Widergespiegelt zu haben, scheint sich diese Stimmung – wie schon bei der EU-Wahl im Juni – in den Ergebnissen der Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern Thüringen und Sachsen am Wochenende. Ginge es nach den 18- bis 24-Jährigen, hätten die Bundesregierungsparteien SPD, Grüne und FDP zusammen jeweils keine 20 Prozent erreicht.
Dafür stimmten laut Infratest Dimap 35 Prozent aller Thüringer Erstwähler für die AfD; in Sachsen waren es 30 Prozent. Beide wären demnach mit deutlichem Abstand Erster geworden. Der deutsche Verfassungsschutz stuft die AfD-Landesverbände in den beiden Bundesländern als „gesichert rechtsextrem“ ein.
„Junge vertrauen etablierten Parteien nicht“
„Die Jungen vertrauen den etablierten Parteien nicht. Es herrscht das Gefühl, dass sie und die vermeintlichen Eliten, die hinter ihnen stehen, sich nicht mehr um sie kümmern“, analysierte der Soziologe Axel Salheiser am Montag gegenüber der Süddeutschen Zeitung.
Das sei ein Teil der populistischen Erzählungen der AfD, die verfingen – bei Männern noch mehr als bei Frauen -, und spiegele sich in ihrer Lebensrealität wider: „schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen und Strukturproblemen“.
Studie: Junge Wähler haben Angst vor den Grünen
Auch die Linke war bei den Jungen deutlich stärker als im Gesamtergebnis, kam in Thüringen unter den Erstwählern mit 17 Prozent sogar auf den zweiten Platz. Die Grünen, die lange als gerade unter jungen Wählern beliebt galt, flog in Thüringen aus dem Landtag.
Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie vom Institut für Generationenforschung fürchten sich einige junge Wähler sogar vor der Grünen Partei, die teils als extremistisch und als Verbotspartei dargestellt werde. „Das sind mittlerweile richtige Ängste von den Jungen vor Parteien. Und das geht eben nicht nur Richtung AfD, sondern auch in andere Richtungen. Das war für uns ein neues Bild“, wurde Institutsleiter Rüdiger Maas von der Thüringer Allgemeinen zitiert.
„AfD wird nicht als rechtsextrem wahrgenommen“
Laut ihm verliert die klassische Aufteilung der Parteienlandschaft in links und rechts für junge Wähler zunehmend an Bedeutung: „Die AfD wird nicht als unmittelbar rechtsextrem wahrgenommen“, sagte er zur dpa. Viele würden sich als politisch mittig sehen, dann aber die AfD wählen.
Der Erfolg der AfD in der jungen Altersgruppe sei vor allem mit ihrer Bespielung sozialer Netzwerke zu erklären, wo die Partei mit gezielt aufgebauten Influencern eine große Reichweite hätte. Ob andere Parteien in dem Punkt noch aufholen könnten? Nur, wenn sie schnell viel Geld investierten und ebenfalls auf reichweitenstarke Persönlichkeiten im Netz setzten, meint Maas.
Auch FPÖ sehr aktiv auf Instagram und Co
Auch in Österreich sind die Rechten sehr bemüht, ihre Wähler per soziale Netzwerke von sich zu überzeugen – mit Erfolg. Laut der Social-Media-Marktforschungsagentur BuzzValue haben Herbert Kickl und seine FPÖ unter den bei der Nationalratswahl antretenden Spitzenkandidaten und Parteien mit Abstand die meisten Follower, sie verzeichnen offenbar auch weit mehr Interaktionen als alle anderen.
Wie die FPÖ Ende September bei den Jungen tatsächlich abschneiden wird, ist noch schwer zu sagen. Bei der EU-Wahl lag die FPÖ bei den unter 30-Jährigen nur ganz knapp hinter ÖVP und SPÖ. Auffallend war da laut Politikwissenschafterin Katrin Praprotnik: „Die unter 30-Jährigen haben nicht überproportional stark Grüne oder FPÖ gewählt, wie wir es kennen.“ Auch thematisch habe sich die Waage gehalten. Wie alle anderen hätten auch die Jungen im Vorfeld viel über Zuwanderung, Sicherheit und Klimaschutz diskutiert. Die meisten Umfragen sehen die FPÖ derzeit im Gesamtergebnis wie bei der EU-Wahl auf Platz eins.