Startseite Wirtschaft Wie Mehlwürmer und Fliegen für Bauern zum lukrativen Nebengeschäft werden

Wie Mehlwürmer und Fliegen für Bauern zum lukrativen Nebengeschäft werden

von Max

Vom Fliegen zu Soldatenfliegen

Mona-Lisa Egger-Richter war jahrelang Dispatcher, schickte Privatjets von A nach B. Ihr Beruf führte sie für eineinhalb Jahre nach Bangkok, wo sie mit Insekten als Lebensmittel intensiver in Berührung kam. Sie beobachtete den europäischen Markt und erkannte: Wer sich auf die Zucht und den Vertrieb von Insekten konzentrierte, ist gewachsen. „Es ist nachhaltig, ressourcenschonend, umweltfreundlich und ertragreich“, sagt sie. „Es macht von vorne bis hinten Sinn.“ 

Zurück in Wien betreute sie nur noch russische Flieger. Mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine beschloss sie, die Seiten zu wechseln. Vom klimaunfreundlichen zum klimaschonenden Business. Und traf damit einen Nerv.

Wie gut oder schlecht die Ernte eines Bauern ausfällt, ist oft ein Glücksspiel. Stabile, wetterunabhängige Erträge und damit garantiertes Einkommen, gibt es selten. Da kommen die Insekten ins Spiel. „Plant man eine Insektenzucht, weiß man genau, wie viele Einnahmen man hat“, verspricht Egger-Richter. Die kleinen Krabbler sind nämlich gefragt. Sie eignen sich als proteinreiches und Allergiker-taugliches Futtermittel für Tiere. Und produzieren nebenbei reichlich Dünger.

Will man die Insekten nicht selbst verfüttern, sondern weiterverkaufen, gibt es einige Abnehmer. Etwa im Heimtier-Bereich für Hunde- und Katzenfutter. Auch für Menschen wären Mehlwürmer schon als Lebensmittel in der EU zugelassen. „Aber da ist der Markt noch gehemmt.“

Neben Mehlwürmern empfiehlt Egger-Richter ihren Bauern die Schwarze Soldatenfliege. Denn die haben einen besonders kurzen Zyklus, brauchen nur elf Tage bis zur Ernte. „Die, die groß wirtschaften wollen, gehen auf die Soldatenfliege“, sagt die Gründerin. „Bei einem Investment von 1,5 Millionen Euro amortisiert sich das ungefähr nach fünf Jahren.“ Wofür es das Investment braucht? Für die Zuchtanlagen, die weniger nach Stall, sondern mehr nach Industrie aussehen.

Ab 50-Quadratmeter-Anlagen ist es ein guter Nebenerwerb

Manuell passiert in der Insektenzucht nämlich wenig. Das meiste erledigt die Robotik. „Die Anlagen sehen aus wie eine Kühlkammer, nur dass sie schön warm sind. Die Larven schwimmen in Substrat, in ihrem Smoothie, und fressen sich durch, bis sie fett sind.“ Dann können sie geerntet und weiterverarbeitet werden.

Aktuell unterstützt Egger-Richter zwei Bauern in Niederösterreich bei der Errichtung ihrer 700-Quadratmeter-Anlagen. Equipment und Aufbau erledigen österreichische und deutsche Partnerfirmen. Egger-Richter berät in der Auswahl, begleitet die Behördenwege, Fördermittelsuche und die Abwicklung sowie den Hallenbau bis zur Inbetriebnahme. „Das ist derzeit alles noch ein Dschungel. Die Landwirte haben viele Fragezeichen“, sagt sie.

Will man von der Zucht leben, empfiehlt sie, auf mindestens 200 Quadratmeter große Anlagen zu setzen (ca. zwölf Tonnen Futtermittel und zehn Tonnen Dünger pro Jahr). „Ab 50 Quadratmetern ist es aber ein guter Nebenerwerb.“ 

Dass das Geschäft weiter wachsen wird, davon ist die Unternehmerin überzeugt. Auch wenn es beim Stichwort Insekten noch manchen die Haare aufstellt. Aber das sieht sie gelassen. Schließlich hatten auch andere Lebensmittel historisch einen harten Start in Europa (Erdäpfel, Sushi). Und sind heute aus dem Speiseplan nicht wegzudenken.

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