Bei der öffentlichen Verhandlung kamen mehrere Experten aus den unterschiedlichsten Fachbereichen zu Wort – und deutlich wurde: Auf besonders stabilen Beinen steht das Verbot nicht.
Was also spricht fürs „Egg Freezing“? Aus medizinischer Sicht ist erwiesen, dass Eizellen mit zunehmendem Alter nicht nur weniger, sondern qualitativ auch schlechter werden. Frauen würden dadurch psychisch unter Druck geraten, zwischen 30 und 40 „alles unterzubringen“, wie Matthias Brand, Rechtsvertreter der Antragstellerin, ausführte. Durch „Social Egg Freezing“ seien Frauen auf der sicheren Seite. Brand verglich die eingefrorenen Eizellen mit einem „Bankguthaben“.
„Emotionale Entscheidung“
Wie viel Erfolg die Behandlung hat, hänge davon ab, in welchem Alter die Eizellen entnommen wurden – und freilich von der Qualität des Spermas, mit dem die Zellen später befruchtet werden, erklärte Bettina Toth von der Uni-Klinik Innsbruck. Wie viele Frauen die Behandlung in Anspruch nehmen würden, wäre sie in Österreich wie in anderen EU-Ländern auch ohne medizinische Indikation erlaubt, konnte sie nicht einschätzen.
Den „romantischen“ Aspekt brachte Mathias Brunbauer, Arzt in einer Wiener Kinderwunschklinik, ein. Er erklärte, dass Frauen ab einem gewissen Alter darauf fokussiert seien, „jetzt den Vater ihrer zukünftigen Kinder aussuchen zu müssen“ – auf eher rationale Weise. „Eine Beziehung ist aber eine emotionale Entscheidung.“ Durchs „Egg Freezing“ verschafften sich Frauen Zeit.
Ein zentraler Punkt – denn wie auch Martina Zemp, Psychologin von der Uni Wien, ausführte, ist der häufigste Grund, warum Frauen sich fürs „Social Egg Freezing“ entscheiden, dass sie den passenden Partner noch nicht gefunden hätten; der zweithäufigste, dass sie „selbst und ohne natürliche Grenzen entscheiden wollen, wann sie Mutter werden“. Berufliche Gründe stünden erst an dritter Stelle.
Dem hielt Psychologin Monika Schmidt, die von der Regierung als Auskunftsperson nominiert wurde, entgegen: „Es gibt keine Garantie. Was, wenn der richtige Partner nicht auftaucht?“ Das Einfrieren könne eine kurzfristige Entlastung bringen – gefolgt von erneutem Druck, ob der Plan aufgeht.
Dagegen sprach aus Sicht der Experten noch, dass Frauen, die sich auf diese Weise „Zeit verschafft“ haben (möglich ist das Einsetzen des Embryos sogar nach der Meno-Pause) weniger Lebenszeit mit ihren Kindern übrig hätten und körperlich gemeinhin weniger fit seien als junge Mütter.
Unerfüllter Kinderwunsch
Spannend sind solche Verhandlungen vor allem dann, wenn man bei den Fragen der Höchstrichter genau hinhört und sich da schon eine Entscheidung erahnen lässt. So erkundigte sich Referent Michael Mayrhofer, ob aus medizinischer Sicht eine Altersgrenze geboten sei; Richter Georg Lienbacher, ob das „schlechter werdende Material“ (Eizellen und Spermien) im Alter eine Gefahr für das Kind darstelle. Und Ersatzrichter Daniel Ennöckl wollte wissen, ob es Studien zur gesundheitlichen Belastung im Falle eines unerfülten Kinderwunsches gebe.
Einen undankbaren Job hatte bei der Verhandlung Johanna Hayden vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts. Ihre Aufgabe war es, das geltende Verbot zu verteidigen. Das tat sie, indem sie auf den „Gestaltungsspielraum“ des Gesetzgebers hinwies und erklärte, dass Frauen durch „gesellschaftliche Erwartungen“ oder den Arbeitgeber nicht unter Druck kommen sollen, ihren Kinderwunsch aufzuschieben. Quasi das Druck-Argument der Antragstellerin, nur umgedreht.
Als Höchstrichter Michael Rami sagte, dieses Argument würde zu Ende gedacht bedeuten, dass der Gesetzgeber auch Verhütungsmittel verbieten müsse, kam sie ins Stocken. Die Bundesregierung habe vorab darauf verzichtet, eine Stellungnahme abzugeben, sagte sie. „Ich muss mich deshalb auf den Hinweis beschränken, dass es dieses Gegenargument gibt.“
In ihren Schlussworten beantragte Hayden, der VfGH möge der Regierung im Falle einer Aufhebung 18 Monate Zeit geben, um eine Neuregelung zu schaffen. Die Höchstrichter wollen nun weiter beraten. Ob das Erkenntnis mündlich oder schriftlich ergehen wird und wann, ist offen.