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Wie die Chancen auf Waffenruhe in der Ukraine stehen

von Max

Worauf haben sich Trump und Putin geeinigt?

Auf nicht gerade viel. Die Ukraine hatte auf Trumps Druck eine umfassende 30-tägige Waffenruhe angeboten, davon war nach dem Gespräch keine Rede mehr, sondern nur von der Einstellung des Beschusses auf Energieinfrastruktur – und einem möglichen zweiten Schritt, einer Einstellung der maritimen Kämpfe. 

Wolodimir Selenskij wäre dazu bereit, will aber noch Details klären. Eine rote Linie für Kiew ist die Anerkennung der besetzten Gebiete für Russland; das fordert Putin allerdings ohne Wenn und Aber. Irritationen rief auch die Verlautbarung des Kreml hervor, man habe über die neuerliche Einstellung von US-Waffenhilfen und Geheimdienstinfos an Kiew gesprochen habe. Damit hätte Trump sein größtes Druckmittel aus der Hand gegeben – kurz nach dem Gespräch wollte er davon auch nichts mehr wissen.

Wem nützt eine Waffenruhe bei Infrastruktur?

Am ehesten den Russen. Sie überziehen seit Herbst 2022 die Ukraine regelmäßig mit Angriffen auf die Energieinfrastruktur, die Intensität nahm in den vergangenen Monaten stark zu. Den letzten großen Angriff führten sie am 7. März aus, bombardierten mit 43 Marschflugkörpern, 24 Raketen und 112 Drohnen (siehe Grafik). Seitdem feuerte Moskau insgesamt 1.567 Drohnen auf ukrainische Ziele in Städten ab. Diese nächtlichen Angriffe in die Tiefe des Landes  würden nun theoretisch eingestellt, nicht betroffen wären aber die Tausenden Drohnen am Schlachtfeld.

Ziel Moskaus ist es, den Willen der ukrainischen Bevölkerung zu brechen. Daran würde sich auch mit der Pause nichts ändern: Große Angriffe mit Raketen und Marschflugkörpern führen die Russen alle drei bis vier Wochen aus – im für die Ukraine besten Fall setzt Moskau einfach eine Angriffsrunde aus, um später mit doppelter Kraft zuzuschlagen.

Gleichzeitig haben ukrainische Drohnenangriffe immer wieder russische Raffinerien getroffen – von einem (vorläufigen) Ende dieser Angriffe würde  auch Russland profitieren. In der Nacht auf Mittwoch feuerte die Ukraine Drohnen auf eine russische Ölraffinerie.

Auch das Angebot, die Kämpfe im Schwarzen Meer einzustellen, ist substanzlos.  Dort besteht ohnehin Schifffahrtsfreiheit, da der russischen Marine die Kapazitäten für eine Blockade fehlen.

Was ist Putins Ziel? 

Er will mit dieser Taktik ein Einfrieren des Konflikts und eine  Normalisierung der Beziehungen zu den USA erreichen – sprich eine Rückkehr auf der Weltbühne. Der Weg dorthin ist ein Spiel auf Zeit:  Schon bei den Minsk-Verhandlungen nach der Krim-Annexion hat Moskau verzögert und  dem Gesprächspartner – damals Europa, jetzt die  USA – vermeintliche Verhandlungserfolge zugespielt, zeitgleich aber den Konflikt befeuert. Für Moskau ist dieser Zustand ideal: Die Drohkulisse eines neuerlichen Angriffs bleibt,  die Gegenwehr Kiews wird immer schwächer, und Russland  kann die Ukraine „Stück für Stück einnehmen“, schreibt Maria Snegovaya vom CSIS.

Sind wir einem Frieden ein Stück näher? 

Nein. Das zeigt auch die Historie: „Sitzt Moskau am Verhandlungstisch, wenn es um die Territorialkonflikte im postsowjetischen Raum geht, lassen sich Konflikte zwar einfrieren, aber nicht dauerhaft beilegen“, so Osteuropa-Expertin Cindy Wittke. Die  Ukraine weiß das  seit 2014, Georgien seit 2008 – da  hat Moskau parallele Verhandlungstracks lanciert, manipulierte Referenden abgehalten und die okkupierte Bevölkerung  mit Pässen „russifiziert“. Damit wurden Fakten geschaffen, die das Fortkommen bei den Gesprächen  „permanent und systematisch untergraben“, so Wittke.

Auch die EU macht sich da wenig Illusionen. In ihrem Weißbuch zur Zukunft der Wehrfähigkeit Europas, das jetzt erscheint, heißt es: Moskau wird den abfallenden Druck schlicht zur Aufrüstung nutzen. Mit Hilfe von Iran, Nordkorea, China, Belarus.

Wie geht es an der Front weiter?

Nach derzeitigem Stand: unverändert. Die Russen werden weiter angreifen und versuchen, den Druck auf Städte wie Pokrowsk, Torezk, Kupjansk und Chassiw Jar weiter zu erhöhen. Bei Pokrowsk haben derzeit allerdings die ukrainischen Streitkräfte die Initiative übernommen und versuchen, russische Stellungen zurückzuerobern, um eine drohende Einkesselung zu vermeiden. 
Von einer Einstellung der Kämpfe ist man jedenfalls gleich weit entfernt wie vor dem Gespräch zwischen Trump und Putin. 

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