Die gute Nachricht ist, dass nach der Nationalratswahl, die am 29. September stattfindet, voraussichtlich fünf Koalitionsvarianten nach der Wahl möglich sein werden.
Rechnet man die aktuellen Umfragen grob in Sitze im Nationalrat um, hätte die FPÖ mit 27 Prozent 52 Sitze, die ÖVP mit 23,3 Prozent 45 Sitze, die SPÖ mit 22,1 Prozent 42 Sitze, die Neos mit 9,8 Prozent 18 Sitze, die Grünen mit 8,5 Prozent 16 Sitze und die Bier-Partei mit 5,2 Prozent 10 Sitze.
183 Sitze sind im Nationalrat zu vergeben, eine Mehrheit hat jede Koalition ab 92 Abgeordneten.
- Blau-Türkis: Variante 1 wäre FPÖ-ÖVP mit einer klaren Mehrheit mit 97 Sitzen.
- Blau-Rot: Variante 2 wäre FPÖ-SPÖ mit einer knappen Mehrheit von 94 Sitzen.
- Türkis-Rot-Pink: Variante 3 wäre erstmals eine Dreierkoalition von ÖVP, SPÖ und Neos mit 105 Sitzen.
- Türkis-Rot-Grün: Variante 4 wäre erstmals eine Dreierkoalition von ÖVP, SPÖ und Grünen mit 103 Sitzen im Nationalrat.
- Vierer-Koalitionen: Variante 5 sind alle Formen von Regierungen mit vier Parteien.
Was gleich auffällt: Die einst „große“ Koalition Schwarz-Rot oder Rot-Schwarz würde sich nach dieser Rechnung gar nicht ausgehen, mit 87 Sitzen würden zumindest fünf für eine knappe Mehrheit im Nationalrat fehlen.
Basis sind Umfragen
Diese Hochschätzung ist nur bedingt tauglich: Erstens sind Umfragen und Wahlergebnisse selten deckungsgleich. Umfragen können sehr genau ein Wahlergebnis vorhersagen, das tun sie aber nicht immer. Bei der EU-Wahl blieben die Ergebnisse im Bereich der Schwankungsbreite der Umfragen.
Und zweitens ist die tatsächliche Sitzverteilung im Nationalrat abhängig von der absoluten Stimmenanzahl und dem in Österreich angewendeten D’Hondt-Verfahren, das kleinere Parteien benachteiligen kann.
Und sollten nicht nur die KPÖ (in Umfragen bei nur 2,9 Prozent), sondern auch die Bier-Partei am Ende nicht den Sprung über die 4-Prozent-Sperrklausel schaffen, werden die Mandate für die verbliebenen Parteien entsprechend „billiger“.
Dann könnten auch Parteien koalieren, die gemeinsam weniger als 50 Prozent der Stimmen bekommen haben. Wie sieht das im Detail aus?
Variante 1: Blau-Schwarz
Diese Variante hat das Problem, dass die Volkspartei ausgeschlossen hat, mit der „Kickl-FPÖ“ zusammenarbeiten zu wollen. Soll heißen: Mit der FPÖ könne man schon, nur mit Herbert Kickl wolle man nicht. Gehen die Freiheitlichen als Sieger aus der Wahl hervor, ist eher auszuschließen, dass die Blauen ihren Parteichef wie auch immer entsorgen, um regieren zu können.
Blau-Türkis könnte (wie im Jahr 2000 Blau-Schwarz) etwa mit einer pro-europäischen- und Pro-Menschenrecht-Präambel im Regierungsprogramm starten.
Im Juni hatten die Meinungsforscher von OGM mögliche Koalitionsvarianten im Auftrag des KURIER unter mehr als 1.000 Wählern abgefragt: Blau-Schwarz hatte demnach mit 28 Prozent die höchste Zustimmung.
Variante 2: Blau-Rot
Das sollte eigentlich auszuschließen sein, weil die SPÖ nicht mit den Freiheitlichen koalieren will. Bei der Juni-Umfrage präferierten 12 Prozent diese Koalitionsvariante.
Variante 3: Türkis-Rot-Pink
Die alte „große“ Koalition gemeinsam mit den Pinken wäre etwas ganz Neues. Die Pinken könnten zumindest ein großes Ressort – etwas das Finanzministerium – herausverhandeln. Fraglich ist, ob Rot und Türkis nach all den gegenseitigen Kränkungen tatsächlich miteinander regieren könnten.
Variante 4: Türkis-Rot-Grün
Eine Dreierkoalition mit den Grünen statt den Neos gab es ebenfalls noch nie. Die ÖVP schloss aber aus, die Grüne Leonore Gewessler wieder zur Ministerin machen zu wollen, wegen ihres Alleingangs bei der EU-Renaturierung. Gewessler ist bei den Grünen aber ein Star, auf den nicht so leicht verzichtet werden wird.
Variante 5: Vierer-Koalition
Jede Form der Vierer-Koalition ist unrealistisch, wenn alle Koalitionen zu dritt schon eine Mehrheit hätten. Und davon ist derzeit laut Umfragen auf jeden Fall auszugehen.
ÖVP dürfte weiterregieren
Was das Zahlenspiel auch zeigt: Die Volkspartei wird nach dieser Wahl mit hoher Wahrscheinlichkeit (und seit 1987 fast durchgängig) weiter regieren. Was vielleicht auch erklärt, warum in der OGM-Umfrage 17 Prozent angeben, eine „andere Koalition“ (aber nicht vorhandene) zu präferieren.