Startseite Kultur Was der Preis für „Comedian“ über die Kunstwelt sagt

Was der Preis für „Comedian“ über die Kunstwelt sagt

von Max

„Comedian“, Komödiant, heißt die an die Wand gepickte Banane, die bei Sotheby’s in New York in der Nacht zum Donnerstag um 6,24 Millionen US-Dollar (rund 5,9 Millionen Euro) den Besitzer wechselte.

Überraschend daran war gewiss der Preis – bereits der vorab bekannt gegebene Schätzwert von 1,5 Millionen US-Dollar war zehn Mal so hoch wie die Summe, die die Galerie des italienischen Künstlers bei der Erstpräsentation 2019 verlangt hatte.

Viele verblüffte allerdings, dass ein solches Werk überhaupt so viel Aufmerksamkeit erregt: Die Praxis, ein Alltagsding zur Kunst zu erklären und entsprechend zu handeln, kennt man nämlich seit 1913, als der Franzose Marcel Duchamp seine „Readymades“ (ein Fahrrad-Rad, einen Flaschentrockner, ein Urinal) im Kunstkontext präsentierte.

Krypto-Kloschüssel

Die aufschlussreichste Erklärung, warum die Dinge beim „Comedian“ etwas anders gelagert sind, lieferte der Käufer Justin Sun selbst: Das Werk sei „ein kulturelles Phänomen, das eine Brücke zwischen der Welt der Kunst, der Memes und der Kryptowährungen baut“, gab der chinesische Unternehmer auf X bekannt (sein Profilbild hatte er dazu mit einem Bananen-Emoji verziert.)

Sun ist Begründer der Kryptowährungsplattform „Tron“ und fiel schon in der Vergangenheit als Kunstkäufer auf, wobei er sowohl in klassische Skulpturen als auch in NFTs investierte: Die digitalen Zertifikate erlebten um 2021 einen Hype, eine populäre Serie waren die „Bored Apes“ („Gelangweilte Affen“). Der Zusammenhang von Handelsware und Wert war hier ebenso wenig fassbar wie bei der nun verkauften Affennahrung.

Es ist ein nicht ganz unwichtiges Detail, dass Sotheby’s für die Versteigerung von „Comedian“ auch die Bezahlung in Kryptowährungen akzeptierte – und dass eben jene seit der Wiederwahl Donald Trumps einen Höhenflug erlebt haben.

Wie die Bananenbezahlung genau abläuft, ist kaum zu eruieren, man sollte aber wohl nicht von einer normalen Banküberweisung ausgehen. Der Werbeeffekt für Suns „Tron“ dürfte aber die sechs Millionen rechtfertigen – dazu kommen noch kurzfristige Krypto-Projekte, sogenannte „Meme Coins“, die rund um die Auktion einen Höhenflug erlebten. Laut New York Times waren zwei der Gegenbieter Suns in solche Projekte investiert.

Ein „Meme“, im Sinn einer Bildbotschaft, die sich rasant verbreitet, war „Comedian“ bereits, als es 2019 auf der Kunstmesse „Art Basel Miami Beach“ präsentiert wurde. In der Tat „besteht“ das Werk aus einem Echtheitszertifikat, das in dreifacher Ausfertigung vorliegt (zwei wurden von Museen gekauft). Die Banane und das Klebeband können beliebig erneuert werden.

Schnapp und weg

So kostete es Cattelan auch nur ein Achselzucken, als das Werk bei zwei Gelegenheiten von der Wand gerissen und verspeist wurde.

Derlei über Social Media verbreiteter Aktivismus zahlte allerdings in die Strahlkraft der Banane ein – und entzog das Werk auch seinem Schöpfer, der im Übrigen auch nicht vom Wiederverkauf profitiert.

Dass das Auktionshaus in seinem Katalog statt kunsthistorischer Sekundärliteratur zahllose Medienberichte zu „Comedian“ auflistete, unterstrich die geänderte Dynamik im Kunstfeld: Beim klassischen Readymade wurde ein profanes Ding in einen kulturellen Kanon eingeführt, was gemäß dem Theoretiker Boris Groys zu einer Umwertung führt – und das kulturelle Gefüge verändert. Bei „Comedian“ steht dem profanen Ding kein kultureller Kanon mehr gegenüber – nur ein rasender Markt mit schnelllebigen Memes.

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