Dieser Einförmigkeit versucht man mit Herkunftsnachweisen entgegenzuwirken. Speist ein Windrad Strom in das Netz ein, stellt der Netzbetreiber für die Strommenge einen Herkunftsnachweis – kurz HKN – aus und macht einen Eintrag in der HKN-Datenbank der E-Control. Aber auch einen HKN kann man als Mascherl keiner Strommenge umhängen. Man kann damit nur sicherstellen, dass z.B. eine gewisse Menge Strom eines Windrades im „Stromsee“ schwimmt.
Entwertet wird mit der Energierechnung
Am Ende landen Herkunftsnachweise auf den Jahresendabrechnungen für Kunden von Energieversorgern. Damit sind sie entwertet. HKN können gemeinsam mit einer spezifischen Strommenge verkauft werden, müssen es aber nicht. Sie können europaweit unabhängig vom Strom gehandelt werden. Im Endeffekt könnte ein Energieversorger also Strom in einem Gaskraftwerk erzeugen, aber HKN für Solarstrom von anderen Energieversorgern kaufen und seinen Kunden damit Ökostrom liefern. Das hat dem System auch Kritik eingebracht.
„Die wesentliche Idee ist, dass der Herkunftsnachweis nur einmal zur Verfügung steht“, sagt Harald Proidl von der E-Control. Wenn ein Energieversorger einen HKN für erneuerbare Energie verkauft, steht er ihm selbst nicht mehr zur Verfügung. Die Bilanz bleibt gleich. Um der Kritik entgegenzuwirken, dass HKN „Greenwashing“, also Schönfärberei, ermöglichen, wird seit 2024 auf den Stromrechnungen genau ausgewiesen, wie viel Strom ein Energieversorger gemeinsam mit HKN erworben hat und wie viel HKN getrennt erworben wurden. Eine Auswertung aller Energieversorger findet sich im jährlichen Strom- und Gaskennzeichnungsbericht der E-Control.
Im Gasbereich ist der Aufholbedarf noch groß
Wie viel Wert Energieversorger darauf legen, welche HKN sie ihren Kunden vorlegen, hängt von deren Umweltbewusstsein ab. „In Österreich sind Menschen generell sehr interessiert daran, woher ihr Strom kommt. In anderen Ländern wird das als nicht so wichtig erachtet“, sagt Proidl.
Während für HKN im Strombereich alle europäischen Länder vernetzt und aktiv beteiligt sind, gibt es im Gasbereich noch viel Nachholbedarf. Aufgrund der geringen Menge an Biogas in den Gasnetzen ist der Bedarf dafür noch nicht sehr ausgeprägt. In Österreich beträgt der Anteil derzeit gerade einmal 0,12 Prozent. Auf Basis der HKN könne derzeit auch nicht bestimmt werden, ob Erdgas aus Russland geliefert worden ist, erklärt Proidl. Hier sei also international noch einiges an Arbeit notwendig.
Umwandlung, Speicher und mehr
Durch die Energiewende kommt es immer öfter vor, dass HKN umgewandelt werden müssen. Wenn etwa mit Ökostrom per Elektrolyse grüner Wasserstoff produziert wird, geht der HKN von Strom auf Gas über. Genauso läuft es bei der Umwandlung von Biogas in Fernwärme. In Zukunft wird die Angelegenheit noch komplexer, prophezeit der Experte. Dann müssten auch Dinge wie Batteriespeicher und neue Geschäftsmodelle in das System integriert werden. An diesem orientieren sich immer mehr Länder, etwa am Balkan oder am Kaukasus. Wer am gemeinsamen Markt der EU teilnehmen will, bereitet sich auch auf diese Art darauf vor.