Hansi Flick lässt sich nicht stressen. Seit Wochen fiebern sie beim FC Barcelona auf das Ja-Wort ihres Trainers hin. Er möge doch bitte endlich seinen Vertrag verlängern – und sei es nur für ein Jahr. „Flick weiß, dass wir wollen, dass diese Phase so lange wie möglich dauert“, sagte Präsident Joan Laporta. „Hansi bevorzugt kurze Laufzeiten, das sieht man an seinem aktuellen Vertrag.“
Diese „Phase“ wird von nicht wenigen als Revolution, als Geburt eines neuen Barça gefeiert. Am Samstag gab es mit dem Pokalsieg gegen Real Madrid den ersten Titel, am Mittwoch (21.00 Uhr/CANAL +) soll im Halbfinal-Hinspiel gegen Inter Mailand der nächste Schritt zum ersten Triumph in der Champions League seit 2015 folgen. Und da Barcelona ganz nah an der Meisterschaft ist, träumen sie rund um die Plaça de Catalunya vom Triple.
„Wie ein Vater“
Die Verehrung von Flick mag erstaunen. Schließlich galt er nach seinem vorzeitigen Ende als deutscher Bundestrainer als entzaubert. In Barcelona wurde der 60-Jährige alles andere als euphorisch empfangen. „Er war arbeitslos, niemand rechnete mit ihm“, sagte Ramon Besa dem Spiegel. Der Journalist begleitet die Blaugrana seit Langem und sagt nun: „Und so leben wir jetzt im Paradies.“ Flick hat es geschafft, die Spielfreude des hoch veranlagten Teams mit seinem Bedürfnis für Harmonie und seiner Beharrlichkeit auf Disziplin auf ein Maximum zu treiben.
Wie schon bei seiner mit dem Triple gekrönten Zeit bei den Bayern ist Flick ein Menschenfänger, er lässt niemanden zurück. „Hansi Flick ist wie ein Vater zu uns. Er kümmert sich um uns“, sagte Mittelfeldspieler Pedri. „Er unterstützt dich, wenn du nicht spielst. Er versucht immer, dir zu helfen.“ In der Nationalmannschaftszeit entstand der Eindruck, die Spieler tanzten Flick deshalb irgendwann auf der Nase herum. In Barcelona ist der Deutsche genau der, den sie so lange gesucht haben. „Barça steckte in einem Kreisverkehr fest. Du drehst Runden und noch mehr Runden und sagst, hier muss die Ausfahrt sein, aber du findest sie nicht“, sagte Besa. Dann kam Flick und wies ihnen den Weg.
Der Handwerkersohn aus der Kurpfalz integriert Spieler aus der berühmten Akademie La Masia. Er kitzelt aus als Flops abgestempelten Profis wie Raphinha Top-Leistungen heraus. Und selbst der mittlerweile 36 Jahre alte Robert Lewandowski trifft wieder wie zu besten Zeiten. Gegen Inter wird er wohl fehlen, der Oberschenkel zwickt.
Ein Sieg in der Champions League im Endspiel in München wäre auch Flicks ganz persönliche Krönung. Noch hat er in sieben Versuchen nie ein Finale verloren.