Friedrich Merzs Fehlstart im deutschen Bundestag hatte es am Dienstag verhindert: Da hätte eigentlich der Bayer Alexander Dobrindt (CSU) sein neue Amt als Bundesminister antreten und auch schon sein neues Büro aufsuchen sollen. Doch daraus wurde nichts: Weil der CDU-Chef im ersten Wahlgang überraschend durchgefallen und erst im zweiten Anlauf zum deutschen Bundeskanzler gekürt werden konnte, musste auch die Angelobung aller anderen Regierungsmitglieder in Berlin warten.
Dabei haben es Dobrindt ebenso wie Merz eilig, die Versprechen aus dem Wahlkampf umzusetzen. Eines der wichtigsten davon: Massive Verschärfung der Grenzkontrollen, um so die illegale Migration nach Deutschland einzudämmen. Bereits an seinem verspäteten ersten Arbeitstag beriet sich deshalb Dobrindt mit dem deutschen Polizeipräsidenten und dem Chef des Migrationsamtes, um die künftigen Linien abzustecken.
Demnach sollen ab sofort Migranten, die Asyl begehren, direkt an der Grenze gestoppt und umgehend ins Nachbarland – also auch nach Österreich zurückgeschickt werden. Proteste gegen diese Pläne, die dem EU-Recht widersprechen, gab es nicht nur aus Österreich, sondern auch aus Polen und den Niederlanden.
Deutschlands Landgrenze beträgt rund 4.000 Kilometer, sie lückenlos zu kontrollieren, gilt als unmöglich.
Doch um die Kontrollen zu verschärfen, soll das Kontingent der Polizei an den Grenzen verdoppelt, die mobilen Überwachungseinheiten werden aufgestockt. Zudem, so berichtet der Spiegel werden, die Beamten künftig statt acht eine Zwölf-Stunden-Schichten leisten müssen.
Zuletzt sind die Migrationszahlen in Deutschland deutlich gesunken, und fraglich ist auch, wie der zusätzliche finanzielle Aufwand für den Grenzschutz gestemmt werden kann.
Doch wichtig ist der neuen deutschen Koalitions-Regierung vorerst die Botschaft: Maßnahmen werden gesetzt, um die illegale Migration sichtbar einzubremsen.
Familiennachzug soll ausgesetzt werden
Zudem will Dobrindt die Aufnahmeprogramme für Menschen aus Afghanistan beenden und. Außerdem plant Deutschland – wie es auch Österreich anpeilt – den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte auszusetzen.
Den zweiten Schwerpunkt setzt die neue Regierung auf die Ankurbelung der deutschen Wirtschaft.
Der droht heuer das dritte Rezessionsjahr in Folge, nicht zuletzt, weil sich mit der aggressiven Zollpolitik von US-Präsident Trump die Konjunkturaussichten weiter eintrüben. Gegensteuern will die Regierung deshalb mit einem „Investitionsbooster“.
Beflügeln dürfte die deutsche Konjunktur dabei vor allem das jüngst verabschiedete, gewaltige Milliarden-Paket des Bundes. Insgesamt eine Billion – also 1.000 Milliarden Euro – an Schulden darf die Bundesrepublik in den kommenden Jahren aufnehmen, um sie in ihre Verteidigung und die Modernisierung der Infrastruktur zu stecken.
Dafür hatte das Land das Grundgesetz geändert und die berühmte deutsche Schuldenbremse demontieren müssen.
Der Schwung dieser Investitionen wird allerdings nicht in den ersten 100 Tagen der Regierung spürbar werden, sondern erst ab nächstem Jahr: Für 2026 wird dann immerhin ein Wachstum von 1,0 Prozent erwartet.
Die junge Regierungskoalition, bestehend aus Union und Sozialdemokraten, hat bereits in den vergangenen Wochen umfangreiche Maßnahmen angekündigt, um die Wirtschaft anzukurbeln:
Geplant sind etwa bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen, außerdem wollen die neuen Regierungspartner Energiekosten und Unternehmenssteuern senken, das Arbeitsrecht flexibilisieren und Bürokratie abbauen. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien sollen Kosten sinken.
Aus für das Lieferkettengesetz
Weiters geplant: Das von der deutschen Wirtschaft heftig kritisierte Lieferkettengesetz soll wieder gekippt werden. Es gilt seit zweieinhalb Jahren und verpflichtet Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern in Deutschland, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in ihren weltweiten Lieferketten zu beachten.
Die Handschrift der konservativ dominierten Merz-Regierung zeigt sich auch bei der geplanten Aufhebung einer weiteren, umstrittenen Maßnahme: Das Agrardieselprivileg für Landwirte soll wieder eingeführt werden.