Warum musste die Strategie überhaupt verändert bzw. erneuert werden?
Die bis zuletzt gültige Strategie war vergleichsweise alt. Sie datiert aus dem Jahr 2013 und wurde von SPÖ, ÖVP, FPÖ und dem Team Stronach beschlossen; dementsprechend überholt waren manche Positionen. So haben Österreich und die Welt in der jüngeren Vergangenheit mehrere Krisen erschüttert, die neue Fragen mit sich brachten. Dazu gehören die Covid-Pandemie, der Klimawandel und die weltweite Ernährungskrise. Insbesondere der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat das Sicherheitsgefüge völlig verändert.
Was ist inhaltlich neu?
Die größte Veränderung besteht zweifelsohne darin, dass die Beziehung zu Russland neu definiert wird. Während Moskau bis 2022 als strategischer Partner beschrieben wurde, heißt es nunmehr, dass sich „das Verhältnis zwischen der EU und Russland seit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine fundamental geändert hat“. Russland gilt nunmehr wirtschaftlich wie militärisch als Bedrohung. Neu ist auch die Einschätzung der Weltmacht China. China wird als Partner, gleichzeitig aber auch als Konkurrent und „systemischer Rivale“ begriffen. Und das bedeutet, dass das Verhältnis zu Peking „laufend und dynamisch kritisch“ bewertet werden muss. Mit anderen Worten: In welche Richtung die Beziehung zu China steuert, ist derzeit gar nicht abschätzbar.
Geht es nur um militärische Bedrohungen?
Nein, der Sicherheitsbegriff ist holistisch, also ganzheitlich. So wird etwa der „menschengemachte Klimawandel“ als „Konflikttreiber, Bedrohungsmultiplikator“ und sohin als „einer der größten Risikofaktoren“ definiert – unter anderem, weil er Flucht- und Migrationsbewegungen befeuert. Auch das war vor elf Jahren noch anders. Ganz generell wird in der Sicherheitsstrategie außerdem festgehalten, dass das „europäische Lebensmodell und dessen Werte“ in Gefahr sind. Das bedeutet: Die Demokratie als Regierungsform befindet sich in Gefahr, was im Umkehrschluss bedeutet: Sie muss mit allen Mitteln – unter anderem im Zuge der Schulbildung kommender Generationen – gestärkt und verteidigt werden.
Was ändert die Strategie realpolitisch?
Die Konsequenzen sind schon jetzt deutlich zu beobachten. Russlands Angriffskrieg hat zu einer massiven Aufrüstung geführt, das heimische Verteidigungsbudget soll mittelfristig auf 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung (derzeit 0,8 Prozent) wachsen. Ein anderes Beispiel: Die wirtschaftliche Abhängigkeit von russischem Gas wird seit 2022 systematisch reduziert und soll, wie es in der Strategie heißt, bis 2027 völlig beseitigt sein.