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Wie wahrscheinlich ist ein Krieg zwischen Indien und Pakistan?

von Max

Warum hat Indien Pakistan angegriffen?

Indiens Regierung begründet die Luftangriffe vom Dienstag mit dem schweren Terroranschlag vor zwei Wochen: Am 22. April erschossen islamistische Terroristen in der Stadt Pahalgam im von Indien kontrollierten Teil der umstrittenen Region Kaschmir 34 Menschen; der Großteil davon waren indische Touristen. 

Indien wirft Pakistan vor, seit Jahrzehnten Terrorgruppen in der Region zu unterstützen, darunter die Gruppe Laschka-e Taiba, die den Anschlag in Pahalgam für sich reklamierte. Die Luftangriffe sollen sich deshalb ausschließlich gegen Stellungen pakistanischer Terroristen gerichtet haben. 

Pakistans Regierung spricht dagegen von einem „offenkundigen Kriegsakt“, bei dem mindestens 26 Zivilisten getötet und 50 verletzt worden seien. Unabhängig überprüfen lässt sich das nicht. Für die indische Version spricht, dass die pakistanische Terrororganisation Jaish-e-Mohammed am Mittwoch den Tod etlicher hochrangiger Mitglieder beklagte.

Gibt es Anzeichen dafür, dass der pakistanische Staat Terroristen unterstützt? 

Westliche Geheimdienste stützen diesen Vorwurf Indiens seit Jahren. Indien-Experte Christian Wagner von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sieht das im KURIER-Gespräch ebenso: „Es gab in der Aufarbeitung einiger großer Anschläge in der Vergangenheit Hinweise darauf, dass die Terroristen im Austausch mit dem pakistanischen Geheimdienst standen.“

Wie reagiert Pakistan auf den indischen Angriff? 

Das ist die entscheidende Frage. Am Mittwoch berief Premier Shehbaz Sharif das Sicherheitskabinett ein, anschließend drohte er: „Pakistans Streitkräfte behalten sich das Recht vor, in Selbstverteidigung zu reagieren.“

Viel hängt davon ab, wie diese Reaktion aussieht. „Pakistan kann nicht mit Angriffen auf terroristische Infrastruktur in Indien antworten, denn die gibt es nicht“, meint Experte Wagner. „Also müsste man militärische Ziele angreifen – womit eine weitere Eskalationsstufe erreicht wäre.“ 

Indien könnte sich erneut zum Gegenschlag gezwungen sehen, diesmal auf pakistanische Militärstellungen, so der Experte: „Die Gefahr einer Eskalationsspirale besteht.“

Besteht die Gefahr eines Atomkriegs?

Nein, ein Einsatz von Atomwaffen bleibt äußerst unwahrscheinlich. Zu einer militärischen Auseinandersetzung in Kaschmir könnte es trotzdem kommen, wie bereits zweimal seit dem Jahr 1998, als die beiden Staaten Atomsprengköpfe entwickelten (1999 und 2019). 

Das zeige laut Wagner, „dass Atomwaffen nicht unbedingt diese abschreckende Wirkung haben, sondern es eine Möglichkeit gibt, trotzdem Kampfhandlungen auf niedrigerer Stufe durchzuführen.“

Welche der beiden Seiten ist militärisch überlegen?

Indien ist klar überlegen, verfügt mit etwa 1,5 Millionen Soldaten über dreimal so viele wie Pakistan, zudem über viel modernes Kriegsgerät. Dazu ist Indien wirtschaftlich stärker und deutlich stabiler.

In Pakistan kommt es häufig zu Anschlägen, etwa von Taliban-Anhängern im Grenzgebiet zu Afghanistan oder von Unabhängigkeitskämpfern in der südwestlichen Provinz Belutschistan. Wagner sagt deshalb: „Pakistans Regierung ist auch innenpolitisch in einer Situation, in der ein militärischer Konflikt mit Indien eigentlich nicht in ihrem Interesse liegen kann.“

Welche Staaten könnten noch vermitteln?

USA, China und sogar der Iran rieten beide Seiten, Ruhe zu bewahren. Wagner meint jedoch: „Indien versteht sich als Großmacht und hat bereits deutlich gemacht, dass man sich nicht auf eine Vermittlung durch Drittstaaten einlassen wird.“

Warum ist Kaschmir derart umstritten?

Der Konflikt ist ein Erbe der Kolonialzeit. Als die Briten ihre Kolonie Britisch-Indien 1947 aufgaben, teilten sie das Reich in einen mehrheitlich muslimischen (Pakistan) und einen mehrheitlich hinduistischen Teil (Indien) auf.

Beide Seiten beanspruchten das Fürstentum Jammu und Kaschmir, wo ein hinduistischer Fürst über ein muslimisches Volk herrschte. Der erste Kaschmir-Krieg entbrannte, in dem Indien weite Teile seines heute noch kontrollierten Gebietes sicherte.

China nutzte damals die Gunst der Stunde, eroberte den buddhistischen Norden des Gebiets – und hält ihn bis heute.

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