Marina Lacković alias Malarina gehört seit ihrem umjubelten, mit dem österreichischen Kabarettpreis (Förderpreis) bedachten Debüt „Serben sterben langsam“ zu den derzeit wohl schillerndsten Sternen am heimischen Kabaretthimmel. Dementsprechend gespannt war man auf ihr zweites Programm, das die Austro-Serbin am Freitagabend im Wiener Stadtsaal präsentierte.
Es heißt „Trophäenraub“ und widmet sich der durchaus weit verbreiteten „Trophy Wife“. Googelt man diesen Begriff, tauchen gleich einmal Bilder von Donald Trump und seiner Frau Melania auf, einem ehemaligen Model aus armen Verhältnissen, die dank Onkel Donald nun ein Leben voller Luxus frönt. Er hat etwas zum Herzeigen, sie hat etwas zum Herzeigen (Schmuck, Handtaschen, teure Uhren, ein makellos schönheitsoperiertes Gesicht). Alles vom Feinsten. That’s the deal, Baby! Das ist die Abmachung! Hin und wieder muss sie ihm dafür zumindest in der Öffentlichkeit ein Bussi geben. Das sieht dann zwar aus wie ein Unfall, aber steht wohl so im Ehevertrag.
Beverly Hietzing
Die von Malarina mal im Schlangenleder-Outfit, mal im edlen Glitzerkleid mit veganer Pelzstola (die sicherlich Grün wählen würde) verkörperte „Trophy Wife“ hat also nichts mehr mit der Balkanfrau zu tun, die sie sich für ihr Debüt „Serben sterben langsam“ zugelegt hat: eine resche wie dominante Austro-Serbin, die früher SPÖ gewählt hat und, seitdem diese ganzen bösen Ausländer kommen, der FPÖ die Stimme gibt, weil sie eine gute Ausländerin ist.
Jetzt will Malarinas serbische Kunstfigur nach Hietzing. In ein Haus „mit vorne Garten, hinten Garten, Pool“ und „einem Kreisverkehr in der Auffahrt“. Nie wieder wenden müssen – wie schön! Aber so etwas kann man sich nie im Leben erarbeiten. Außerdem könnte man es sich auch gar nicht kaufen. „Denn in Hietzing kauft niemand, hier wird geerbt.“ Österreich sei überhaupt das Paradies auf Erden, vor allem in Hietzing, weil es keine Erbschaftssteuer gibt. Aber keine Angst, politisch wird es nicht, „dafür ist Österreich viel zu instabil“.
Reicher Schwabo
In der ersten Stunde gibt Malarina die „Trophäenfrau“ mit slawischem Gesicht auf der Suche nach Geld, viel Geld. Denn nach misslungener Selbstständigkeit ist sie pleite. Zum Glück schaut sie mit viel Schminke im Gesicht noch gut aus. Damit kann man noch was werden. Erbin zum Beispiel. Frau eines alten reichen Mannes – je älter, desto besser. Dann hat man länger etwas vom Erbe. Ihre Botschaft: Das Patriarchat lässt sich nicht zerschlagen, also sollte man von ihm profitieren. Und wer Geld hat, will nicht ärmer werden. Also wählt sie jetzt nicht mehr FPÖ, sondern ÖVP.
Der reiche Schwabo, den sie „Schatzihasiputzimausi“ nennt, ist dann auch schnell einmal gefunden. Außer der Liebe zum Shoppen verbindet die beiden nichts. Das sei bei solchen Beziehungen auch besser so. Man will ja nur sein Geld und nicht mit ihm golfen gehen. Sie nennt ihren „Schatzihasiputzimausi“ hin und wieder auch Rene. Man denkt sich Benko dazu. Es tauchen noch Fiona (Swarovski) und ihr Karl-Heinz auf. Bei den beiden ist es aber umgekehrt: Sie reich, er arm. Es gibt eine „Kathrin Glück“. Und auch Marlene Engelhorn wird erwähnt. Letztere hat sie sogar gedatet, sie sei „pansexuell“. Außerdem kennt Liebe kein Geschlecht, keine Hautfarbe, keine Herkunft: „I don’t see colour, I don’t see gender, I see cash.“ Aber mit Marlene war kein Erbe zu machen. Die verteilt es lieber. Verschenkt es. Das geht ja bitte gar nicht. Das ist doch total egoistisch.
Überall Purkersdorf
Im zweiten Teil des neuen Programms, das sie als „Stand-up-Hour“ ankündigt, geht es um das Konzept des Datings – von der Steinzeit bis heute. Es geht dabei um die Position der Frau in unterschiedlichen Epochen – vom Neolithikum als gleichgestellte Jägerin an der Seite von Pampam bis ins Hier und Jetzt. Ihre Analyse: Seit der Bronzezeit ist es für uns Frauen eigentlich nur noch bergab gegangen. Damals hätte sich das Spießertum durchgesetzt. Alle zogen in ein Haus und hatten ein Feld. Keine Bewegung mehr. Das Leben als Nomadin war viel aufregender. „Auf einmal war überall, wo ich hingekommen bin, Purkersdorf.“
Am Ende kommt die Frau in der aktuellen Epoche an: „Zeitgeschichte oder auch genannt: Neueste Geschichte.“ Man könnte aber auch das „Zeitalter der Gegenaufklärung“ dazu sagen.
Es geht ihr dabei um den Wandel der Frauenbilder, die auch von Märchen geprägt sind. „Von Märchen, die von Männern geschrieben wurden. Märchen, die uns weisgemacht haben, dass es in Ordnung ist, über bewusstlose Frauen herzufallen“. Frauen würden in Märchen immer wie inkompetente Vollidiotinnen dargestellt. Hätten diese Märchen Frauen geschrieben, wäre das alles anders, besser gelaufen.
Endstation Kafana
Schlecht läuft es dann auch für die Bühnenfigur, das „Trophy Wife“ vom Balkan. Denn „Schatzihasiputzimausi“ ist gar kein gestandener Businessman, sondern einfach ein verwöhntes Rich Kid mit dominanter Mutter und beschissener Persönlichkeit. Am Ende landet sie in der Kafana, „wo es schon vor Corona eine 3G-Regel gab: gereizt, gekündigt, geschieden.“ Die Stimmung in einer Kafana schwankt zwischen Admiral Sportwetten und AMS.
In den zwei Stunden, die „Trophäenraub“ dauert, prasselt ganz schön viel und ganz schön Unterschiedliches auf einen ein. Es ist ein starkes Programm, Malarina zeigt mit scharfem Witz, dass Frauen in einer von Männern dominierten Gesellschaft oft zwischen schlechten Optionen wählen müssen, eines mit viel Schmäh und gescheiten Botschaften, eines, aus dem man locker zwei hätte machen können.
Malarina – „Trophäenraub“
Regie: Steffo Sourial
Technische Komposition: Stephan Philipp
Kostüm: Goran Bugarić
Weitere Termine: https://malarina.com/termine