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Vater, Mutter, Kind – was die FPÖ mit der Familie vorhat

von Max

Die FPÖ propagiert die klassische bürgerliche Kernfamilie. Sie will Eltern dafür bezahlen, ihre Kinder nicht in den Kindergarten zu geben. Die ÖVP hat nichts dagegen.

In der Mikrowelle dreht sich der Gemüseauflauf. Die Kinder sitzen schon am Esstisch. Kurz vor 18 Uhr fährt Robert in die Garage. Sabine schenkt ihm ein Bier ein. Nach dem Essen bringt sie die Kinder ins Bett. Robert checkt die Nachrichten am Handy.

So stellt sich die FPÖ Familie vor – heterosexuell, monogam, konservativ. Die Rollen sind klar verteilt. Der Mann bringt das Geld nachhause. Die Frau versorgt Kinder und Haushalt. Sie „hält dem Mann daheim den Rücken frei“, wie es FPÖ-Chef Herbert Kickl in einem Wahlkampf-Video ausdrückte.

Die FPÖ propagiert das Ideal der klassischen bürgerlichen Kernfamilie und stilisiert sie zum „Fundament unserer Gesellschaft“. Und damit wir die Familie auch zu schätzen wissen, warnt sie seit Jahren vor ihrem Verschwinden. Die Familie, unsere ureigenste Form des Zusammenlebens, sei gefährdet, durch „Gender-Wahnsinn“, durch das „Woke-Diktat“, durch Regenbogenfamilien, durch „Linke“, die behaupten, es gäbe mehr als zwei Geschlechter. „Kinder haben ein Recht auf Mutter und Vater und müssen vor den gesellschaftlichen Experimenten der SPÖ und anderer linker Gruppen geschützt werden“, sagte Kickl in einer Rede.

Kind statt Karriere

In der Realität ist die klassische Familie nicht gefährdet. Das heterosexuelle Paar mit einem oder mehreren Kindern ist weiterhin unangetastet die häufigste Familienform in Österreich. 44 Prozent aller Familien lebten im Jahr 2023 so. Der große Rest hat entweder (noch) keine Kinder oder die Kinder sind schon wieder ausgezogen. Zwölf Prozent der Familien sind sogenannte Ein-Eltern-Familien. Hier kümmert sich zu 83 Prozent die Frau um den Nachwuchs.

In Österreich ist also die Frau für die Kinder zuständig. Damit das auch so bleibt, will die FPÖ Eltern dafür bezahlen, dass sie ihre Kinder nicht in den Kindergarten geben. Ein Elternteil soll sich zuhause um den Nachwuchs kümmern und bekommt dafür Geld. Das Kinderbetreuungsgeld dieser Person soll auf die Höhe der Mindestsicherung aufgestockt werden. Möglich ist das mit einer einfachen Mehrheit im Parlament. Gibt es das Budget her, kann die Regierung die Maßnahme jederzeit beschließen. Die ÖVP hat damit wohl kein Problem. Die beiden neuen schwarz-blauen Landesregierungen in Vorarlberg und der Steiermark planen ähnliche Maßnahmen.

Kritiker:innen sehen darin einen Rückschritt – für Kinder und Frauen. „Wir wissen aus Studien, dass Kinder, die im Kindergarten waren, später eher einen Uniabschluss machen als Kinder, die daheim betreut wurden“, sagt die Ökonomin Alyssa Schneebaum zur WZ. Schneebaum forscht zu geschlechtsbasierten wirtschaftlichen Ungleichheiten. „Natürlich benachteiligt die Maßnahme Frauen massiv.“ Nur ein Prozent der Väter in Österreich ist länger als sechs Monate in Karenz. Wenn der Staat auch noch fürs Daheimbleiben bezahlt, würden noch mehr Mütter nicht arbeiten gehen. „Das ist eine Katastrophe“, sagt Schneebaum. „Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, im Alter zu verarmen. Frauen werden abhängig von ihren Männern, der Wiedereinstieg ins Erwerbsleben wird schwieriger.“ Schneebaum ist mit ihrer Kritik nicht allein. „Herdprämie“ nennt auch die Ökonomin Katharina Mader die Maßnahme im Nachrichtenmagazin Profil.

Zu wenig Kinder

Die FPÖ lässt die Kritik nicht gelten. Schließlich hätten Familien die Wahl: Kindergarten oder Betreuung daheim. Zwar ziehe die Partei „die Betreuung von Kindern in familiärer Geborgenheit statt in staatlichen Ersatzmaßnahmen“ vor, wie es im Wahlprogramm heißt. Kindergärten sollen trotzdem flächendeckend ausgebaut werden. Bisher sind viele Bundesländer weit davon entfernt. Am schlechtesten steht Oberösterreich da. Hier trägt die FPÖ seit knapp zehn Jahren Regierungsverantwortung als Juniorpartnerin der ÖVP. Hier gibt es die wenigsten Vollzeit-Kindergärten, was sich wiederum in der höchsten Teilzeitquote von Frauen in ganz Österreich niederschlägt. Fast 60 Prozent der berufstätigen Oberösterreicherinnen arbeiten nur Teilzeit. Bei den Männern ist die Teilzeitquote in Oberösterreich hingegen am geringsten.

Ganz nach dem Geschmack der FPÖ. Nur mit der Fertilität hapert es auch hier. Die Österreicherinnen gebären insgesamt zu wenige Kinder, heißt es im blauen Wahlprogramm. Ein Problem, das sich prolongiere. „Wer als Einzelkind aufgewachsen ist, bleibt zu 55 Prozent kinderlos oder hat selbst nur ein Kind“, steht hier. Deshalb will die FPÖ in einer Regierung „öffentlichkeitswirksame Kampagnen zur positiven Besetzung von Familien“ schalten, „kostenfreie Fruchtbarkeitsuntersuchungen“ und „kostenfreien Zugang zu hochwertigen medizinischen Dienstleistungen im Sinn des Fortpflanzungsmedizingesetzes bei unerfülltem Kinderwunsch“ anbieten.

Der Abtreibung steht die FPÖ traditionell skeptisch gegenüber. „Was Emily abtreibt, gebärt Aischa“, postete die Freiheitliche Jugend Wien auf Instagram. Der Subtext: Österreicherinnen treiben zu oft ab, sie bekommen zu wenige Kinder, Frauen mit Migrationshintergrund zu viele. 2019 unterschrieb Norbert Hofer, damals FPÖ-Minister, eine Petition zur Aufweichung der Fristenlösung. Im aktuellen Wahlprogramm zeigt sich die FPÖ moderater. Ziel sei ein „unbeschwertes Ja zur Familie“. Zwar sollten Abtreibungen so weit wie möglich verhindert werden, die Partei stehe aber zur aktuellen Regelung der Fristenlösung.


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Infos und Quellen

Genese

Welche Forderungen der bevorstehenden Koalition sind tatsächlich realistisch durchsetzbar? Diese Frage hat sich die WZ-Redaktion gestellt und Themenbereiche verteilt.

Gesprächspartnerin

Alyssa Schneebaum, Ökonomin

Daten und Fakten

  • Die FPÖ hat im Sommer die EU-Wahl mit 25,4 Prozent der Stimmen gewonnen. Es folgte die ÖVP mit 24,5 Prozent, dann die SPÖ mit 23,2 Prozent. Die Grünen erhielten 11,1 Prozent, die Neos 10,1 Prozent.

  • Bei der Nationalratswahl fiel der Sieg der FPÖ deutlicher aus: Die Freiheitlichen errangen 28,85 Prozent, die ÖVP 26,7 Prozent und die SPÖ 21,14 Prozent. Es folgen die Neos mit 9,14 Prozent und die Grünen mit 8,24 Prozent. Eine Koalition der ÖVP mit der SPÖ hätte einen ganz knappen Überhang von einem Mandat gehabt. FPÖ und ÖVP haben mit 108 Sitzen eine komfortable Mehrheit.

Quellen

Das Thema in der WZ

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