Noch nie seit dem Start des APA/OGM-Vertrauensindex im Jahr 2003 hatte eine Regierung so schwache Werte wie die scheidende aus ÖVP und Grünen. Im August kamen die türkis-grünen Regierungsmitglieder nur noch auf durchschnittlich minus 13,3 Punkte.
Sowohl der anfängliche Höhenflug 2020 als auch der folgende Absturz war rekordverdächtig. „Eine solche Berg- und Talfahrt innerhalb einer Regierungsperiode war bisher noch nie zu beobachten“, sagt OGM-Data Scientist Johannes Klotz.
Vertrauensvorschuss
Für den Vertrauensindex fragt OGM seit 2003 mehrmals jährlich, wie viele Österreicherinnen und Österreicher den einzelnen Bundespolitikern vertrauen und wie viele ihnen nicht vertrauen. Neue Regierungen genießen üblicherweise einen Vertrauensvorschuss. Sie starten nach der Angelobung also mit positiven Werten. So auch diesmal: Im Durchschnitt kamen die türkis-grünen Minister und Staatssekretäre im Jänner 2020 auf 9,1 Punkte.
Zum Vergleich: Die beiden großen Koalitionen aus SPÖ und ÖVP unter Alfred Gusenbauer und Werner Faymann kamen zu Beginn auf 13,5 bzw. 14,4 Punkte und rutschten danach deutlich ab. Anders die türkis-blaue Regierung unter Sebastian Kurz: für sie gab es nach dem polarisierenden Wahlkampf 2017 keinen Vertrauensvorschuss. ÖVP und FPÖ starteten nur leicht im Plus (2,3 Punkte), hielten sich danach aber immerhin im positiven Bereich.
Höhenflug während der Pandemie
Die Vertrauenskurve der aktuellen türkis-grünen Koalition ist daher gleich zweifach ungewöhnlich. Denn gleich nach dem Start erlebte sie einen bis dato nicht gekannten Höhenflug. Zu Beginn der Coronakrise lag die ÖVP in der Sonntagsfrage deutlich über 40 Prozent und auch im Vertrauensindex schaffte die Regierung im März 2020 einen neuen Höchstwert von 19,5 Punkten.
Auf den steilen Aufstieg folgte aber ein ebenso rasanter Absturz: Schon 2021 kippten die Vertrauenswerte ins Minus. Im April 2023 registrierte der Vertrauensindex der Regierungsmitglieder ein Allzeit-Tief von minus 16,3 Punkten.
Ausschlaggebend für den Abstieg waren aus Sicht von OGM-Chef Wolfgang Bachmayer neben den Debatten über das Corona-Management (Stichwort: Impfpflicht) und der Inflationskrise auch die zahlreichen Untersuchungsausschüsse, die das Ansehen der Politik insgesamt beschädigt hätten.
Erst nach der EU-Wahl ging es für die Regierung wieder leicht nach oben.
Opposition konnte nicht profitieren
Die Opposition konnte vom Absturz der Regierung im Vertrauensindex zwar nicht profitieren. Allerdings sind positive Vertrauenswerte gerade für Oppositionspolitiker kein Muss, wie das Beispiel von Herbert Kickl zeigt.
Der FPÖ-Chef liegt regelmäßig im untersten Bereich, mit Werten jenseits der minus 40. Trotzdem hält seine Partei in den Wahlumfragen seit eineinhalb Jahren den ersten Platz. Wie das geht, erklärt OGM-Datenspezialist Klotz: „Kickl genießt extrem hohes Vertrauen in der eigenen Wählerschaft und sehr wenig in anderen Gruppen.“ Hinter Kickl lag im Vertrauensindex zuletzt nur noch ein Politiker – nämlich ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka mit minus 50 Punkten.