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Wie Callcenter Kunden besänftigen und Kündigungen abwehren

von Max

Zusammenfassung

Wir nutzen künstliche Intelligenz, um Zusammenfassungen unserer Artikel zu erstellen. Jeder Text wird vor der Veröffentlichung von einem Redakteur geprüft.

  • Wie sich der Job des Kundenberaters im Callcenter verändert hat
  • Wie lange die Ausbildung dauert und ob Personal einfach zu finden ist
  • Welche Kennzahlen Kundendienst-Mitarbeiter einhalten müssen
  • Und warum der Job ruhiger und komplexer geworden ist, Zeitdruck trotzdem noch ein Thema ist

„Bereit?“, fragt sie, nimmt kurz Blickkontakt auf und öffnet dann die Leitung. „A1 hat einen Namen, Patricia F. Was kann ich für Sie tun?“, begrüßt sie den Anrufer. Der weiß genau, was man für ihn tun kann. Kündigen will er. Und zwar jetzt sofort. Für die Kundenberaterin keine Überraschung. Ist sie der Abteilung „Kündigungsabwehr“ zugeteilt – der Königsklasse des Kundenservice, wie A1-Kundenservice-Chefin Elke Schaffer später verrät.

Patricia F. bringt die nötige Erfahrung und emotionale Intelligenz mit. Seit 15 Jahren ist sie an der A1 Serviceline, betreut täglich bis zu 70 besser und schlechter gelaunte Anrufer. Sie weiß, wie sie Beschwerden der Kunden auffängt. Ein Gespräch positiv abschließt, auch wenn der Großteil wild entschlossen ist, den Vertrag zu lösen. Oder zumindest einen besseren Deal auszuhandeln, auch wenn es nur 90 Cent Preisersparnis sind.

Im aktuellen Fall ist der Herr mit dem Internetempfang höchst unzufrieden. Insbesondere dann, wenn der Sohnemann parallel fernsieht. „Das ist ärgerlich, das glaub’ ich Ihnen“, zeigt sich die Beraterin verständnisvoll. Prüft indessen die Empfangsqualität, erkennt, dass ein anderes, günstigeres Produkt womöglich eine bessere Leistung erzielen kann, und einigt sich mit ihm auf einen Testlauf. 

In zwei Wochen ruft sie ihn wieder an – ist der Versuch geglückt, könne man den Vertrag kostenfrei umändern. Der Herr ist zufrieden, bedankt sich mehrfach. Sie legen auf. Der nächste Anrufer ist in der Leitung.

A1 Serviceline im Wiener Arsenal

Gruppenleiterin Tina Rehm-Glazmaier ist 30 Jahre bei A1 und führt 300 Mitarbeiter, Betreuerin Patricia F. ist der Abteilung „Kündigungsabwehr“ zugeteilt (von links)

In sieben Minuten: Wie Callcenter Kunden besänftigen und Kündigungen abwehren

A1 Serviceline im Wiener Arsenal

Die Schreibtische sind zu einem großen Teil leer – seit Corona wird viel im Homeoffice gearbeitet. Jedes Team einigt sich aber auf einen fixen Teamtag, an dem alle zusammenkommen


Es ist stiller geworden im Callcenter

Die Haltequote der Kunden, die kündigen wollen und dann doch bleiben, liegt bei 50 Prozent, verrät Tina Rehm-Glazmaier. Sie ist Gruppenleiterin, verantwortet 300 Mitarbeiter in den A1-Servicezentralen quer durch Österreich. Hier im Wiener Arsenal, gleich neben dem Funkturm, ist einer der Hauptstandorte, erklärt sie bei einer Führung durch die Räumlichkeiten.

Die Wände sind dick mit Schaumstoff gedämmt, der Kunststoff-Boden entlockt kein Geräusch. Nichts hallt, auch wenn die Tische zu einem großen Teil unbesetzt sind. Corona hat viel verändert, erzählt sie. Nur am Mittwoch ist Teamtag, da sind alle im Haus. Bis zu 20.000 Anrufe erreichen die Serviceline täglich in Österreich – laut wird es aber nicht einmal bei Vollbesetzung.

Die Anrufe klingeln höchstens ins Headset, Gespräche werden mit ruhiger Stimme geführt, das Mikrofon verstärkt den Klang. „Es ist ein herausfordernder Job, aber es ist stiller geworden durch die Technologie dahinter“, erklärt Kundenservice-Chefin Elke Schaffer, die ihre eigene Karriere in einem Callcenter startete.

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„Es ist ein herausfordernder Job, aber es ist stiller geworden durch die Technologie dahinter“, sagt Elke Schaffer, A1 Director Customer Service & Sales

Weniger Action, dafür mehr Know-how gefragt

„Ich habe 1998 begonnen, da gab es riesige Großraumbüros mit viel Action“, erinnert sie sich. Mittlerweile hätte sich der Job gewandelt. „Heute brauchen Mitarbeiter extrem viel Know-how“, sagt sie, nicht nur aufgrund der Vielzahl an Tools, die zu beherrschen sind. Die Produktvielfalt vergrößerte sich immens, die Bedürfnisse der sieben Millionen A1-Kunden ebenso.

Also wird für jede Abteilung genau ausgewählt, wer die nötigen Fähigkeiten mitbringt. Technisch versierte kommen logischerweise in die Technik-Abteilung. Jene mit viel Empathievermögen in Produkt- oder Kündigungsbereiche. 

Beim Personal darf man wieder wählerisch sein

Personal findet sich seit zwei Jahren wieder gut, sagt Elke Schaffer. Quereinsteiger aus Gastronomie und Flugbranche wären häufig und sind den anspruchsvollen Kundenkontakt gewöhnt. Studenten kommen oft für zwei Jahre, einige bleiben dann auch, weil es genügend Optionen zur Weiterentwicklung gibt. 

Die Einschulung dauert drei bis sechs Monate, auch im Job wird regelmäßig trainiert, gecoacht. „Meine Mitarbeiter müssen alles über das Unternehmen wissen. Am besten in kürzester Zeit“, klärt Schaffer auf. Denn auch wenn die Atmosphäre entspannt scheint, Kennzahlen sind das A und O eines guten Kundendiensts. Und die müssen stimmen.

Das Sieben-Minuten-Ziel des Kundenbetreuers

Die oberste Kennzahl ist die Kundenzufriedenheit, erklärt Schaffer. Ruft ein Kunde mehrfach an, gibt schlechte Bewertungen ab oder wendet sich gar an den CEO, ist das ein Fall fürs Beschwerde-Team (intern auch VIP-Team genannt). Ein gesonderter Raum im Callcenter, voll mit Profis, die gelernt haben, nichts persönlich zu nehmen und jedes Problem zu lösen. 

Im Idealfall sollte keiner der Anrufer dort landen. Denn das zweite Credo lautet: Im ersten Kontakt eine Lösung finden, sagt Elke Schaffer. Und dabei die Zeit im Blick haben.

Sieben Minuten dürfen Kundengespräche im Schnitt dauern. „Es geht wirklich um den Schnitt. Es gibt Gespräche, die dauern vierzig Minuten, andere nur eine“, klärt die Kundenservice-Chefin auf. Patricia F. landet mit ihren Telefonaten fast eine Punktlandung. 6,42 Minuten zeigt ihre Statistik an, die sie täglich im Blick hat. Genutzt wird davon jede Sekunde. Nur wenn Kunden über ihr Kennwort grübeln, offenbart sich das als fieser Zeitfresser.

Der Überraschungseffekt

„Sind es Zahlen oder Buchstaben?“, will so gut wie jeder Anrufer an diesem Tag wissen. Andere raten ins Blaue, manche landen einen Treffer.

Tipps darf Patricia F. keine geben, auch wenn die Versuchung groß ist. Denn mit dem Kennwort ist heute telefonisch so gut wie alles möglich. Und das Anliegen schneller gelöst, als ein entnervter Anrufer, der sich durch die Warteschleife gekämpft hat, annehmen würde. „Das ist der Überraschungseffekt“, erklärt Patricia F. Der zumindest an diesem Tag ausnahmslos jedem Anrufer am Ende des Telefonats ein mehrfaches Danke entlockte.

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