zählern Vorsprung auf Slowenien. Dominator Stefan Kraft holte zudem Gold bei der Skiflug-WM am Kulm und feierte 13 Weltcupsiege. In Summe hatte das Team von Andreas Widhölzl am Ende der Saison 41 Podestplätze vorzuweisen, davon 20 Siege. „So eine Saison ist schwer zu wiederholen oder zu toppen“, weiß der Trainer.
Aber was spricht andererseits schon dagegen, dass die Österreicher weiter ihren Hauptwohnsitz auf Wolke sieben haben?
Widhölzl schwärmt etwa von der Entwicklung von Jan Hörl und Daniel Tschofenig, die zuletzt im Training sogar Gesamtweltcupsieger Stefan Kraft überflügelten. „Ich habe nicht nur einen Siegspringer, sondern eine brutal gute Mannschaft, bei der jeder zuschlagen kann.“
Leistungsdichte
Wenn es wirklich eine Problemzone gibt im österreichischen Skisprungteam, dann, dass es zu viele Kandidaten für zu wenige Startplätze gibt. Weil der 18-jährige Stephan Embacher im Frühjahr Juniorenweltmeister wurde und der 39-jährige Manuel Fettner im Sommer im Kontinentalcup siegte, erhielt der ÖSV zwei zusätzliche Startplätze und kann in Lillehammer immerhin sieben Athleten stellen.
Trotzdem muss Andreas Widhölzl hochveranlagte Skispringer in den Kontinentalcup degradieren, die in jeder anderen Nation Fixstarter und Leistungsträger wären. „Das sind für mich die härtesten Entscheidungen, wenn ich Leute nicht im Weltcup mitnehmen kann, die es sich verdient hätten.“