Georg Renner hat sich angeschaut, wie sich der Verdienst der Bundespolitiker:innen entwickelt und was es mit der Nulllohnrunde auf sich hat.
Auch wenn wir noch keine neue Regierungskoalition haben: Es ist jetzt schon die Zeit, in der die potenziellen Koalitionspartner gemeinsam symbolische Handlungen setzen. Anfang der Woche haben ÖVP, SPÖ und Neos gemeinsam verlauten lassen, dass sie eine „Nulllohnrunde“ für Politiker:innen beschließen – und so kam es dann auch, in der Nationalratssitzung diese Woche ging das entsprechende Gesetz mehrheitlich (gegen die Stimmen der FPÖ, die auch die Länder verpflichten wollte) durch.
Schauen wir uns kurz an, was das heißt:
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Wie viel Politiker:innen in Österreich generell verdienen
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Was das die Republik insgesamt kostet
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Wie diese Bezüge normalerweise erhöht werden
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Wie viel sich der Steuerzahler durch die Aussetzung erspart
Wichtig, bevor wir anfangen: Alles, was ich hier schreibe, bezieht sich zunächst einmal nur auf Amtsträger:innen auf der Bundesebene. Die Bundesländer können – mit Ausnahme des Entgelts für die Landehauptleute, für die der Bund eine Obergrenze vorgibt – grundsätzlich selbst bestimmen, wie viel Politiker:innen in ihrem Bereich bekommen. Vom Mitglied der Landesregierung über Landtagsabgeordnete bis zu den Bürgermeister:innen zum Beispiel hat der Bund nichts zu bestimmen – das könnten die Länder je nach politischer Entscheidung dort anders handhaben als der Bund. Und das tun sie auch im aktuellen Fall – in Niederösterreich zum Beispiel hat die schwarz-blaue Koalition gerade entschieden, die Bezüge der Landesregierung nicht zu erhöhen, jene der Landtagsabgeordneten und Bürgermeister:innen aber schon. Auch andere Bundesländer haben angekündigt, eigene, vom Bund abweichende Anpassungen vorzunehmen.
Das gesagt habend: 1997 – auch damals ging es politisch um ein Sparpaket, die damalige rot-schwarze Koalition wollte ebenfalls „mit gutem Beispiel vorangehen“ – hat Österreich die Bezüge seiner Politiker:innen mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Liberalem Forum und Grünen (die FPÖ war dagegen) grundlegend neu geregelt. Hintergrund war die Abschaffung besonderer Pensions- und Abfertigungsprivilegien für Politiker:innen, denen gegenüber die „normalen“ Bezüge für die entsprechenden Ämter erhöht worden sind. (Die politische Diskussion darüber findet sich übrigens ab pdf-Seite 35 des Protokolls der damaligen Sitzung, falls dich die Geschichte dazu interessiert.)
Bezügepyramide
Seit damals gilt grundsätzlich die „Bezügepyramide“ – das heißt, dass sich alle Bezüge in der Bundespolitik nach dem Basisbetrag, dem Bezug eines/einer Nationalratsabgeordneten, berechnen sollten (Achtung, behalte den Konjunktiv bitte noch im Kopf). Damals, 1997, waren das genau 100.000 Schilling, die ein:e Abgeordnete:r vierzehnmal im Jahr brutto bekam (wie viel netto überbleibt, richtet sich nach den normalen Abgabenregeln, lässt sich also nicht pauschal sagen).
Von diesem Basisbetrag gäbe es dann Multiplikatoren im §3 Bundesbezügegesetz, hier auszugsweise:
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Bundespräsident:in 280 Prozent
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Bundeskanzler:in 250 Prozent
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Vizekanzler:in mit Leitung eines Ressorts 220 Prozent
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Nationalratspräsident:in 210 Prozent
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Bundesminister:in 200 Prozent
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Staatssekretär:in mit Ressort 180 Prozent
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Bundesratspräsident:in 100 Prozent
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Mitglied des Bundesrates 50 Prozent
Der Bundespräsident bekommt somit das 2,8-Fache eines Nationalratsabgeordneten – 1997 also 240.000 Schilling im Monat –, ein Mitglied des Bundesrats nur die Hälfte – damals 50.000 Schilling, und so weiter.
Bezügebegrenzungsgesetz
Eigentlich ein wunderschönes System, das auch einen Anpassungsmechanismus an die Inflation enthielte und so den Wert der Politikergehälter absichern sollte. Im §3 Bezügebegrenzungsgesetz heißt es, dass dazu jedes Jahr der niedrigere dieser beiden Werte angewandt werden sollte:
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die durchschnittliche Inflation von Juli des vorletzten bis Juni des vorigen Jahres nach dem Verbraucherpreisindex der Statistik Austria
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der Faktor, um den die Pensionen im selben Jahr erhöht werden
Den entsprechenden Faktor muss der Rechnungshof feststellen und veröffentlichen, was er naturgemäß seither verlässlich Anfang Dezember macht. Hier zum Beispiel die aktuelle Kundmachung.
Außerplanmäßige Anpassungen
Nur hat die Politik diese „Pyramide“ seither deutlich durch Nulllohnrunden oder außerplanmäßige Anpassungen verformt: Für heuer zum Beispiel wurden die niedrigeren Bezüge (bis zu 100 Prozent) um die Hälfte des höheren Betrags erhöht, jene darüber gar nicht. Mit der Folge, dass beispielsweise der Bundespräsident aktuell „nur“ noch das 2,6-Fache eines Nationalratsabgeordneten verdient, statt dem in der Bezügepyramide vorgesehenen 2,8-Fachen.
Nächste Nulllohnrunde 2025
2025 ist wieder eine Nulllohnrunde vorgesehen – statt die Politiker:innenbezüge also allesamt um die vom Rechnungshof festgestellten 3,6 Prozent zu erhöhen, bleiben sie gleich, verlieren somit also an Wert, weil die Inflation unser Geld in der Zeit seit der letzten Erhöhung deutlich entwertet hat. Zur Veranschaulichung: Wären die Politiker:innengehälter seit 2022 nach dem gesetzlich vorgesehenen Modus erhöht und damit wertgesichert geworden, läge der Bezug eines/einer Nationalratsabgeordneten inzwischen bei 11.328 Euro, also rund tausend Euro höher, als er jetzt ist.
Man kann das aus politischen Gründen gut oder schlecht finden – aber faktisch bedeuten diese Nulllohnrunden bzw. die Erhöhung unter der Inflation eine Entwertung der Entgelte für politische Ämter. Dazu kommt, dass andere Gehälter in Kollektivverträgen oder auch im öffentlichen Dienst in den meisten Jahren (dieses ist eine Ausnahme) über der Inflation erhöht worden sind – und somit gegenüber den Bezügen in der Politik schneller gewachsen sind.
Und so schaut es jetzt tatsächlich aus:
Insgesamt belaufen sich die Kosten für diese im Bezügegesetz fixierten Funktionen in der Bundespolitik auf rund 2,9 Millionen Euro im Monat bzw. knapp über 40 Millionen Euro im Jahr. Das heißt, mit dem Verzicht auf die vorgesehene Erhöhung von 4,6 Prozent spart sich die Republik 2025 etwa 1,8 Millionen Euro – bei einem vom Fiskalrat empfohlenen Sparbedarf von rund fünf Milliarden.
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Infos und Quellen
Genese
Innenpolitik-Journalist Georg Renner erklärt einmal in der Woche in seinem Newsletter die Zusammenhänge der österreichischen Politik. Gründlich, verständlich und bis ins Detail. Der Newsletter erscheint immer am Donnerstag, ihr könnt ihn hier abonnieren. Renner liebt Statistiken und Studien, parlamentarische Anfragebeantwortungen und Ministerratsvorträge, Gesetzes- und Verordnungstexte.