Eine Broschüre des Bundeskanzleramts zur Stärkung der Demokratie und politischen Bildung bei Jugendlichen sorgt seit Freitag für viel Aufregung. Wie der KURIER als erstes Medium berichtete, finden sich in einer Broschüre Passagen zur Unabhängigkeit der Medien in Österreich, die als äußerst problematisch gesehen werden müssen. Die besagte Broschüre „Du entscheidest! Was Demokratie mit deinem Leben zu tun hat“ sollte eigentlich ein Projekt zur Aufklärung junger Menschen über die Funktionsweise demokratischer Strukturen und die Rolle der Medien sein.
Konkret geht es darum, wie Meinungen beeinflusst werden: Von Verwandten, Freunden, Parteien, Influencern und – natürlich – auch Zeitungen, Fernsehen sowie Radio. Während die anderen Meinungsmacher weitestgehend neutral umschrieben werden, ist es bei den klassischen Medien genau umgekehrt.
Die Autoren formulierten folgendes Pauschalurteil: „Wichtig zu wissen: Hinter Zeitungen und Drucksachen stehen immer finanzielle Mittel, also Geld. Und der, der Geld gibt, will seine Meinung verbreiten. Es gibt in Österreich keine ‚unabhängigen‘ Medien.“ Selbiges gelte für Fernsehen und Radio, ob öffentlich-rechtlich oder privat: „Wie auch bei den Zeitungen entscheidet das Geld dahinter über die Art der Berichterstattung.“
Die Broschüre wurde von Staatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) und dem Bundesnetzwerk Österreichische Jugendinfos herausgegeben.
Noch am Freitag gingen nach weiteren Pressemeldungen dazu zahlreiche Beschwerden und Proteste bei den Urhebern des Druckwerks ein. Auch der Verein der Chefredakteure, dem derzeit KURIER-Herausgeberin Martina Salomon vorsteht, wies die Unterstellungen aufs Schäfrste zurück. Deshalb fordern Martina Salomon und Martin Gebhart (Kurier), Florian Asamer (Presse), Hubert Patterer (Kleine Zeitung), Kathrin Gulnerits (News), Gerold Riedmann (Standard), Maria Scholl (APA), Manfred Perterer (SN), Christian Nusser (Heute), Anna Thalhammer (Profil), Isabel Russ (VN), Doris Helmberger-Fleckl (Furche), Andreas Weber (Trend), Susanne Dickstein (OÖN), Florian Klenk (Falter), Daniel Lohninger (NÖN), Marco Witting und Matthias Krapf (Tiroler Tageszeitung) das Bundeskanzleramt auf, „diese Broschüre vom Markt zu nehmen.“
Entschuldigung
In einem Entschuldigungsschreiben, das vom Geschäftsführer des Bundesnetzwerks, Aleksandar Prvulovic, am Samstag Nachmittag verfasst wurde, heißt es, dass man die Kritik sehr ernst nehme und die missverständlichen Passagen umgehend überarbeiten werde. Die Broschüre wurde bereits offline genommen, um die notwendigen Änderungen vorzunehmen. In dem Schreiben betont Prvulovic, dass es nie die Absicht war, die Unabhängigkeit der Medien in Frage zu stellen. Die missverständliche Formulierung sei dem Versuch geschuldet, komplexe Themen für junge Leser verständlich und prägnant aufzubereiten. Man arbeite nun daran, die Formulierungen klarer zu gestalten und werde die Broschüre erst wieder zur Verfügung stellen, wenn alle Missverständnisse ausgeräumt sind.