Startseite Politik Urlaubende Russen meiden Europa und entdecken Japan für sich

Urlaubende Russen meiden Europa und entdecken Japan für sich

von Max

In warme Mäntel und Wollmützen gehüllt, trotzen Hunderte Menschen Moskaus kühlem Frühlingswetter und stellen sich in eine geordnete Schlange. Doch sie warten nicht auf eine Berühmtheit oder eine exklusive Ausstellung – ihr Ziel sind japanische Visa.

Da die meisten europäischen Länder den direkten Flugverkehr mit Russland eingestellt haben und Japan kostenlose Visa anbietet, entdecken russische Reisende neue Urlaubsziele. Dabei profitieren sie vom erstarkenden Rubel und steigenden Reallöhnen, die durch Moskaus massive Kriegsausgaben in der Ukraine begünstigt werden.

Zwar gibt es keine Direktflüge zwischen Japan und Russland mehr, doch die japanische Botschaft in Moskau berichtet von einer zunehmenden Zahl russischer Besucher, da mehr Anschlussflüge verfügbar sind. Laut Dmitry Gorin, Vizepräsident des russischen Tourismusverbandes, wird sich die Zahl russischer Touristen in Japan dieses Jahr verdoppeln – von rund 100.000 im Jahr 2024.

Die Warteschlangen vor der Botschaft seien verständlich, so Gorin, da Japans berühmte Kirschblüte im Frühling ein großer Anziehungspunkt sei. „Das Wichtigste ist, dass es keine komplizierten Visa-Formalitäten gibt und der Flug bezahlbar ist,“ sagte er.

„Es ist schwieriger, nach Europa zu reisen“

Im November hatte Japan die Regel aufgehoben, dass russische Besucher vorab Dokumente zur Bestätigung ihrer Hotelbuchungen einreichen müssen. Rückflugtickets – meist mit Zwischenstopp in China – gibt es ab rund 40.000 Rubel (ca. 440 Euro), so Gorin.

Elizaveta, die sich für ihren Termin vor der japanischen Botschaft in Moskau anstellte, sagte gegenüber Reuters, dass das vereinfachte Visaverfahren sie ermutigt habe, Tickets zu kaufen. „Wir wollten schon lange hinfahren. Heutzutage ist es schwieriger, nach Europa zu reisen. Ein Visum für Japan dauert nur vier bis fünf Tage – also haben wir uns entschieden zu fliegen.“

Russen meiden Europa als Reiseziel

Vor dem Beginn des Ukraine-Konflikts im Februar 2022 reisten jedes Jahr Millionen von Russen nach Europa. Diese Reisen, die inzwischen über Umwege erfolgen müssen, sind durch den geschlossenen europäischen Luftraum für russische Airlines teurer geworden. Derzeit besuchen jährlich nur noch rund 300.000 Russen Europa – 90 Prozent weniger als im Jahr 2019, so Gorin.

Reisewillige Russen konzentrieren sich mittlerweile auf Länder, die keine Sanktionen gegen Russland verhängt haben. „Die Stärkung des Rubels wirkt sich direkt auf die Reisekosten und das Interesse an Auslandsreisen aus“, sagte Lyubov Voronina, Leiterin internationaler Projekte bei der Reisevergleichsseite sletat.ru. Je nach Reiseplänen könnten Touristen derzeit zwischen zehn und 30 Prozent sparen, so Voronina.

Für einige ist die Kombination aus höherem verfügbarem Einkommen und niedrigeren Preisen genau der richtige Moment. Auch die jüngste Aufwertung des Rubels – aufgrund der Hoffnung auf eine Annäherung zwischen Washington und Moskau, die möglicherweise eine Lösung des Konflikts in der Ukraine mit sich bringen könnte – kommt russischen Reisenden zugute.

„Es war mein Traum, seit ich ein Kind war“, sagte Nikita vor der Botschaft. „Jetzt habe ich das Geld, um zu reisen, und habe mich entschieden, es zu tun. Außerdem sind die Preise jetzt gesunken.“

Die einzige Hürde für russische Reisende ist die lange Warteschlange. Doch Anton, gefragt, ob er besorgt sei, dass er es an diesem Tag nicht rechtzeitig zur Antragsstellung schaffen würde, sagte nur: „Dann komme ich eben morgen wieder.“

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