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Vom Supermarkt zum Museum

von Max

Als Architekt Peder Vilhelm Jensen-Klint um das Jahr 1900 den ersten Versuch anstellte, einen Lampenschirm aus Papier zu falten, war das der Beginn einer dänischen Erfolgsgeschichte. Geboren aus der Not, der damaligen Petroleum-Lampe ein diffuseres Licht abzuringen, entwickelte sich daraus eines der renommiertesten Unternehmen für dänisches Design und Handwerkskunst. Die ikonischen Le Klint-Leuchten aus plissiertem und gefaltetem Papier zählen seit der Unternehmensgründung 1943 zu den Klassikern des skandinavischen Designs.

Von Lampenschirm bis Scherenschnitt: Das kunstvolle Arbeiten mit Papier hat in Dänemark eine lange Tradition.

Papierkunst ist tief in unserem kulturellen Erbe verankert.

Karen Bit Vejle, Psaligraphin und Museumsdirektorin

Dass das kreative Arbeiten mit Papier in Dänemark Tradition hat, das belegen auch die fantasievollen Scherenschnitte des Märchenerzählers Hans Christian Andersen. Auf ihn soll auch die Tradition der Julehjerte zurückgehen, das sind aus Papier geflochtene Herzen, die auch heute noch die Weihnachtsbäume in Dänemark schmücken. Und dass das Land eine der berühmtesten Scherenschnittkünstlerinnen, nämlich Karen Bit Vejle, hervorgebracht hat, ist wohl auch kein Zufall.

Museum zieht in den Supermarkt

Die heute 66-jährige Psaligraphin, wie die Fachbezeichnung lautet, war es auch, die 2018 das Museum for Papirkunst in dem Badeort Blokhus an der dänischen Nordseeküste gegründet hat. Es ist das einzige Museum in Skandinavien, das sich gezielt dem Papier-Kunsthandwerk und -Design widmet und soll demnächst an einen neuen, größeren Standort übersiedeln.

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Einen aufgelassenen Aldi-Supermarkt will man für den neuen Museumsstandort transformieren und erweiteren.

„Papierkunst ist tief in unserem kulturellen Erbe verankert“, erklärt Karen Bit Vejle. „Dieses Erbe in die Zukunft zu tragen, ist das große Anliegen dieses Museums. Wir sind auch stolz darauf, ein bestehendes Gebäude zu recyceln.“

Das Museum zieht nämlich in einen ehemaligen Supermarkt der Einzelhandelskette Aldi. Es handelt sich dabei um ein adaptives Re-Use-Projekt, das einen ungenutzten Bestandsbau von 900 Quadratmetern revitalisiert und auf eine Nutzfläche von 3.200 Quadratmeter erweitert. Der Entwurf dazu kommt vom dänischen Star-Architekten Bjarke Ingels und wurde in Abstimmung mit der Museumsdirektorin entwickelt.

Unter einem Blatt Papier

Zur Thematik passend wird das Museumsgebäude von einem Dach in Leichtbauweise überspannt, das einem gefalteten Bogen Papier gleicht. Unter einem Tragwerk aus Holz sind der Bestandsbau und die neuen Räumlichkeiten vereint, die mit unterschiedlichen Funktionen belegt sind – von Büros, Workshop- und Schulungsräumen bis hin zum Magazin.

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Das Dach wirkt wie ein Blatt Papier, das auf dem alten Supermarkt gelandet ist.

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Das transformierte und erweiterte Gebäude ist in eine begrünte Anlage eingebettet.

Indem die Dachfläche wie ein einzelnes Blatt gefaltetes Papier behandelt wird, werden bestehende und neue Funktionen in einer verbindenden Geste zusammengeführt.

Bjarke Ingels, Architekt

„Bei Papierkunst geht es darum, dreidimensionale Formen und komplexe Bilder aus einem einfärbigen, zweidimensionalen Material zu schaffen – einem Blatt Papier. Indem die Dachfläche als solche behandelt wird – ein einzelnes Blatt gefaltetes Papier – werden bestehende und neue Funktionen in einer verbindenden Geste zusammengeführt“, erklärt Architekt Bjarke Ingels das gestalterische Konzept. „Und unter dem schwebenden, geschwungenen Dach wird ein ausgedienter Supermarkt zu neuem Leben erweckt.“

Klimaangepasstes Design

Die bestehenden Wände des einstigen Supermarktes bekommen eine neue akustisch wirksame Verschalung, die von Origami inspiriert ist und in Zusammenarbeit mit mehreren Papierkünstlern entworfen wurde. Die lichtdurchfluteten Innenräume sind in Weiß gehalten, nur die unterschiedlichen Texturen der verwendeten Materialien heben sich von einander ab.

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Das Dach ist so geformt, dass das Regenwasser an seiner tiefsten Stelle in einen Teich mündet.

Neben dem weiß getünchten Holz für das Dachtragwerk kommen auch Ziegel zum Einsatz. Die Möblierung ist sehr reduziert und einfach gehalten, wodurch die Räume und die gezeigten Exponate ihre volle Wirkung entfalten können. „Das Markante wird durch die Klarheit betont, aus der Einfachheit geht etwas Komplexes hervor“, wie es Ingels formuliert.

Unter dem schwebenden, geschwungenen Dach wird ein ausgedienter Supermarkt zu neuem Leben erweckt.

Bjarke Ingels, Architekt

Im Außenbereich entsteht eine naturnahe Landschaft, durch die sich ein Spazierweg windet. An der tiefsten Stelle des Daches mündet das Regenwasser in einen Teich, der über Trittsteine begehbar ist. Ebenso wie beim jüngsten Entwurf von Dorte Mandrup für das jütländische Crafts College hat man auch hier zu einem Design gefunden, das die Auswirkungen des Klimawandels berücksichtigt. 

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Das Innere des Museums ist in Weiß gehalten.

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Man setzt auf lokale Materialien wie Ziegel und Holz.

Mit der Transformation und Erweiterung des Supermarktes entsteht ein spannender Museumskomplex, der eine Verdoppelung der jährlichen Besucherzahlen anpeilt. Durch den adaptiven Re-Use kann bestehende Bausubstanz neu genutzt werden.

Somit lässt sich die problematische Neuverseigelung von Flächen verhindern und Emissionen reduzieren, die beim herkömmlichen Bau von Gebäuden entstehen. Für das neue Museum for Papirkunst strebt man eine DGNB-Zertifizierung in Gold oder Platin an.

Text: Gertraud Gerst Visualisierungen: Bjarke Ingels Group


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