Die erste Krankmeldung war für zwei Wochen ausgestellt. Nach Ablauf der Frist folgte die Verlängerung. Diesmal drei Wochen, aus denen irgendwann Monate wurden. Die Rückkehr des Mitarbeiters? Unbekannt. Wie auch – eine Krankheit, ein Burn-out verläuft nicht nach Zeitplan. Nimmt keine Rücksicht auf Produktionsfristen, unterbesetzte Teams oder herausfordernde Wirtschaftsphasen. Und kann die Fronten zwischen Betroffenen und ihren Arbeitgebern verhärten.
Schlittert ein Mitarbeiter ins Burn-out, ist eigentlich klar: die Person braucht Ruhe. Muss sich, ungestört von der Arbeit, auf die Genesung fokussieren können. Und sich erst wieder gedanklich mit dem Job befassen, wenn es der Gesundheitszustand zulässt. So der „Idealfall“, der in der Praxis oft anders verläuft, weiß Rechtsanwältin Kristina Silberbauer, die ausschließlich im Arbeitsrecht berät und vertritt.
Quälende Ungewissheit
„Beim Arbeitnehmer gibt es einen Wissensvorsprung“, klärt Silberbauer auf. „Er kennt die Diagnose, weiß eher, wie es weitergeht.“ Der Arbeitgeber habe keine rechtliche Handhabe an dieses Wissen heranzukommen – erfährt lediglich mittels Krankschreibung, ob es sich um einen Arbeitsunfall, einen Krankenstand oder um eine Berufskrankheit handelt. Und, wenn sich der Arzt festlegt, die voraussichtliche Dauer des Krankenstands.
Dass eine berufsbedingte Erschöpfung vorliegt, müsste der Arbeitgeber somit nie erfahren. „Es geht ihn ja schlussendlich nichts an“, sagt Silberbauer. Doch genau das ist die Krux. „Erfährt man, dass es sich um ein Burn-out handelt, kann man sich aus der Lebenserfahrung zusammenreimen, dass es Monate dauern wird“, sagt Silberbauer. Man könnte Aufgaben neu verteilen, sich bei Bedarf um Ersatz bemühen, das Team entlasten und aufhören, sich zu fragen: Wie lange soll ich abwarten? „Erfährt man gar nichts, ist das unerfreulich.“
Und führt manchmal dazu, dass der Arbeitgeber beginnt, die erkrankte Person zu kontaktieren. Arbeitsrechtlich ein heikles Terrain.