Chinas Wirtschaft, die zweitgrößte der Welt, wächst zwar weiterhin (2024 erneut um fünf Prozent), hat aber mit Problemen zu kämpfen: Der seit der Corona-Pandemie eingebrochene Konsum treibt die Staatswährung – den Yuan – an den Rande der Deflation. Hinzu kommt eine gewaltige Immobilienkrise, enorm hohe Jugendarbeitslosigkeit und eine rasant alternde Gesellschaft.
Trotzdem ist das Land vergleichsweise gut gerüstet für einen Handelskrieg mit den USA. Das liegt vor allem an einem Mann: Xi Jinping. Der zuweilen allmächtig wirkende Präsident und kommunistische Parteichef hat China auf einen Handelskrieg vorbereitet, seit er im Jahr 2012 an die Macht kam.
Viele Beobachter kritisierten es als eine Art selbsterfüllende Prophezeiung, dass Xi in seinen Reden regelmäßig vor „großen Veränderungen“ warnte, „wie man sie seit hundert Jahren nicht gesehen hat“, während er sein Land selbst auf Konfrontationskurs mit den USA ausrichtete.
Nun, da Donald Trump dabei ist, die globalisierte Wirtschaftsordnung zu demontieren, feiert die chinesische Propaganda die weise Voraussicht ihres Parteichefs, der damit an Glaubwürdigkeit gewinnt.
Deepseek zeigt, dass China technologisch unabhängiger geworden ist
Unter Xis Führung gab die kommunistische Partei ihr Ziel des maximalen Wirtschaftswachstums um jeden Preis auf. Stattdessen versuchte man, wirtschaftlich und technologisch unabhängiger vom Ausland – vor allem von den USA – zu werden. Vor zehn Jahren ging noch rund ein Drittel der chinesischen Exporte in die USA, heute sind es nur noch 15 Prozent.
Für jene Industrien, die besonders abhängig von US-Importen waren, gab es hohe staatliche Förderungen, um eigene Produkte in China zu entwickeln. Die Ergebnisse sieht man heute in der E-Auto-, Batterie- oder Drohnenproduktion, wo China technologisch führend ist.
Am Ziel ist man damit noch lange nicht. So sind chinesische Halbleiter-Chips noch immer nicht auf dem Niveau jener, die in den USA oder deren verbündet Taiwan hergestellt werden (und dank eines US-Exportverbots nicht nach China geliefert werden dürfen). Doch sie machen jährlich Boden gut.
Als bedeutendes Signal für den Erfolg des chinesischen Kurses gilt die Entwicklung von Deepseek: jenem KI-Modell, das ausschließlich auf vermeintlich „minderwertiger“ chinesischer Technologie basiert und trotzdem ähnlich gute Ergebnisse erzielt wie die US-Konkurrenz. Deepseeks Erfolg hat in China für landesweite Aufbruchsstimmung gesorgt.
China ist überzeugt, dass Trump einknicken wird
Chinas Führung scheint deshalb überzeugt, dass sie die Folgen des Handelskriegs besser verkraften kann als die Trump-Administration. Wenn die Preise vieler Produkte in beiden Ländern stark steigen, Firmen Verluste machen und Stellen streichen müssen, werden US-Bürger ihren Unmut eher äußern als jene im autokratisch regierten China.
Dann, so das Kalkül, würde der Druck auf Trump steigen – und der US-Präsident von sich aus Verhandlungen aufnehmen.
Zumal China selbst Hebel hat, um Druck auf Trump auszuüben: Noch immer kommt der Großteil der Chemikalien, aus denen Drogenbanden in Mexiko und den USA Fentanyl herstellen, aus dem Reich der Mitte. Hier hofften die USA zuletzt auf Chinas Zusammenarbeit, um den Drogenfluss zu bekämpfen.
Außerdem will Trump noch immer eine Einigung über einen Verkauf der chinesischen Plattform Tiktok in den USA finden. Trump will laut US-Medien keinesfalls, dass ihn die mehr als 100 Millionen Tiktok-Nutzer in den USA verantwortlich machen, sollte die Plattform dort verboten werden. Doch ohne die Zustimmung der Regierung in Peking kann der Verkauf nicht zustande kommen.
Annäherung an Südkorea und Japan wahrscheinlich
Letztlich erhofft man sich in China offenbar eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit asiatischen Nachbarn wie den langjährigen US-Verbüngeten Südkorea und Japan. Die Regierungen beider Nationen signalisierten dazu in den vergangenen Tagen Bereitschaft. Damit würde der chinesische Einfluss in der Region wachsen.
Damit der chinesische Plan aufgeht, darf im eigenen Land aber tatsächlich keine Unruhe aufkommen. Am Mittwoch kamen deshalb in Peking Vertreter der kommunistischen Partei, der Regierung, der Notenbank sowie der Finanz- und Börsenaufsicht zusammen. Insidern zufolge berieten sie über kurzfristige Maßnahmen, um die panischen Aktienmärkte zu beruhigen.
Währenddessen griffen die staatlichen Zensoren im Internet auf typisch chinesische Weise durch: Beiträge, in denen der Begriff „Zölle“ oder die Zahl „104“ vorkommen, konnten am Donnerstag nicht veröffentlicht werden.