Startseite Wirtschaft Warum trotz Auftragsflaute nur 142 in Kurzarbeit sind

Warum trotz Auftragsflaute nur 142 in Kurzarbeit sind

von Max

Die Vorzeichen für den Herbst sind düster. In der heimischen Industrie kündigt sich für den Herbst eine größere Kündigungswelle an. Schon im August stieg die Arbeitslosigkeit mit 16,6 Prozent auf knapp 30.000 Betroffene viel stärker als in anderen Branchen. Eine Entspannung ist nicht in Sicht. „Österreich befindet sich in einer deutlichen Industrierezession“, kommentierte AMS-Vorstand Johannes Kopf die aktuellen Arbeitsmarktzahlen am Montag.

In Summe stieg die Zahl der Jobsuchenden inklusive Schulungsteilnehmer im Jahresvergleich um 9,8 Prozent auf 352.000 Betroffene. Zugleich ging die Zahl der beim AMS sofort verfügbaren offenen Stellen konjunkturbedingt um 15 Prozent auf knapp 93.000 zurück. Viele Betriebe halten sich aktuell mit Neueinstellungen zurück und überlegen, wie sie die Zeit der Auftragsflaute durchtauchen können. Eine bewährte Anti-Krisen-Maßnahme, um Personal nicht kündigen zu müssen, ist die vom AMS geförderte, vorübergehende Arbeitszeitverkürzung für einen Teil der Beschäftigten, besser bekannt als Kurzarbeit. Doch die greift heuer nicht.

Nur 142 Kurzarbeiter

Gerade einmal 142 Beschäftigte befanden sich laut AMS-Statistik Ende Juli in Kurzarbeit. Grund sind die strengen Zugangshürden, die kaum ein Betrieb schafft. Jüngstes Beispiel war der Haushaltsgerätehersteller Liebherr, der 960 Beschäftigte am Standort Lienz in geförderte Kurzarbeit schicken wollte, was aber vom AMS mit Verweis auf die aktuelle Regelung verwehrt wurde.

Die Kurzarbeitsbeihilfe wird nämlich nur genehmigt, wenn externe, nicht vorhersehbare und vorübergehende Umstände der Auslöser für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten waren. Höhere (Energie)kosten, fehlende Fachkräfte oder versäumte betriebliche Strukturanpassungen können keine Kurzarbeit begründen. Bleiben im Prinzip nur Schadensereignisse nach Naturkatastrophen wie Hochwasser, Erdrutsch oder Orkan übrig. 

Details zu den aktuell gültigen Regeln für die Kurzarbeitsbeihilfe finden Sie hier

Für Reinhold Binder, Vorsitzender der Metallergewerkschaft ProGe, ist das angesichts der aktuellen Personalkürzungen „Zynismus“. Die sich nun zuspitzenden Auftragsprobleme wären „nicht absehbar“ gewesen, so Binder zum KURIER. Die Liebherr-Entscheidung könne er „überhaupt nicht nachvollziehen“, zumal es nur um ein paar Monate zur Überbrückung gegangen sei.

Metallergewerkschafter Reinhold Binder

Auch das Argument, dass Industriefachkräfte ohnehin gefragt seien und bei Kündigung rasch wieder einen Job fänden, lässt der Gewerkschafter nicht gelten. In einigen Regionen, wie etwa bei Liebherr in Osttirol, gebe es oft keine Alternative, auch seien mitunter Hilfskräfte betroffen, die man in der Kurzarbeit weiterbilden könnte. 

Auch die Industriellenvereinigung (IV) ist mit der aktuellen Kurzarbeit unzufrieden. Sie wünscht sich einen „praxisgerechten Vollzug durch die zuständigen Stellen, auch um Standortnachteile etwa im Vergleich zu Deutschland zu vermeiden“. Für den Staat sei der Erhalt von Jobs viel billiger als die Arbeitslosigkeit, unterstreicht Binder. Die kommende Regierung müsse wieder an einer praxisgerechten Adaptierung arbeiten.

Arbeitsminister Martin Kocher stellte kürzlich klar, dass Kurzarbeit nicht dafür da sei, konjunkturelle Schwankungen auszugleichen. Zudem suchten viele Firmen nach wie vor nach Fachkräften. „Diese bei Firmen zu binden, die auf unbestimmte Zeit nicht genug Aufträge haben, ist volkswirtschaftlich fraglich.“ Größere Summen für die Kurzarbeit könnte das AMS ohnehin nicht stemmen. Im Herbst des Vorjahres wurden dafür 20 Mio. Euro budgetiert. 

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