Der österreichische Zulieferer FACC etwa wächst gemeinsam mit Herstellern aus den USA und China kräftig. Auch das in Salzburg ansässige Start-up Fly Now Aviation, das vertikal startende und landende Fluggeräte entwickelt, setzt große Hoffnungen in den Bereich.
Fly-Now-Geschäftsführer Jürgen Greil sieht in der sogenannten 3D-Mobilität bei der sich Menschen oder Güter nicht nur zweidimensional auf Straßen, Schiene oder dem Wasser, sondern auch in einer dritten Dimension, der Luft, fortbewegen, bevorstehenden Wechsel im Verkehrssystem.
Massengeschäft
Hersteller wie Lilium oder Volocopter hätten den Fehler gemacht, auf das Premium-Segment zu setzen, meint Greil. Potenzial sieht er nicht in Flügen gut betuchter Passagiere vom Flughafen in die Stadt, sondern im Massengeschäft. Mit den Fluggeräten seines Unternehmens will er Lösungen für breite Bevölkerungsschichten anbieten.
Er hat viele Jahre für BMW gearbeitet und auch für den chinesischen Autohersteller Great Wall eine Fahrzeugplattform für Brennstoffzellen- und Elektromotoren entwickelt. In der Automobilindustrie kennt er sich aus. Und genauso wie Ford und VW durch die Senkung der Produktionskosten Autos im vergangenen Jahrhundert in die breite Masse gebracht haben, will sein Unternehmen es mit Fluggeräten machen. „Wir wollen den VW Golf der Lüfte bauen“, sagt Greil.
Probleme mit Staus
Die Frage, ob der Markt Zukunft habe, stellt sich für ihn nicht. In vielen Ländern habe man Probleme mit Staus, die enorme volkswirtschaftliche Schäden verursachen, erläutert Greil. In Riad stehe jeder Autofahrer zusammengerechnet einen Monat pro Jahr im Stau. Auch in der EU würden Staus und Unfälle für enorme Kosten von bis zu 1.000 Mrd. Euro jährlich sorgen. Lösungen seien dringend notwendig.
Es gebe auch viele Länder, die über eine große Fläche aber nur eine geringe Bevölkerungsdichte verfügen. Finanzielle Mittel, um Straßen und Verkehrsinfrastruktur zu bauen und zu erhalten, würden fehlen. Schaffe man es, ein Verkehrsmittel zur Verfügung zu stellen, das mit weniger Ressourcenaufwand bei Fahrzeugen und Infrastruktur auskomme, habe man einen wirtschaftlichen Vorteil. „Länder, die diese Chance erkennen und ergreifen, werden die großen entwickelten Länder des 21. Jahrhunderts sein“, ist Greil überzeugt.
Einsatzmöglichkeiten auch in Österreich
Auch in Österreich sieht Greil trotz gut entwickelter Infrastruktur schon heute viele Einsatzmöglichkeiten für seine Fluggeräte, etwa bei der Versorgung von Berghütten, der Auslieferung von Medikamenten oder bei der Früherkennung und Bekämpfung von Waldbränden.
Die Fluggeräte von Fly Now werden im Gegensatz zu denen vieler anderer Anbieter als Helikopter klassifiziert. Viele regulatorische Fragen, die anderen Herstellern Kopfzerbrechen bereiten, sind bereits geklärt. Bis 2027 will Fly Now erste kommerzielle Anwendungen im Lastentransportbereich starten. Derzeit werden die Drohnen in Salzburg getestet. Für 2029 rechnet Greil auch mit der Zertifizierung für den Personenverkehr.
Nicht ganz so euphorisch, aber durchaus zuversichtlich ist Robert Machtlinger, Chef des oberösterreichischen Luftfahrtzulieferers FACC. Das Unternehmen aus dem Innviertel arbeitet u. a. mit dem US-Unternehmen Archer und Eve, einer Tochter des brasilianischen Embraer-Konzerns, bei Lufttaxis und Drohnen zusammen.
„Geschäftsmodelle funktionieren“
„Unsere Kunden kooperieren mit Airlines. Diese wollen Premiumpassagiere von Flughäfen in die Stadt reinfliegen“, sagt Machtlinger: „Es gibt verschiedene Geschäftsmodelle, die auch funktionieren werden.“ Lufttaxis seien zwar ein Nischenprodukt. Aber die Nische habe laut Roland-Berger ein Volumen von 50 Mrd. Dollar pro Jahr. Der kommerzielle Einsatz von Drohnen wird sich ausgehend von den USA und Asien entwickeln. Auch In Europa werde es im Logistikbereich, aber auch im Passagiertransport Anwendungen geben, ist Machtlinger überzeugt.
FACC stellt Komponenten für solche Fluggeräte her, für Archer etwa vom Tragflügel bis zum gesamten Rumpf und auch die Innenausstattung. Das oberösterreichische Unternehmen hat derzeit Aufträge über 100 Mio. Euro aus dem Bereich in seinen Büchern. Sollte sich das Geschäft als stabil erweisen, will man eine Fertigungsstätte in den USA errichten. Zu den Kunden im Bereich Advanced Air Mobility zählt dort auch ein großes US-Unternehmen, für das FACC die Strukturbauteile einer Lieferdrohne fertigt.
Teststrecke muss warten
FACC kooperiert seit Jahren auch mit dem chinesischen Hersteller Ehang. Aus einer bereits seit Längerem gemeinsam mit Ehang geplanten Teststrecke für Flugtaxis im Raum Linz wird es so bald nichts werden. In Europa sei es schwieriger, Genehmigungen zu bekommen, als in anderen Teilen der Welt, sagt Machtlinger. In den USA gebe es Milliardeninvestitionen in den Bereich. Europa sei vor Jahren bei der Entwicklung von Flugtaxis eine Front Runner gewesen, den Vorsprung habe man aber verloren. An die USA, aber auch China: „Dort spielt derzeit die Musik.“
Auch der in die Insolvenz geschlitterte deutsche Hersteller Volocopter wurde mittlerweile vom chinesischen Konzern Wanfeng übernommen. Dabei gibt es auch eine Verbindung nach Österreich. Als Käufer fungierte nämlich die heimische Wanfeng-Tochter Diamond Aircraft. Sie stellt in Wiener Neustadt Leichtflugzeuge her. Die Produktion und Entwicklung der Lufttaxis verbleibe in Bruchsal bei Karlsruhe, sagt ein Sprecher dem KURIER. Man arbeite lediglich im administrativen Bereich, bei der Personalverwaltung, mit Volocopter zusammen.