von Susanne Zobl
Auf den ersten Blick mutet das Geschehen von „Lotfullah & die Staatsbürgerschaft“ auf der kleinen Bühne im Vestibül wie eine Groteske an. Neun Personen formieren einen Staatsbürgerchor. Fast alle tragen elisabethanische Halskrausen, nur einer nicht. Lotfullah Yusufi ist sein Name. Seine Geschichte, wie er als Teenager von seiner Mutter aus Afghanistan nach Europa geschickt wurde und seither mit den langsam mahlenden Mühlen der österreichischen Bürokratie (süffisant von Waltraud Matz als „Königin der Macht“ dargestellt) ringt, goss Anna Manzano (Regie) in eine denkwürdige Aufführung.
Flucht ins Theater
Sie rückt den Betroffenen ins Zentrum und lässt ihn erzählen. Das ist so stark. Man erfährt, wie Minderjährige von einem Lager zum anderen gebracht werden, in Traiskirchen nicht genug Essen für alle da ist. Das Seltsamste aber, dass es nichts bedeutet, wenn sich jemand integriert und fließend Deutsch spricht. Lotfullahs Antrag auf Asyl wird erst abgelehnt, dann als subsidiär anerkannt. Das heißt, er muss ihn ständig erneuern.
Sein einziger Lichtblick: das Theater. 2017 war er im Rahmen von Karin Bergmanns Projekt „Offene Burg“ zum Schauspiel gekommen. In seiner Truppe wird er gut aufgenommen. Dass er aber mit 18 keine Unterkunft mehr hatte, ein Park vorübergehend sein neues Zuhause war, blieb lange unentdeckt. In 75 Minuten machen Yusufi und alle im sehr engagierten Ensemble mit einem richtig dosierten Quantum an Humor die Beklemmung und die Tragödie eines Menschen deutlich, der nur eines will, eine faire Chance im Leben.