„Europe First”, mehr Geld von Energieunternehmen und Banken, transparente Lebensmittelpreise: Diese Pläne haben ÖVP, SPÖ und Neos für ihre Koalition vorgelegt.
„Das werden harte Jahre.” Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger dämpfte bei der Präsentation des Regierungsprogramms vergangene Woche die Erwartungen. Die Pläne der Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos für Budgetsanierung und Wirtschaft unterscheiden sich von jenen, die die bisherigen Regierungsverhandler ÖVP und FPÖ vorgelegt hatten. Das Einsparungsziel ist aber nach wie vor ambitioniert und hat Konsequenzen für die Unternehmen, aber auch für die Arbeitnehmer:innen.
Der Sparplan zum Abbau der Schulden
Die neue Bundesregierung will den Haushalt in den kommenden sieben Jahren nach den Vorgaben des EU-Defizitverfahrens konsolidieren. Im laufenden Jahr will die Dreierkoalition 6,3 Milliarden Euro einsparen. Angesichts der Tatsache, dass die geplanten Maßnahmen erst abgesegnet werden müssen, ist das ein ambitioniertes Ziel. 2026 sollen 8,7 Milliarden Euro eingespart werden. Zur Erinnerung: Mit dem siebenjährigen Konsolidierungspfad muss die Regierung 18,1 Milliarden Euro insgesamt einsparen.
Die Einsparungen sollen vor allem auf der Ausgabenseite passieren, sagt Meinl-Reisinger. So soll die Verwaltung der Bundesministerien kosteneffizienter gestaltet werden. Auch beim Förderwesen sieht die neue Regierung Handlungsbedarf, eine neue „Förder-Taskforce” soll die Förderinstrumente evaluieren und kosteneffizienter gestalten. Ähnliche Empfehlungen kamen schon im Herbst von den Ökonom:innen des Landes. Wie erwartet werden auch der Klimabonus vorerst gestrichen und die Bildungskarenz in ihrer aktuellen Form abgeschafft, ein Nachfolgemodell soll im Jänner 2026 kommen.
Von einer Vermögenssteuer, auf die die SPÖ während der Koalitionsverhandlungen gepocht hatte, ist im finalen Regierungsprogramm nicht mehr die Rede. Dafür kommt eine Bankenabgabe, die in diesem und im nächsten Jahr jeweils 500 Millionen Euro in die Staatskasse spülen soll. Nicht nur Finanzinstitute, sondern auch Energieunternehmen sollen Standortabgaben leisten, die jährlich 200 Millionen Euro bringen sollen. Von den Glücksspielanbietern will die Koalition in den nächsten Jahren hunderte Millionen Euro eintreiben.
Geld für den Arbeitsmarkt
Trotz des Sparpakets stellt die neue Regierung zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung, etwa für den Arbeitsmarkt. So könnte das Arbeitsmarktservice heuer 230 Millionen Euro für eine Fachkräfteoffensive, Kurzarbeit und Arbeitsstiftungen erhalten. Durch steuerliche Entlastungen soll auch das Arbeiten im Alter attraktiver werden. Damenhygieneartikel sollen ab 2026 von der Umsatzsteuer befreit werden. Um die Medienkompetenz von Jugendlichen zu fördern, sind 30 Millionen Euro für Zeitungsabos vorgesehen.
Weniger Bürokratie für Unternehmen
Zur Förderung der Bauwirtschaft will die neue Regierung öffentliche Projekte vorziehen und den Handwerkerbonus vorerst beibehalten. Außerdem stellen die drei Parteien eine Senkung der Lohnnebenkosten in Aussicht und die Bürokratie für Unternehmen soll abgebaut werden. Dazu soll die Stelle eines/einer Deregulierungsbeauftragten geschaffen und eine zentrale Anlaufstelle für Unternehmensanliegen eingerichtet werden.
Als Gegenmaßnahme zum „America First” des zweitwichtigsten Handelspartners Österreichs, den USA,bekennt sich die neue Regierung zu einer „Europe First”-Strategie. Das bedeutet, dass vor allem im öffentlichen Sektor und in geförderten Bereichen Produkte aus Europa bevorzugt werden sollen. Beim Thema Start-ups wollen die Koalitionspartner im Bereich Female Entrepreneurship, also Unternehmensgründungen durch Frauen, zur europäischen Spitze aufschließen. Unternehmensgründungen sollen künftig innerhalb von fünf Werktagen digital abgewickelt werden können.
Leistbares Wohnen
Für junge Menschen soll der Erwerb von Wohneigentum durch ein Wohnbaukreditprogramm erleichtert werden. Bei den Mieten soll in diesem und im nächsten Jahr die Inflationsanpassung zumindest für Altbau- und Genossenschaftswohnungen ausgesetzt werden. Mietverträge dürfen künftig nur noch für fünf Jahre oder länger abgeschlossen werden, um Preissteigerungen bei häufigem Mieter:innenwechsel zu vermeiden.
Als Maßnahme gegen steigende Lebensmittelpreise will die Regierung künftig in Zeiten hoher Inflation Vereinbarungen mit Hersteller:innen treffen, um Preissteigerungen zu dämpfen. Außerdem soll die Bundeswettbewerbsbehörde weitere Maßnahmen für einen fairen und transparenten Handel umsetzen. Ähnlich sieht es bei den Energiepreisen aus, hier sollen die Informationen für die Verbraucher:innen künftig klarer und transparenter gestaltet werden, etwa durch eine Vereinfachung der Energierechnung.
Insgesamt klingen viele Maßnahmen des vorgelegten Regierungsprogramms noch wie unausgegorene Ideen, und bekanntlich werden nie alle Pläne einer Regierung tatsächlich umgesetzt. Immerhin haben ÖVP, SPÖ und Neos eine Absichtserklärung vorgelegt, den Wirtschaftsstandort Österreich zu fördern, Bürokratie abzubauen und den Arbeitsmarkt für Jung und Alt attraktiver zu gestalten. Doch das hat einen Preis, etwa die Streichung von einigen Förderungen und des Klimabonus.
Elisabeth Oberndorfer schreibt jede Woche eine Kolumne zum Thema Ökonomie. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.
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Infos und Quellen
Daten und Fakten
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6,3 Milliarden Euro will die neue Koalition noch in diesem Jahr einsparen.
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Die Vermögenssteuer kommt nicht, dafür Standortabgaben für Energieunternehmen und Finanzinstitute.
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Eine neue Form der Bildungskarenz soll 2026 kommen.