Zu wenige Neubauten, zu viel Leerstand: Der österreichische Wohnungsmarkt ist in einer Schieflage, die teuer kommen kann.
In Österreich droht ein Wohnungsmangel. Diese Prognose gab im Frühjahr 2023 die Immobilienfirma CBRE in einer Studie ab. Und das, obwohl laut Statistik Austria 2022 so viele Wohnungen fertiggestellt wurden wie zuletzt Anfang der 1980er Jahre – konkret 77.346 Immobilien. Doch dieser Boom ist jetzt vorbei. Aufgrund der kriselnden Baubranche sind die Genehmigungen für neue Wohnungen 2023 auf einen Negativrekord von 46.600 Einheiten gefallen. Das ist ein Minus von 46 Prozent im Vergleich zum Rekordhoch von 2017.
Der Trend setzt sich fort: Im ersten Quartal 2024 sind die Bewilligungen um 10,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken.
Leerstand und mehr Ein-Personen-Haushalte
Demgegenüber stehen aber auch andere Zahlen: 230.000 Wohnungen stehen in Österreich leer, errechnete Greenpeace im Frühling in einer Analyse. Die NGO kritisiert, dass der Wohnungsbau im Vergleich zum Bevölkerungswachstum überproportional ansteigt. Das heißt, wir bräuchten nicht unbedingt neue Wohnbauten, sondern sollten leerstehende Wohnräume aktivieren. Anders sieht das der Immobilienmakler Engel & Völkers in einer im August veröffentlichten Studie: Demnach ist das Angebot an Mietwohnungen zumindest in Wien um 20 Prozent gesunken, die Nachfrage aber um zehn Prozent gestiegen.
Angebot und Nachfrage werden von einem Wohntrend geprägt: Sowohl Engel & Völkers als auch CBRE sehen in ihren Prognosen eine Tendenz zu Ein-Personen-Haushalten. Somit würden die Mietpreise vor allem bei kleineren Wohnungen steigen. Dass die Fertigstellung von neuen Wohnbauprojekten angesichts der Bauflaute in den nächsten Jahren sinken wird, könnte besonders in Wien zu einer Verknappung führen.
Österreichs Eigentumswohnungen im Europa-Vergleich am teuersten
Ein Blick auf die Preise offenbart aber ein zentrales Problem: Wohnraum ist hierzulande teuer, vor allem beim Eigentum. Bei den freifinanzierten Wohnungen liegt Österreich beim Deloitte Property Index 2024 auf Platz eins in Europa mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 4.920 Euro. Im Vergleich zu anderen europäischen Metropolen sind Österreichs Städte bei den Mietpreisen allerdings eher günstig. Keine Überraschung also, dass die Mietquote – also der Anteil der Mieter:innen bei den Privathaushalten – mit 43,7 Prozent steigend ist.
Während die Kaufpreise für Immobilien 2023 rückläufig waren, sind die Mieten laut Statistik Austria 2023 überdurchschnittlich gestiegen, inklusive Betriebskosten 7,6 Prozent pro Quadratmeter gegenüber 2022. Die Behörde sieht deshalb in Zukunft vor allem Bedarf an leistbarem Wohnraum.
Auch wenn sich die hohe Inflation und die steigenden Energiepreise mittlerweile wieder entspannt haben, günstiger dürfte das Wohnen in naher Zukunft nicht werden. Denn die sinkende Bautätigkeit und die steigende Nachfrage nach bestimmten Wohnobjekten im günstigeren und kleineren Bereich dürften die Mietpreise den aktuellen Prognosen zufolge weiter antreiben. Die Eigentumswohnungen sind selbst mit sinkenden Preisen für viele noch zu teuer, um sie mit den neuen Kreditvergaberichtlinien zu finanzieren. Das Wohnungsproblem wird uns also noch länger begleiten und auch die Politik beschäftigen.
Elisabeth Oberndorfer schreibt jede Woche eine Kolumne zum Thema Ökonomie. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.
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