Wenn Österreicher zu Tisch gebeten werden, dann gibt es zumeist eine Erfolgsgeschichte zu erzählen. Und damit sei nicht nur Werner Schlagers Weltmeistertitel 2003 erwähnt. Erst im Oktober glänzten bei der Heim-EM in Linz Medaillen.
Aber schon im Herbst wurde ein Schatten über das sportlich erfolgreiche Großereignis geworfen: Anschuldigungen gegen die Spitze des Tischtennisverbandes, gegen Präsident Wolfgang Gotschke und seinen Vizepräsidenten, Stefan Fegerl, wurden bekannt.
Und die Situation spitzt sich im Vorfeld der Vorstandswahl am 30. März zu.
Gegen Gotschke und Fegerl gibt es seit dem Vorjahr Vorwürfe von Aktiven, von psychischer Gewalt sowie Vernachlässigung war die Rede. Der Verband leitete eine Untersuchung ein, deren Bericht soll die Verfehlungen untermauert haben und von einem „nachhaltig zerrütteten Verhältnis“ zwischen Aktiven und der Verbandsspitze sprechen.
Nun wehrt sich Fegerl: „Die Sache wurde von langer Hand geplant und gesteuert.“
Der 36-Jährige betont, dass bei der Präsidentenkonferenz im Jänner der Bericht der Untersuchungskommission „nahezu komplett widerlegt“ wurde.
Wie er und Wolfgang Gotschke das gemacht haben wollen? „Indem wir erstens seit Juni nur mehr mit Zeugen mit gewissen Personen gesprochen haben. Und zweitens: Wir haben eine Vertrauensperson im ÖTTV, die Tanja Wessely. Sie ist mit den Spielern bei den Turnieren unterwegs. Zu ihr hat nie irgendjemand was gesagt, dass etwas nicht passt.“ Auf ihre Aussage wurde im Untersuchungsbericht verzichtet.
„Medial aufgesetzt“
Zu dem in den Medien verbreiteten Vorwurf der psychischen Gewalt und Vernachlässigung sagt der Sportdirektor: „Das kann man sowieso ausschließen, das ist ja, wie wenn man keine Nahrungsmittel oder kein Wasser zur Verfügung hat. Das ist medial aufgesetzt von A bis Z.“
Zu gewissen Vorwürfen nimmt der zweimalige Olympiateilnehmer Stellung: Andreas Levenko habe zum Beispiel gesagt, dass er zu wenig unterstützt werde und zu wenige Turniere spiele. „Ich habe es mir herausgesucht: Er hat 2024 18 Turniere von Manchester bis Korea finanziert bekommen. Und jetzt Achtung: Es gibt weltweit keinen Spieler, der mehr Turniere gespielt hat.“ Dass Levenko jetzt aussagt, er habe Angst vor Fegerl, findet dieser kurios: „Ich habe ihn nach seinen Wutausbrüchen immer gedeckt. Dass er überhaupt noch spielen darf, verdankt er mir.“
Auch Aussagen von Athletensprecher Daniel Habesohn kontert Fegerl: „Wir können jeden Punkt, den Habesohn gesagt hat, widerlegen. Er sagt zum Beispiel, dass er gerne die WM in China gespielt hätte. Aber er vergisst, dass er uns eine eMail geschickt hat, in der er freiwillig verzichtet.“
Habesohn wehrt sich. „Die Absage kam unter dem Druck der ÖTTV-Führung bezüglich der dritten Corona-Impfung zustande.“ Habesohn war zweimal geimpft („danach ging’s mir nie gut“). „Dabei wäre die dritte Impfung nicht notwendig gewesen, da es eine Ausnahmegenehmigung gab, um die der Verband nie ansuchte. Außerdem musste man nur in dem Land, in dem man lebt, fully vaccinated sein – das war ich, ich war zudem zwei Mal genesen“, so Habesohn, der von einem Rattenschwanz spricht. „Ich habe aufgrund des Druckes die Absage geschickt. Das ist aber kein Grund, beide Mannschaften nicht zur WM zu schicken. Als Folge stellte Österreich dann weder bei Frauen noch bei Herren Teams bei Olympia. Als eine der wenigen Top-Nationen.“
Der 38-Jährige betont, dass es nichts Persönliches sei. „Ich bin Athletensprecher und verantwortlich, auf die Situation hinzuweisen. Eine Situation, die es seit Jahren gibt und die sich durch bestimmte Vorkommnisse zugespitzt hat.“ Und da ginge es nicht nur um schlechte Trainingsbedingungen. Sondern um „menschliche Verfehlungen“. Habesohn nennt als Beispiel das Auftauchen von Gotschke-Fegerl am Arbeitsplatz zweier Spieler. „Sie sprechen immer von guten Gesprächen. Sind das gute Gespräche, wenn sich der Athlet dann einen Anwalt nimmt?“
Sachliche Form
Habesohn weiter: „Die Athleten haben sachlich auf Missstände hingewiesen. Es kann nicht sein, dass ihnen gedroht wird oder dass ihnen ein Ultimatum gestellt wird.“ Der 38-Jährige nennt auch einen Fall in Kärnten. „Junge Mädchen meldeten ihr Unwohlsein mit dem Trainer einer anderen Trainerin, die es dem Verband meldete. Deren Vertrag wurde nicht verlängert, Fegerl sagte zu ihr: ’So geht man mit Verrätern um’.“
Die Kritik des Ehrenpräsidenten an der Kommission
Mittlerweile hat sich auch Gotschkes Vorvorgänger Gottfried Forsthuber zu Wort gemeldet. In einem Schreiben kritisiert der Rechtsanwalt und jetzige Ehrenpräsident die Arbeit der Untersuchungskommission. Besonders seien juristische Grundsätze nicht eingehalten worden. So wurden Personen nicht befragt, die die Vorwürfe hätten aufklären können und wurde es Gotschke und Fegerl nicht ermöglicht, ihre Aussage zu kontrollieren.
Für die Wahl am 30. März gewann der Salzburger Verband Norbert Darabos für die Kandidatur als Präsident. Auf dieser Liste steht Liu Jia als Sportdirektorin und drei der jetzigen Vorstandsmitglieder, die alle davon aus den Medien erfuhren und lieber für die Liste Gotschke kandidieren. Geht man die Bundesländer durch, dann wird es wohl zu keinem Umsturz kommen.
Doch egal, wie die Wahl ausgeht: Die zwei gespaltenen Lager werden bleiben.