Das Chaos, das US-Präsident Donald Trump mit seiner Zollpolitik am Weltmarkt und an den Börsen angerichtet hat, beschäftigt auch die internationalen Medien. Im Folgenden ein Überblick über aktuelle Pressestimmen:
„Neue Zürcher Zeitung“:
„Zu hoffen ist, dass Amerika und seine Wähler bald zur Einsicht gelangen, dass die neue Zollpolitik den wirtschaftlichen Erfolg der USA gefährdet. Darauf verlassen sollte sich der Rest der Welt nicht. Um die wirtschaftlichen Schäden möglichst gering zu halten, gilt es jetzt, die Anpassung an die neuen Verhältnisse nicht zu behindern. Gift sind neue (Gegen-)Zölle und Marktbarrieren, hilfreich Erleichterungen im Zugang zu alternativen Märkten; etwa in Asien und Lateinamerika. Der Rest der Welt sollte die WTO (Welthandelsorganisation) und ihren Streitschlichtungsmechanismus retten und erst recht auf neue Liberalisierungsschritte und Freihandelsabkommen setzen.
Den Firmen die Anpassung erleichtern können Regierungen, indem sie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern. Wichtige Beiträge dazu leisten können ein exzellenter Forschungsstandort, eine längerfristig gesicherte, wettbewerbsfähige Energieversorgung, Entlastungen von der wuchernden Bürokratie und Gesetzesflut sowie eine sinkende Steuerlast – vor allem bei den Arbeitskosten und Unternehmensgewinnen. Trump hat mit seiner erratischen, protektionistischen Politik das Vertrauen in die USA schwer beschädigt. Die weltwirtschaftlichen Aussichten sind schwieriger geworden, aber für Europa ist längst nicht alles verloren.“
„La Stampa“ (Rom):
„Der ‚Krieg der Zölle‘ ist das letzte Zeichen einer Krise der internationalen Gleichgewichte, die einem Bruch immer näher kommt. Eine technisch-ökonomische Globalisierung ohne jede politische Führung konnte nur zu einer solchen Lage führen. Dass Markt und Freihandel von allein Wohlstand und Frieden schaffen, war Teil der liberalen Ideologie. (…) Heute gerät dieses Schema in eine unumkehrbare Krise.
Der Westen ist aufgerufen, das eigene Schicksal neu zu überdenken. Über das Wildwest-Großmaulgehabe und die populistische Rhetorik hinaus, macht Trump deutlich, was schon seit dem Scheitern der Biden-Regierung offensichtlich war: Amerika hat sich radikal geschwächt im internationalen Wettbewerb und muss sich auf seine eigenen inneren Probleme konzentrieren. Amerika wieder großzumachen, ist der Slogan, der diese bittere Realität abdeckt. Ob die jetzt eingeleitete Politik taugt, dieses Ziel zu erreichen, bleibt abzuwarten, aber die Absicht ist klar. Die Vereinigten Staaten erklären damit, dass sie nicht mehr in der Lage sind, die Rolle der Führungsmacht auszuüben, auf die sich der Westen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gestützt hat.“
„Sydney Morning Herald“:
„Es ist riskant, gegenüber Tyrannen nachzugeben, denn das führt nur dazu, dass sie am Ende noch mehr wollen. Wenn Trump im Gegenzug für die Aufhebung seiner neuen Zölle zu viel verlangt, werden Amerikas ehemalige Freunde und Verbündete gezwungen sein, ihre vorbereiteten Gegenmaßnahmen durchzusetzen. Da ein „Wie du mir, so ich dir“-Ansatz aber selbstschädigend wäre, können wir hoffen, dass diese sorgfältig konzipiert wurden – um nämlich die USA härter zu treffen, als sie ihre eigene Wirtschaft schädigen. Das würde die Folgen des Handelskriegs minimieren. (…)
Und es besteht immer noch die Möglichkeit, dass Trump gezwungen sein wird, den ganzen Wahnsinn zurückzufahren. Dann nämlich, wenn genügend Amerikaner erkennen, dass Trump – entgegen der Aussage auf seiner Baseballkappe – Amerika wieder arm macht.“
„Irish Times“ (Dublin):
„In den nächsten Wochen könnte Untätigkeit die beste Politik sein. Die EU will herausfinden, ob durch Verhandlungen ein Weg nach vorn gefunden werden kann, ist sich aber – wie der Rest der Welt – nicht sicher, ob Trump an Gesprächen interessiert ist. Eine gute kurzfristige Taktik ist es, abzuwarten, wie der Druck auf den US-Präsidenten im eigenen Land zunimmt. Während er so tut, als sei ihm der Absturz an der Börse gleichgültig, haben große und kleine Anleger stark verloren. Das gilt auch für die Rentenkassen der einfachen Amerikaner, die einen schweren Rückschlag einstecken mussten. Bald wird es zu Arbeitsplatzverlusten kommen und die Preise werden steigen. (…)
Doch bald werden Vergeltungsmaßnahmen der EU wohl unvermeidlich sein. Wenn Trump nicht zu Verhandlungen mit dem Ziel bereit ist, die 20-prozentigen Zölle auf Erzeugnisse aus der EU aufzuheben, wird Europa reagieren. Es ist schwierig zu beurteilen, was genau zu tun ist. Kann die EU die USA mit einem harten Paket an den Verhandlungstisch zwingen? Und wie geht sie mit dem Risiko eines zerstörerischen und eskalierenden transatlantischen Handelskriegs um? Wenn die US-Politik nicht auf einer logischen Grundlage beruht, sind solche Einschätzungen schwer zu treffen.“
„Le Monde“ (Paris):
„Die Zölle, die Donald Trump (…) auf Exporte aus der übrigen Welt in die USA verhängt hat, sind nicht nur wirtschaftlich dumm, sondern auch zutiefst ungerecht, da sie auf unverständliche und belastende Weise die ärmsten Länder treffen. (…) Donald Trumps protektionistischer Wahn könnte sich zwar schädlich auf das Wachstum der Mitglieder der Europäischen Union, Chinas oder auch der Vereinigten Staaten auswirken, doch diese Länder werden sich davon erholen. Für die schwächsten Entwicklungsländer hingegen werden die Folgen in Bezug auf Armut, Arbeitslosigkeit und politische Stabilität dramatisch sein. (…)
Donald Trump mag sich zwar allmächtig fühlen, wenn er den ärmsten Teil der Welt zwingt, um Zollerleichterungen zu betteln, aber für die USA wird dieser Größenwahn langfristig einen hohen Preis haben. Der amerikanische Zynismus von heute wird unweigerlich den Unmut eines großen Teils der internationalen Gemeinschaft schüren. Zwischen den Ländern, die den USA den Rücken kehren werden, und denen, die sich der chinesischen Macht annähern werden, gibt es Anlass, die Strategie von Donald Trump mehr denn je infrage zu stellen. Er, der Amerika wieder groß machen wollte, führt mit einer unverzeihlichen Unanständigkeit zu seiner Schwächung.“
„Hospodarske noviny“ (Prag):
„Trumps Zölle sollen vorgeblich die Produktion zurück in die USA holen. Doch die Arbeitskosten stellen einen bedeutenden Teil des Endpreises dar. Es ist daher kaum vorstellbar, dass Firmen über eine Verlegung ihrer Produktion in die USA nachdenken werden, solange sie dort einem amerikanischen Arbeiter das Zehn- bis Fünfzigfache dessen bezahlen müssen, was ein vietnamesischer Subunternehmer seinem Arbeiter gibt. Gegen einen solchen Unterschied in den Arbeitskosten sind Zölle, selbst wenn sie fast 50 Prozent betragen, wie ein Spucken in den Golf von Tonkin. (…)
Daher dürfte es nicht das eigentliche Ziel der Trump-Zölle sein, die Produktion in die USA zurückzuholen. (…) Zum einen soll das Trump-Zollpaket den „MAGA“-Wählern zeigen, dass Trump ein starker Mann ist, der es der ganzen Welt zeigt. Und zum anderen sollen sie die Staatskasse füllen, um Gelder an die „richtigen“ Stellen umverteilen zu können. Die Leidtragenden sind außer Trump und seinen Kumpanen wir alle: Verbraucher, die mehr für Waren bezahlen müssen. Firmen, deren Margen und Gewinne sinken, worunter die Kapitalmärkte und Pensionsfonds leiden. Und nicht zuletzt leiden darunter die Entwicklungsländer des Globalen Südens.“