„Evangelicals for Harris”, ein loses Bündnis von mittlerweile über 200.000 Menschen in allen Teilen der USA, hat sich darauf eingeschossen, in den sieben Bundesstaaten, die das Rennen um das Weiße Haus aller Wahrscheinlichkeit nach entscheiden werden – Arizona, Nevada, Georgia, North Carolina, Pennsylvania, Michigan und Wisconsin – gezielt cirka 20 Prozent plus x ihrer Glaubensbrüder- und schwestern anzusprechen, damit sie nicht für den Republikaner stimmen.
„Was würde Jesus tun?“
Dabei, so sagt Gründer Jim Ball, ein Pastor aus Vienna vor den Toren Washingtons, lässt man sich leiten, von dem, was vor einigen Jahren in der Szene unter dem Kürzel WWJD bekannt wurde. „What would Jesus do?” – Was würde Jesus tun?
Ball und seine Mitstreiter, die sich in Zoom-Konferenzen im Internet koordinieren und mit Millionen-Spenden im Rücken seit August gezielt Anti-Trump-Werbespots in strategisch wichtigen Regionen schalten, sind sich sicher, dass die rassistisch grundierten Attacken von Trump und seinem Beiboot J.D. Vance gegen haitianische Einwanderer in Springfield/Ohio keine himmlische Zustimmung erführen. „Diese Leute sind verwundbar. Sie brauchen unsere Hilfe und keinen Hass.”
Doug Pagitt, Balls Bruder im Geiste, und Kopf der Gruppe „Vote Common Good”, kommt bei seinen Touren durchs Land immer wieder auf ein legendäres Video zu sprechen, das für den evangelikalen Pastor aus Minnesota als Sinnbild für den Fake-Glauben Trumps steht.
2015 wurde der damalige Präsidentschaftskandidat in Iowa bei einer von Evangelikalen geprägten Veranstaltung von dem bekannten Moderator Frank Luntz gefragt, wann er das letzte Mal um Vergebung für seine Sünden gebeten habe.
Trump: „Bringe Gott nicht ins Spiel“
Trump rutschte auf seinem Sessel hin und her, nannte die Frage „schwer zu beantworten” und gab dann kund, dass er das noch nie gemacht habe. „Ich denke, wenn ich etwas falsch mache, versuche ich einfach, es richtig zu machen”, sagte Trump zum Befremden des Publikums, „ich bringe Gott nicht ins Spiel. Das tue ich nicht.“
Lee Scott, ein Presbyter-Pastor aus Pittsburgh, der ebenfalls bei „Evangelicals for Harris” Führungsfunktionen hat, macht klar, dass er bei weitem nicht in allem mit der zwischen Hinduismus und Baptismus aufgewachsenen Kalifornierin Harris übereinstimmt, etwa bei der Abtreibung gebe es nach wie vor „große Unterschiede”.
Aber dass sie sozial- und familienpolitisch einfacher christlicher und mitfühlender ist als Trump, der bisher nie damit aufgefallen sei, bei der Armutsbekämpfung, der Gewährleistung einer bezahlbaren Krankenversicherung und beim Schutz der Umwelt und der Bekämpfung des Klimawandels gute Lösungen anzubieten. „Ich wähle Harris”, sagt Scott, „Trump, das geht einfach nicht.”