Startseite Politik So stellt sich die Pilnacek-Kommission die neue Weisungsspitze vor

So stellt sich die Pilnacek-Kommission die neue Weisungsspitze vor

von Max

Pilnacek wurde im Februar 2021 suspendiert und ist im Oktober 2023 gestorben. Aber das System bietet weiterhin Einfallstore. Die Kommission empfiehlt deshalb dringend die Einrichtung einer unabhängigen Weisungsspitze, konkret einer Bundes- bzw. Generalstaatsanwaltschaft.

Dass diese nicht aus einer Person bestehen soll, sondern die Macht auf mehrere Personen aufgeteilt werden soll, wird so argumentiert: „Die Fehlbesetzung einer Person eines mehrköpfigen Gremiums kann leichter verkraftet werden. Dieselbe an der Spitze einer monokratischen Struktur kann den Rechtsstaat gefährden.“

Wie also stellt sich die Kommission diese neue Bundes- bzw. Generalstaatsanwaltschaft konkret vor? 

Eines vorweg: Der Vorschlag geht viel weiter als alle Vorschläge bisher – so auch weiter als jener, den eine von Justizministerin Alma Zadić eingesetzte Arbeitsgruppe im Sommer 2022 vorgelegt hat. 

  • Neue Bundesstaatsanwaltschaft soll Ministerin und Weisungsrat ersetzen

Staatsanwaltschaften müssen in Verfahren, die von öffentlichem Interesse sind oder in die Personen von öffentlichem Interesse involviert sind, an ihre Oberbehörden berichten und sich ihre Vorhaben – Anklage oder Einstellung – absegnen lassen. 

Die Kommission bezeichnet das als „30 Augen Prinzip“, das zuweilen frustrierend sei und den Abschluss verzögert. Und: Der Berichtsweg schaffe, wie erwähnt, Einfallspforten für „nicht immer sachgemäße Interventionen“. 

Vorgeschlagen wird deshalb, den Berichtsweg zu verkürzen – auf zwei Instanzen. Das Justizministerium und der Weisungsrat, der die Ministerin berät, sollen herausgenommen werden. Bleiben also nur noch die Staatsanwaltschaft als erste Instanz und die Oberstaatsanwaltschaft oder eben die neue Bundestaatsanwaltschaft als zweite. 

  • WKStA-Chefin soll mitentscheiden

Es sei nicht zwingend notwendig, eine völlig neue Behörde zu gründen, heißt es. Die Bundesstaatsanwaltschaft (im Bericht wird sie im Folgenden nur noch so genannt) soll sich aus den leitenden Oberstaatsanwälten, der Leiterin der WKStA und der Generalprokuratorin zusammensetzen. 

Dass die WKStA-Chefin (derzeit Ilse Vrabl-Sanda) dort einen Platz einnehmen soll, ist neu. 

Neu ist auch, dass die Generalprokuratorin (derzeit Margit Wachberger) an der Spitze stehen und als „prima inter pares“ Sprecherin und Vertreterin der BStA nach außen sein soll. Bei Stimmengleichheit innerhalb des Gremiums soll ihre Stimme die entscheidende sein.  

  • Worüber entschieden wird, ist selbst festzulegen

Welche Einzelstrafsachen sich die BStA vorlegen lässt, sollte nicht vom Gesetzgeber, sondern von der BStA selbst festgelegt werden – und zwar im Rahmen der Geschäftsordnung. Das würde eine „drastische Reduktion“ der Fälle bedeuten, steht im Kommissionsbericht. Zudem wäre es besser möglich, „auf aktuelle Probleme und Bedürfnisse zu reagieren“. 

  • Keine „Promi-Behandlung“ mehr

An einer anderen Stelle heißt es, dass die Berichtspflichten auch gesetzlich eingeschränkt werden – und zwar auf „nicht hinreichend geklärte Rechtsfragen“. Die „Person des Täters“ soll nicht mehr ausschlaggebend sein. Das würde bedeuten, dass ein Kanzler künftig genauso unkompliziert angeklagt werden könnte wie der Normalbürger (der KURIER berichtete bereits am Montag, siehe unten). 

Justizministerin Zadić erklärte am Dienstag nach Veröffentlichung des Berichts, dass aus ihrer Sicht neue Regeln für „clamorose Fälle“ nötig seien. Diese sollten künftig nicht mehr anders behandelt werden.

  • Unabhängigkeit in der Verfassung verankern

Durch eine Änderung im Bundesverfassungsgesetz (B-VG) und durch eine explizite Verfassungsbestimmung soll die Unabhängigkeit abgesichert werden. 

  • Jährlicher Bericht über Tätigkeit

Nach Vorbild der Europäischen Staatsanwaltschaft könnte die BStA jährlich über ihre Tätigkeit berichten und allgemeine, „nicht Einzelstrafsachen betreffende Gespräche“ mit der Justizministerin führen. 

  • Nominierung durch Fachpersonal

Die Bestellung soll durch den Bundespräsidenten erfolgen – und zwar nach Vorschlag einer „qualifizierten Personalkommission“. Eingebunden werden sollen „leitende Richterpersönlichkeiten mit hohem öffentlichen Ansehen“, um im Voraus der Unterstellung zu begegnen, es gebe parteipolitische Absprachen und Einflussnahme. 

  • Amtszeit von zwölf Jahren

Ähnlich wie bei der Rechnungshofpräsidentin soll die Amtszeit maximal zwölf Jahre betragen – ohne Möglichkeit auf Wiederbestellung. 

Eine vorzeitige Abberufung soll durch ein Höchstgericht entschieden werden – nach Antrag einer Zweidrittelmehrheit im Parlament oder durch sonstige Mitglieder der BStA. 

  • Kontrolle nur durch Gerichte

Die Ausführungen zur Abberufung sind übrigens das erste Mal, dass in diesem Konzept das Wort „Parlament“ auftaucht. 

Was es deutlich von den bisher diskutierten politischen Konzepten unterscheidet: ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler will das Parlament bei Bestellung, Abberufung und laufender Kontrolle einbinden, die grüne Ministerin Alma Zadić will, dass zumindest der derzeitige Standard an parlamentarischer Kontrolle bestehen bleibt.

Im Konzept der Kommission heißt es nun: „Die externe Kontrolle der Staatsanwaltschaften ausschließlich durch die Gerichte.“ 

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