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Trump ist eine sehr vielschichtige Persönlichkeit

von Max

Bei seinem Besuch als Bundeskanzler im Februar 2019 im Weißen Haus in Washington nannte Donald Trump ihn einen „ziemlich jungen Kerl und Anführer“. Heute, fast sechs Jahre später, ist Sebastian Kurz 38 Jahre alt, nicht mehr Bundeskanzler, sondern Unternehmer und inszeniert sich dieser Tage als „Trump-Kenner“. 

Kurz war einer der Ersten in Österreich, der dem umstrittenen Politiker zu seinem Sieg bei der US-Wahl gratulierte, auf X und im Boulevard analysierte er ausführlich die Hintergründe dieses Sieges – und gab jetzt der Krone zu dem Thema ein großes Sonntagsinterview.

„Rendezvous der Eliten mit der Realität der Wähler“

Mit Trump habe er noch nicht telefoniert, erklärt der Ex-Kanzler am Beginn des Interviews, mit seiner Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner (Kurz sitzt im Beirat seines Abraham Accords Peace Instituts, Anm.) sei er regelmäßig in Kontakt.

Der Wahlausgang sei ein „Rendezvous der Eliten mit der Realität der Wähler“ gewesen. Noch nie sei jemand vom „medialen Mainstream“ so sehr bekämpft worden. Die Bevölkerung hingegen habe ihm das Vertrauen geschenkt. Trump habe bei jeder Gruppe in den USA dazugewonnen – bei den Jungen, den Black Votes, den Latinos. „Und das ist meiner Meinung nach ein interessantes Phänomen.“

Die Bevölkerung lasse sich nicht vorschreiben, wen sie zu wählen hat – weder von Hollywood-Stars, die für Kamala Harris wahlgekämpft haben, noch von den Medien, sagt Kurz.

Ankündigungen Trumps, wonach er eine Million illegale Migranten ausweisen, Beamte entlassen, Strafzölle einheben oder aus der NATO aussteigen würde, findet Kurz auf Nachfrage nicht erschreckend. Er sehe das „differenziert“, sagt er. Illegale Migranten rückzuführen, sei notwendig. Eine schlanke Verwaltung sei auch sein Programm gewesen. Strafzölle erachte als falsch, ein NATO-Ausstieg stehe gar nicht im Raum. 

Er räumt ein, dass auch er bei Trumps Behauptung, Migranten würden „Katzen und Hunde essen“, den Kopf schütteln musste, kritisiert aber umgehend wieder die Medien: Dass der noch amtierende Präsident Joe Biden die Trump-Unterstützer als „Müll“ bezeichnet hat, sei nur in kleineren Meldungen nachzulesen gewesen. 

Republikaner und Demokraten würden sich in den USA „wechselseitig nichts schenken“, am Ende des Tages würden aber Fakten zählen: „Trump hat die Wahl haushoch gewonnen.“

„Im Vergleich zu Trump war ich zurückhaltend“

Über die Trumps Persönlichkeit teilt Kurz dann auch noch seine Eindrücke: „Donald Trump ist eine sehr vielschichtige Persönlichkeit und der undiplomatischste Politiker, den ich jemals kennengelernt habe.“ Seine größten Schwächen seien seine größten Stärken zugleich. Er sei sehr emotional, ein Showman durch und durch. 

Gefragt nach Gemeinsamkeiten meint Kurz, er und Trump seien doch „sehr unterschiedliche Charaktere“. Er könne sich nicht erinnern, dass er in seiner politischen Zeit andere angegriffen oder beschimpft hätte. „Im Vergleich zu Donald Trump war ich ein wirklich zurückhaltender Politiker“, sagt der Ex-Kanzler. 

Aber ja, in einigen Sachfragen wie bei Migration oder Wirtschaftspolitik hätten er und Trump ähnliche Zugänge.

„Politisch motivierte Verfahren“

Noch eine Parallele gibt es: Kurz und Trump sind beide in Strafprozessen nicht rechtskräftig verurteilt worden. Dass seine Gegner ihn so vehement attackiert haben, dürfte ihm bei seinem Comeback sogar genutzt haben, sagt Kurz – über Trump.

Über sich selbst sagt er, dass die Verfahren gegen ihn „politisch motiviert“ seien und ihn bei seinen unternehmerischen Tätigkeiten daher nicht beeinträchtigen. 

Auf die oft gestellte Frage, ob er denn ein Comeback planen würde, bleibt der Ex-ÖVP-Chef und Ex-Kanzler bei seiner Antwort: „Ich bin sehr glücklich mit unserem Sohn und zufrieden mit unseren unternehmerischen Tätigkeiten. […] Als Politiker durfte ich zehn Jahre in der Bundesregierung tätig sein und habe das Gefühl, ich habe meinen Beitrag geleistet.“

„Das war ein Fehler von Van der Bellen“

Die aktuellen Regierungsverhandlungen will er nicht kommentieren, hat allerdings eine klare Meinung zur Entscheidung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, den Wahlsieger, Herbert Kickl, nicht mit der Regierungsbildung beauftragt zu haben. „Das halte ich für undemokratisch und es zeigt aus meiner Sicht mangelnden Respekt vor politisch Andersdenkenden. Wahlergebnisse sollten respektiert werden, egal ob sie einem gefallen oder nicht.“ 

Und weiter: „Das war ein Fehler von Van der Bellen, der zu Polarisierung und einer Spaltung der Gesellschaft führt. Sich danach dann wieder genau darüber zu beklagen, dem kann ich wenig abgewinnen.“

Auch, als er darauf angesprochen wird, dass ja er selbst damals nach der Ibiza-Affäre als Kanzler die Entlassung Kickls als Innenminister in die Wege geleitet hat, bleibt Kurz dabei: „Wenn jemand eine Wahl gewinnt, dann verdient er sich auch den Regierungsbildungsauftrag. Das Recht geht noch immer vom Volk aus.“

„Extrem talentierte Politikerin“

Karoline Edtstadler wird nicht mehr Teil der nächsten Regierung sein. Die Juristin aus Salzburg, die 2017 von Kurz zur Staatssekretärin im Innenministerium gemacht wurde, verlässt die Spitzenpolitik, wie sie vergangene Woche angekündigt hat. Kurz sagt, er sei in seiner Meinung „gespalten“.

„Für Österreich tut es mir leid, weil sie eine extrem talentierte Politikerin ist, die meiner Meinung nach nicht nur das Herz am rechten Fleck hat, sondern auch für die richtigen Anliegen und Themen brennt.“ Für sie persönlich hält er es für eine sehr gute Entscheidung. Edtstadler werde im Parlament und als Rechtsanwältin sehr erfolgreich sein. 

„Vielleicht kommt sie mal zurück, ja. Hoffentlich!“, sagt er dann noch auf Nachfrage. 

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