Der blaue Vorschlag …
So legte die FPÖ am Mittwoch um 6 Uhr eine Liste mit einer neuen Ressortverteilung vor. Das Innenministerium stand auf FPÖ-Seite. Sicherheit und Migration sind blaue Kernthemen – um nicht zu sagen: die einzigen Inhalte, mit denen die FPÖ in ihren Wahlkämpfen seit jeher um Stimmen wirbt.
Weil die FPÖ aber weiß, dass ausländische Nachrichtendienste ihr skeptisch gegenüberstehen (und es eine Vorgeschichte gibt, Stichwort BVT-Razzia), schlug sie der ÖVP einen „unabhängigen Staatssekretär“ für die DSN, die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienste, vor.
Ein Feigenblatt, denn laut Verfassungsjurist Peter Bußjäger steht fest: Ein Staatssekretär kann nie unabhängig sein. „In der Konzeption der Bundesverfassung ist ein Staatssekretär dem Minister weisungsgebunden.“
Hinzu kommt, dass in dieser Konstellation erst recht passieren könnte, wovor Sicherheitsexperten im In- und Ausland warnen: Nicht nur ein blauer Innenminister, sondern auch ein blauer Kanzler Herbert Kickl hätte Zugang zu heiklen Geheimdienst-Infos.
Das ergibt sich laut Bußjäger daraus, dass ein Innenminister „oberstes Sicherheitsorgan“ ist und bei Informationen als „Gate Keeper“ fungiert. Er wägt ab und entscheidet, welche Informationen er unter dem Siegel der Verschwiegenheit an den Bundeskanzler weitergibt.
Es hätte vermutlich nicht lange gedauert, bis sich auch ausländische Partnerdienste der Rechtslage in Österreich bewusst geworden wären.
… und der türkise Konter
Die ÖVP legte dann einen Gegenvorschlag in zwei Varianten vor: Der erste lautete, dass die Asyl- und Migrationsagenden für die FPÖ in ein eigenes Ministerium ausgegliedert werden. Auch dieses Angebot war wenig attraktiv, zumal die ÖVP ja den Polizeiapparat behalten hätte. Und wie der KURIER schon am Wochenende analysiert hat (siehe unten), müsste ein FPÖ-Migrationsminister dann für jede Aktion an der Grenze, für jede Schubhaft und Abschiebung entsprechende Polizeikräfte beim ÖVP-Innenminister „ausleihen“.
Hinzu kommt, dass einige Verfassungsjuristen die Meinung vertreten, man könne die Agenden gar nicht ausgliedern, weil der Innenminister als „oberstes Sicherheitsorgan“ in der Verfassung verankert ist und Asyl und Migration eben ein Sicherheitsthema sind.
Alternativ schlug die ÖVP der FPÖ einen Staatssekretär für Asyl in einem ÖVP-geführten Innenministerium vor. Aber auch das war für die FPÖ wohl aufgrund der Weisungsgebundenheit keine Option. So müsste ein Blauer in einem türkisen Innenministerium den Asylkurs der Türkisen mittragen – inklusive Bekenntnis zum EU-Asylpakt, den die FPÖ ablehnt.
Abgesehen von den Argumenten, die beide Parteien öffentlich kundtun, steht zweifelsfrei fest: Das Innenministerium ist ein Machtapparat. Mehr als 32.000 Polizisten (viele davon Parteigänger), internationale Kontakte, das Top-Thema Asyl inklusive bild- und wortgewaltiger Inszenierungen: Was will man mehr als (Mitte-)Rechts-Partei? Eben.