Im Ermittlungsverfahren gegen den gestrauchelten Immobilienjongleurs René Benko war am Montagnachmittag im Landesgericht Wien erneut eine Haftverhandlung anberaumt. Denn Benkos Strafverteidiger Norbert Wess hat für seinen Mandanten einen weiteren Enthaftungsantrag gestellt. Benko soll zwar die U-Haft bisher gut überstanden haben, aber er will offenbar nichts mehr, als in Freiheit entlassen zu werden. Doch die zuständige Haft- und Rechtschutzrichterin macht ihm auch diesmal einen Strich durch die Rechnung: Der Ex-Milliardär muss vorerst im Gefängnis bleiben.
Das Landesgericht für Strafsachen Wien hat heute die Untersuchungshaft gegen René Benko um weitere zwei Monate verlängert, heißt es in einer Aussendung des Gerichts. Bereits zuvor war die am 24. Jänner 2025 erstmals verhängte Untersuchungshaft am 31. Jänner 2025 und dann am 27. Februar verlängert worden.
Die Verteidigung gab keine Erklärung ab
„Die Verteidigung brachte vor, Tatbegehungsgefahr sei nicht anzunehmen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geht weiterhin vom Vorliegen der Haftgründe aus und beantragte die Fortsetzung der Untersuchungshaft“, so das Gericht. „Das Gericht geht weiterhin von dringendem Tatverdacht aus, ebenso vom Vorliegen der Haftgründe. „Der von der WKStA beantragte Haftgrund der Fluchtgefahr wurde nicht angenommen“, so Christina Salzborn, Vizepräsidentin des Landesgericht für Strafsachen Wien.
„Beschuldigte können aber jederzeit ihre Enthaftung beantragen, spricht sich die Staatsanwaltschaft gegen die Enthaftung aus, hat eine Haftprüfungsverhandlung stattzufinden, das war heute der Fall.
Gegen den Beschluss auf Verlängerung der Untersuchungshaft ist binnen drei Tagen eine Beschwerde an das Oberlandesgericht (OLG) Wien möglich. Die Verteidigung gab keine Erklärung ab“, so das Gericht weiters.
Mehrere Ermittlungsstränge
Einerseits soll Benko den Schweizern nicht mitgeteilt haben, dass die anderen Aktionäre der Signa Holding nicht mitziehen. Anderseits soll Benko das Geld der Schweizer (35 Millionen Euro) genommen haben, um es als Kapital seiner Familie Benko Privatstiftung auszugeben. Die Kapitalerhöhung platzte, das Geld sahen die Schweizer nicht mehr.
Bei einem anderen Ermittlungsstrang sollen die Behörden schon sehr weit sein – konkret geht es um den Vorwurf, Benko habe Wertgegenstände aus seiner Villa geschafft, um sie seinem Masseverwalter zu entziehen. Wie der KURIER berichtete, gab ein Ex-Bodyguard bei der Kripo zu Protokoll, dass Ende 2023 zumindest ein Tresorzu Verwandten von Benkos Frau abtransportiert worden sei. In diesem Safe sollen dann 120.000 Euro und teuere Uhren Benkos sowie Schmuck seiner Frau Natalie deponiert worden sein.
Betrügerische Krida?
Auch soll ein Picasso-Gemälde kurz vor der Hausdurchsuchung im Juni 2024 veräußert worden sein. Das könnte dem Tatbestand der „betrügerischen Krida“ entsprechen, wonach zu bestrafen ist, „wer einen Bestandteil seines Vermögens verheimlicht, beiseite schafft, veräußert oder beschädigt“ oder „sonst sein Vermögen wirklich oder zum Schein verringert“ und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger schmälert. Bei einem Schaden von mehr als 300.000 Euro drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Allein für das versteigerte Gemälde L’Étreinte von Pablo Picasso soll eine Tochterfirma der Laura Privatstiftung 10,7 Millionen Euro kassiert haben. Stifter der Privatstiftung sind René Benko und Mutter Ingeborg; Begünstigte der Laura Privatstiftung soll nur Benkos Mutter sein. Offiziell hat René Benko keine Funktion in der Stiftung, inoffiziell soll er aber die Fäden gezogen haben.
Diskussion in Strafverteidiger-Kreisen
Die Theorie, die nun in Strafverteidigerkreisen diskutiert wird, geht so: Benko könnte noch in U-Haft wegen betrügerischer Krida angeklagt werden. Je nachdem, wie hoch die Strafe vor Gericht ausfällt, könnten noch weitere Anklagen folgen und als Zusatzstrafe obendrauf kommen. Bei zehn Jahren wäre Schluss: So hoch ist die Maximalstrafe bei Kridadelikten.
Ab diesem Punkt könnte die WKStA alle anderen Ermittlungen gegen den Signa-Gründer einstellen. Sie würden an der Strafhöhe nichts mehr ändern. Das wäre zwar praktisch, weil sich die Justiz auf diese Weise ein jahrelanges Verfahren und damit viel Geld und Ressourcen sparen würde. Allerdings würde die Signa-Causa dann nie ganz aufgeklärt werden.
Für René Benko bestreitet alle Vorwürfe.
Erklärung zur Untersuchungshaft
„Die Untersuchungshaft wird jeweils nur für eine befristete Zeit – die sogenannte Haftfrist – verhängt. Knapp vor deren Ablauf oder im Fall eines Enthaftungsantrags durch den Beschuldigten muss eine Haftverhandlung durchgeführt werden. Dabei wird geprüft, ob die Voraussetzungen für die Inhaftierung weiterhin gegeben sind. Liegen diese nicht mehr vor, muss der Beschuldigte freigelassen werden“, so die Medienstelle des Landesgericht Wien. „Die Haftfrist beträgt 14 Tage ab Verhängung der Untersuchungshaft, einen Monat ab erstmaliger Fortsetzung der Untersuchungshaft und zwei Monate ab weiterer Fortsetzung der Untersuchungshaft. Zu den nicht öffentlichen Haftverhandlungen werden ausschließlich die Parteien des Verfahrens geladen und der Beschuldigte dazu aus der Haft vorgeführt.“