Die meisten Umfragen sehen Andreas Babler (SPÖ) an der dritten Stelle hinter FPÖ und ÖVP, eine IFES-Umfrage sieht ihn als Zweiter. Er glaubt an das Duell mit Herbert Kickl.
KURIER: Sie hatten am Donnerstag im ORF das direkte Duell mit ÖVP-Kanzler Karl Nehammer. Wie haben Sie diesen Auftritt empfunden?
Andreas Babler: So wie es alle empfunden haben, die zugesehen haben. Ich war einigermaßen verwundert, dass der Kanzler so hart und aufgeladen mit ideologischen Kampfbegriffen diskutiert hat. Ich habe das zur Kenntnis genommen und bin nicht darauf eingestiegen.
Bei den Zuseherinnen und Zusehern ist auch übrig geblieben, dass Sie sich kaum vorstellen können, dass es nach dem Wahltag am 29. September eine gemeinsame Gesprächsbasis geben kann.
Gestört hat mich, dass er jedes Mal, wenn ich eine Perspektive für Menschen aus der Mitte der Gesellschaft eingebracht habe, was Politik für die konkreten Lebensrealitäten bedeutet, wie ich Politik verstehe, sehr aggressiv unterbrochen hat.
In so einer Diskussion geht es oft um das Verhältnis zwischen Staat und privat. Im Programm der SPÖ finden sich viele Beispiele, wo es um mehr Eingriffe durch den Staat geht. Das reicht von der Zahnbehandlung bis zum 23. Lebensjahr über Vorgaben für Mieten bis zum kostenlosen Klimaticket vor dem 18. Geburtstag. Hat sich der Staat bis jetzt zu sehr zurückgenommen?
Im Gegenteil, er hat stark agiert, aber nur dann, wenn die ÖVP Superreichen ohne jegliche gesellschaftliche Notwendigkeit wieder und wieder Milliardengeschenke gemacht hat. Der Staat müsste aber vielmehr regeln, dass wir individuell geschützt sind. Etwa, wenn wir krank sind, dass wir den Anspruch auf eine Versorgung haben. Die Maßnahmen dieser Regierung sind aufs Gegenteil hinausgelaufen. Wir haben beispielsweise jetzt weniger Kassenärzte und mehr Privatärzte.
Da Sie den Begriff bezüglich einer Vermögenssteuer immer wieder verwenden: Wer sind für Sie die Superreichen?
Wir haben da ein ganz konkretes Modell, wo sichergestellt ist, dass Häuslbauer nicht betroffen sind. Es geht um jenen Bereich, wo die Vermögenskonzentration ist, nämlich bei den obersten zwei Prozent, die Hunderte Millionen oder gar Milliarden schwer sind.
Es geht nicht auch um die Landwirte, die zum Beispiel einen großen Waldbesitz haben?
Sie würden sich wundern, wie viel Zuspruch wir aus der Landwirtschaft haben. Es ist neu, dass die SPÖ ein Agrarprogramm vorgelegt hat, wie man die kleinen und mittleren Bauern schützen kann. Bis zu einer Größe von 150 Hektar sind Landwirte in unserem Modell deshalb auch von der Vermögensbesteuerung ausgenommen.
Die Einführung einer Vermögens- bzw. einer Erbschaftssteuer ist einer Ihrer wichtigsten Punkte. Sie haben sich aber noch nie festgelegt, ob das bei kommenden Koalitionsverhandlungen für die SPÖ eine rote Linie darstellt.
Wichtig ist, dass man weiß, dass das nicht den Mittelstand trifft, dass es auch nicht die kleineren und mittleren Unternehmen trifft. Es sind auch keine Häuslbauer betroffen, das habe ich versprochen. Es trifft nur die großen Villen in bester Immobilienlage. Aber man muss eine Politik auch so ehrlich skizzieren, dass ein Mehr an Leistungen für die Bevölkerung, dass Investitionen im Gesundheitsbereich, dass 4.000 Polizisten mehr auf der Straße oder auch ein Mehr an Pädagogen kostet. Und wir haben dazu eine realistische Gegenfinanzierung aufgestellt. Es ist notwendig, zu sagen, wo man das Geld für all das hernimmt.
„bei Gebhart“: Das ausführliche KURIER TV-Interivew mit SPÖ-Chef Babler
Für solche neuen Steuern sprechen sich neben der SPÖ aber nur die Grünen aus.
Auch in der ÖVP bröckelt schon die Position. Es gibt da jetzt eine gewichtige Stimme aus Tirol, die sich dafür ausspricht.
Aus der Tiroler Arbeiterkammer.
Einer, der bei den Schwarzen großen Einfluss hat, würde ich sagen. (Anm.: Erwin Zangerl). In der Realpolitik ist er angesichts seiner Funktion jemand, der Arbeitnehmer vertritt. Er spricht sich dafür aus und sagt, dass es an der Vermögensbesteuerung vorbei keinen Weg geben wird. Wir sehen auch, dass sich Großspender hinter den Neos dafür aussprechen, dass die Superreichen einen Beitrag leisten müssen. Bei der ÖVP finde ich es bemerkenswert, wenn Kanzler Nehammer sagt, dass es mit ihn keine Vermögens- und keine Erbschaftssteuer geben wird. Dann wird es eben eine andere ÖVP sein müssen, mit der man das durchsetzt.
Beim Pensionssystem wollen Sie auch nichts ändern. Sie haben sich festgelegt, dass es mit der SPÖ keine Erhöhung des Pensionsalters geben wird. Trotz der demografischen Entwicklung, die das System immer teurer macht.
Die Pensionsbeiträge machen 13,7 Prozent des BIP (Anm.: Bruttoinlandsprodukt) aus und werden 2070 bei 14 Prozent liegen. Deswegen sagt uns auch der EU-Aging-Report, dass das Pensionssystem bis 2070 sicher ist. Es muss den Menschen auch die Sicherheit gegeben werden, dass sie eine Pension haben werden, die gesetzlich gut abgesichert ist. Und man muss anerkennen, dass 45 Jahre im Berufsleben genug sind.
Noch einmal zurück zu den Koalitionsbildungen: Der grüne Vizekanzler Werner Kogler hat im Interview mit dem KURIER gesagt, dass er Ihnen viel Spaß wünsche, wenn sie mit der ÖVP und den Neos in eine Dreierkoalition gehen. Dann werden Sie Ihre Sozialthemen nicht umsetzen können.
Viel Spaß wünsche ich Werner Kogler, wenn er auf seine Bilanz schaut. Es gibt noch immer kein Klimaschutzgesetz. Dabei brenne ich als Vater einer Tochter dafür, dass es bezüglich der CO2-Emissionen verbindliche Vorgaben gibt. Ich bin da auch mit den besten Wirtschaftsforschern Europas im Austausch, die sagen, wir brauchen Strategien für die Transformation.
Wenn es um die Transformation geht, setzen Sie auf E-Autos und sind für das Ende der Verbrennermotoren, wogegen sich etwa die ÖVP ausspricht?
Wenn es nach der ÖVP geht, würden wir wahrscheinlich noch auf die Pferdekutsche setzen. Natürlich wird die E-Mobilität wichtig sein. Da geht es beispielsweise um die Frage, wo gerade die neuesten Batterie-Werke für E-Autos entstehen. 40 sind in ganz Europa geplant oder im Entstehen, kein einziges davon in Österreich. Das finde ich grob fahrlässig und es wird unseren Standort massiv gefährden.
Im ORF-Sommergespräch haben Sie gesagt, dass Sie Kanzler werden wollen. Und wenn nicht, wird es eine wichtige Rolle in der Opposition geben. Vizekanzler wollen Sie also nicht werden?
Die Menschen können sich das Sommergespräch noch einmal anschauen. Dann werden sie hören, dass es auch noch einen dritten Satz gegeben hat. Dass man nämlich auch mit allen verhandeln muss. Aber Sie sehen auch, dass wir jetzt einen Turbo gezündet haben und in einer aktuellen Umfrage (Anm.: IFES) vor der ÖVP und hinter der FPÖ an zweiter Stelle liegen.
Bei der Präsentation des SPÖ-Wahlprogramms haben Sie in dieser Woche das Duell mit Herbert Kickl von der FPÖ ausgerufen. Laut vielen anderen Umfragen wird das sehr schwierig.
Natürlich wissen wir, dass wir hinter der FPÖ liegen und noch ein Stück zu gehen haben. Uns unterscheidet aber von Karl Nehammer, dass er bedingungslos mit der FPÖ zusammengehen würden. Ob mit oder ohne Herbert Kickl, ist da nur zweitrangig. Vielmehr ist die FPÖ insgesamt für diese demokratische Republik ein sehr großes Risiko. Wir schließen die FPÖ bedingungslos aus.
Im Gegensatz zu den anderen Parteien haben Sie zusätzlich die Schwierigkeit gehabt, während des Wahlkampfs auch innerparteiliche Debatten führen zu müssen. Sind Sie überzeugt, dass alle SPÖ-Landesparteien bis zur Wahl für das Ziel einer roten Kanzlerschaft laufen werden?
Ja, und es macht mich stolz, wenn von Vorarlberg mit Antonio Della Rossa bis zum Burgenland mit Maximilian Köllner dafür gelaufen wird. Seit Monaten bin ich außerdem unter so vielen Leuten gewesen wie kein anderer Spitzenkandidat. Ich habe dabei auch viele Menschen getroffen, die eigentlich gar nichts mit der SPÖ zu tun haben, sich aber jetzt für die SPÖ engagieren.